Die Tugenden des Pfeifenrauchers Teil I

von Georg Pohl

Wer mich kennt, weiß, dass ich nicht nur ausgesprochen bescheiden und anspruchslos bin, sondern auch geradezu als der Brennpunkt aller positiven Eigenschaften des Pfeifenrauchers schlechthin gelte. Oder wie meine Frau letztens meinte, als ich gerade eine neue Stopftechnik ausprobierte „Du bist ein Ferkel…“ – sie meinte das natürlich neckisch-liebevoll, wie es ihr als Frau eines guten Pfeifenrauchers ansteht.

Drei Thesen möchte ich vorstellen: Der Pfeifenraucher ist überlegen, bescheiden und gesellig. Fangen wir heute gleich mit der ersten an.

Der Pfeifenraucher ist überlegen!

Meiner Frau versuche ich es seit Jahrhunderten klar zu machen, wie sparsam ich bin, so sparsam, dass es schon fast geizig ist. Und nur, weil ich Pfeifenraucher bin. Lieber verzichte ich auf den Pelzmantel für meine Frau als auf eine … Gut, Anfänger machen gerne den Fehler, ihr Geld für teure Pfeifen auszugeben und dann im Erklärungsnotstand zu stehen:

Sie: „Wie! Du hast dir eine Pfeife gekauft!“
Ich: „Nur für 15 Euro…“
Sie: „Ja bist du denn wahnsinnig! Weißt Du, wie lange ich mit 15 Euro auskommen muss?“
Ich: „Beim Schuhe kaufen etwa 20 Sekunden…“

Blaue Flecken gehen übrigens schnell zurück, wenn man einen feuchten Waschlappen drauflegt; den Rest erledige ich mit Makeup.

Besser ist es und psychologisch ungeheuer ausgefeilter, mit der Ehefrau (ich nenne sie oft „mein Geldkätzchen“) eine Messe zu besuchen. Es spielt keine Rolle, ob es die „Boot“ oder der Genfer Automobilsalon ist… wir waren auf der Boot. Zielsicher führe ich sie zu einer 25-Meter-Yacht, lasse mir alles zeigen, zeige ihr alles, lasse mir Prospekte geben … und verschwinde ein paar Minuten mit dem Verkäufer.

Danach setzen wir uns in eine stille Ecke und verzehren unsere mitgebrachten Brote. Mit vollem Mund erkläre ich beiläufig „hab sie bestellt.“

Meine Frau wird schlagartig weiß wie eine Wand „Wwwas hast du?“
„Ich hab diese Yacht eben bestellt!“
Nachdem die Sanitäter sie wiederbelebt haben… „das war doch ein Scherz?“
„Mausi! Ich geb das Rauchen auf, kaufe keine Pfeifen mehr…“
„Aber soviel? Soviel gibst du doch gar nicht aus!“
„Jaa, gut, du müsstest natürlich ein bisschen was dazu tun, vielleicht eine zweite Putzstelle …“
Sie sieht sich schon wieder nach einem passenden Platz zum Ohnmächtigwerden um.
„… und außerdem bräuchten wir dann das Haus nicht mehr, weil wir auf dem Boot leben können …“ (sie kann übrigens nicht schwimmen) „… das wird richtig toll! Du wirst sehen!“

Ihr werdet es nicht glauben! Meine Frau hat mich überzeugen können, lieber weiter Pfeife zu rauchen; sie drängte mich sogar eigenhändig in ein gewisses Etablissement, wo hochwertige Pfeifen gewerblich angeboten werden und flehte mich geradezu an, mir die eine oder andere Bang, Dunhill oder Knudsen auszusuchen.

Das geht natürlich nur bei wirklich gefestigten und bodenständigen Charakteren. Nicht „hätte… könnte… vielleicht…“ – Nein! Der Pfeifenraucher ist überlegen. So wie der Pfeifenmacher das Holz, so formt er seine Umwelt. Sie liegt ihm quasi zu Füßen. - Und warum? Ich, zum Beispiel, ich bitte nicht! Niemals! Ich lasse mich bitten! „Bitte kauf dir doch die Pfeife, bitte!“

Nur letztens scheint mir ein Lapsus unterlaufen zu sein. Als ich meine letzte Neuerwerbung nach Hause bringe, werde ich bereits an der Tür empfangen. „Na bitte, was hab ich gesagt – hat dieses … sich schon wieder eine Pfeife gekauft!“