Meine neue Schneideunterlage

von Joachim Acker

Heute, so um die Mittagszeit, bekam ich ein Päckchen, ein lieber Freund sorgte, nachträglich zu meinem Geburtstag, für eine große Überraschung. Ein Freund hatte die Idee, der andere gute Freund die dazu nötigen Beziehungen. Und nun liegt es vor mir, meine neue Schneidunterlage für meine Plugs, aus allerfeinstem Bruyeré Holz geschnitten. Groß und dick, von Rissen und Schrunden durchzogen. Hier und da ein Loch drinn, glatt poliert die Oberfläche. Die Maserung, von der Mitte nach außen laufend, beinahe das was man als Straight Grain bezeichnet Die Borke, sagt man so?, ebenfalls eingerissen, schrundig, uneben. Ein Stück Natur liegt vor mir, gewachsen im Laufe vieler langer Jahre. Ich betrachte das Stück Holz, betaste, befühle, streichle es. Und da, mit einem Male beginnt es zu mir zu reden.

Und ich höre schweigend zu. Ziehe ab und an an meiner Pfeife und höre zu. Es erzählt von grimmigen Wintern, von eiskalten Stürmen die übers Land fegten, Kälte und Not brachten. Es erzählt von Sommern in dem es vor lauter Hitze beinahe verdurstet wäre, von alles verzehrenden Buschfeuern die es bedrohten. Von Unwettern redet das Holz zu mir, von Regenfällen und von tosenden Gewittern. Und es erzählt von der Ruhe und Stille in der einsamen Bergwelt seiner südlichen Heimat. Von den Tieren der Wildnis die im Schatten seines Stammes Schutz vor sengender Sonne suchten redet nun das Holz. Vom Fuchs höre ich der in der Nähe seinen Bau hatte, vom Adler der manchmal in den Ästen lauernd auf Beute spähend saß, von der Schlange die sich lautlos windend an ihr Opfer heran schlich. Von wuseligen Ameisen die hier ihre Burg bauten, von wilden Bienen, von schillernden Käfern und farbenfreudigen Schmetterlingen erzählt es. Vieles erzählte mir dieses Stück Holz, und ich, ich hörte zu, rauchte meine Pfeife dabei und war glücklich.

Und mit leiser Wehmut in der Stimme redet das Stück Holz von jenem Tage als zweibeinige Wesen kamen, seinen Stamm absägten, es ausgruben und mitnahmen in eine fremde Umgebung. Dort erfuhr es dann was seine eigentliche Bestimmung war, warum es da oben in den Bergen wuchs. Eine Tabakspfeife sollte es werden, aber der Mann an der Säge fand daß im Holz zuviele Risse und Löcher seien und legte das Stück Holz zum Abfall, zum Ausschuß. Bitter und schmerzlich war es für das Holz als es erfuhr daß es nur Abfall sei, zu nichts zu gebrauchen. Ich bin doch etwas lebendiges dachte das Holz, wie kann ich wertlos sein, unbrauchbar, Abfall?


Von dort, aus weiter Ferne, kam es dann zu mir, in eine neue Heimat, eine neue Umgebung, zu einer neuen Bestimmung. Ja, nun liegt es vor mir auf meinem Schreibtisch, die ersten Plugscheiben wurden schon geschnitten und in die Pfeife geschuppst. Die Stube riecht nach meinem Lieblingstabak und ich betrachte das Stück Holz vor mir. Meine Pfeife im Mund, dünne Rauchfahnen ausstoßend, nehme ich es in die Hand und betaste, befühle es immer wieder. Ich sitze da, rauche und bin glücklich.

Geschrieben für zwei gute Freunde, Lothar und Willi. Danke euch Beiden.