Gedanken über das Einrauchen
einer neuen Pfeife
Joachim Acker
So, die neue Pfeife ist gekauft. Stolz und zufrieden trägt
sie der Besitzer nach Hause. Wenn er Glück hatte wurde er
sogar noch fachmännisch beraten, und wenn er besonders viel
Glück hatte dann bekam er vielleicht auch noch ein paar
Geschenke dazu, ein Päckchen Tabak, Streichhölzer und
einen modischen Pfeifenstopfer oder irgendetwas anderes nützliches.
Sowas solls geben, habe ich einmal gehört, abends am Lagerfeuer,
wenn die Alten ihre Geschichten erzählen, soll manchmal
davon berichtet werden.
Dann, zuhause angekommen, wird die neue Pfeife mit List und
Tücke an den wachsamen Augen der verehrten Gattin, die durch
den glückseligen Ausdruck ihres Verehrtesten schon etwas
mißtrauisch geworden ist, in die Pfeifensammlung eingefügt.
Und irgendwann einmal wird dann diese Neue mit Tabak gefüllt
und zum ersten Mal in Betrieb genommen, die Prozedur des Einrauchens
beginnt.
Und damit sind wir beim Thema angekommen das unter den Pfeifenrauchern
überaus kontrovers behandelt wird. Wenn der geneigte Leser
zehn Pfeifenfreunde befragt wird er sicherlich genauso viele
verschiedene Ansichten darüber zu hören bekommen.
Im Folgenden möchte ich mein ganz persönliches Vorgehen
dazu vorstellen. Ein Vorgehen daß aus den oben genannten
Gründen selbstverständlich kein allgemeingültiges
Dogma darstellt.
Was versteht man eigentlich unter dem Begriff Einrauchen?
Da ist die Antwort noch recht einfach: Im Innern der Kopfbohrung
wird eine Kohleschicht aufgebaut die das Holz der Pfeife schützt
und durch ihre poröse Struktur Kondensate aufnehmen kann.
Der erste richtig strittige Punkt ist die Einrauchmasse.
Sehr viele Pfeifen sind im Innern der Kopfbohrung mit einer grauschwarzen
Masse beschichtet, sie dient dazu den Einrauchvorgang zu beschleunigen,
bzw. ihn gar nicht erst nötig zu machen, so die Grundidee.
Manche Pfeifenfreunde entfernen diese Masse wieder, entweder
durch das Bearbeiten mit Schmirgelpapier, das ist die mühseligere
Art, oder durch das Auswaschen mit verschiedenen Flüssigkeiten,
der Isopropylalkohol sei hier stellvertretend für viele
andere Mittel angeführt. Entfernen desshalb weil diese Paste
in manchen Pfeifen zu einer erheblichen Geschmackseinbuße
führen kann. Allerdings lassen sich während der Einrauchphase
einer Pfeife noch keine allzugroßen Geschmackserlebnisse
erhoffen.
Der Schreiber dieses Arikels läßt die Einrauchmasse
immer in der Pfeife und hat noch niemals irgendwelche Probleme
damit gehabt. Er bevorzugt allerdings beim Neukauf Pfeifen die
keine solche Masse haben. Der Grund dafür liegt nicht etwa
an dieser Paste selber, sondern daran, daß im unbehandelten
Holz vorhandene Fehlstellen besser zu erkennen sind. Ein Holzfehler
in der Kopfinnenwand kann unter Umständen das von allen
Pfeifenrauchern gefürchtete Durchbrennen ermöglichen.
Wir sollten immer daran denken daß innerhalb der Pfeife
beim Rauchen Temperaturen von mehreren hundert Grad auftreten
können, ein kleiner Fehler im Holz kann da schon die Ursache
für den späteren Verlust der Pfeife sein.
Ein weiterer wichtiger Punkt ist der Tabak der beim Einrauchen
Verwendung findet. Im allgemeinen werden hier naturbelassene,
möglichst wenig aromatisierte Virginia Mixtures verwendet.
Der Grund ist einfach: Je weniger ein Tabak aromatisiert ist
desto weniger nimmt das Holz der Pfeife den Geruch bzw. Geschmack
des verwendeten Tabaks auf. Das von vielen Pfeifenrauchern gefürchtete
Crossover kann so weitgehend vermieden werden.
Natürlich steht es einem jeden Pfeifenfreund frei mit welchem
Tabak er seine Pfeifen einraucht. Viele nehmen dazu auch den
Tabak den sie in dieser Pfeife zu rauchen gedenken.
Wie wird nun die Pfeife gefüllt?
Auch hier weichen die Meinungen voneinander ab. Die Einen verwenden
die Eindrittelmethode. Da wird die Pfeife zuerst einigemale nur
zu einem Drittel mit Tabak gefüllt. Dadurch baut sich im
unteren Teil des Kopfes zuerst eine Kohleschicht auf. Mehrere
Füllungen später dann zu Zweidrittel und schließlich
bis zum Rand. Andere dagegen, der Schreiber gehört mit dazu,
füllen die Pfeife gleich beim ersten Mal bis zum Rand mit
Tabak. Welche Methode nun der Einzelne anwendet bleibt ihm selber
überlassen.
Eines ist aber für alle Methoden unabdingbar: Ruhe und
Gelassenheit beim Rauchen. Unruhe und Hektik haben beim Pfeiferauchen
nichts zu suchen, schon gar nicht beim Einrauchen einer Neuen.
Hauptsächlich in der älteren Pfeifenliteratur wird
immer wieder darauf hingewiesen daß eine Pfeife beim Einrauchen
niemals ausgehen darf. Sie würde dann immer genau an der
Stelle erlöschen. Diese Behauptung gehört eindeutig
ins Reich der Legende, ganzen Generationen von Jungpfeifenrauchern
wurde damit Angst und Schrecken eingejagt. Also: keine Bange
wenn beim Einrauchen die Pfeife ausgeht. Einfach wieder anzünden
und weiter rauchen.
Gelegendlich hört man auch von Pfeifenrauchern, daß
sie die Innenwand der Kopfbohrung vor dem Einrauchen mit Honig,
Whisky oder was weiß ich noch alles einreiben. Dies soll
ebenfalls eine kürzere Einrauchzeit begünstigen behaupten
sie. Davon ist dringend abzuraten. Zucker und Alkohol verbrennen
mit ziemlich hohen Temperaturen, es würde dem Holz der Pfeife
mehr schaden als nützen. Außerdem sind dann die Verbrennungsrückstände
an der Bohrungswand klebrig, beinahe teerig, können so kaum
Kondensate aufnehmen.
Wichtig ist, und dies kann nicht oft genug erwähnt und
betont werden: langsam und bedächtig ziehen, die Pfeife
darf nicht zu warm werden. Die richtige Temperatur hat sie, wenn
der auf den Handrücken gedrückte Pfeifenkopf keine
unangenehmen Reaktionen verursacht.
Wird der Tabak zu heiß erhöht sich die Kondensatmenge,
die Pfeife beginnt zu nässen, sie gurgelt, schnorchelt und
sottert. Die Folgen davon sind das gefürchtete Zungenbrennen,
eine sehr unangenehme Begleiterscheinung der Hast und der Ungeduld.
Zum guten Schluß bleibt nur (im Idealfall) ein Ascherestchen
in der Pfeife zurück, dieses rührt der Schreiber ein
bisschen um und läßt es einige Minuten in der ausgerauchten
Pfeife. Es kann so noch einiges an Feuchtigkeit aufnehmen, dann
wird dieser Rest ausgeschüttet. Mit einem Pfeifenreiniger
werden Mundstück und Holm von innen gereinigt, dann gönnt
man der Pfeife eine Ruhepause von allermindestens 24 Stunden
in der sie austrocknen kann. Dann erst ist sie bereit für
die nächste Füllung.
Ich führte es schon an: am Anfang wird eine Pfeife nicht
immer gleich den Wohlgeschmack bieten, den man sich erhofft.
Erst mit dem Fortschreiten des Einrauchprozesses kommen auch
die geschmacklichen Besonderheiten des Tabaks zum Tragen. Die
ganze Fülle des Erlebens hat man dann mit einer gut eingerauchten
Pfeife, da ist man dann wirklich im siebten Pfeifenraucherhimmel. |