Informationen für Einsteiger
Willi Albrecht
Gehen Sie in einen Kiosk, kaufen Sie sich für 20 Euro
ein Rauchholz und einen Beutel Tabak ("der wird gern genommen!")
und werfen Sie alles in die nächste Mülltonne, so ersparen
Sie sich eine Menge Ärger.
Ein paar Euro (so um die 50) müssen Sie schon anlegen,
um auf den Geschmack zu kommen. Vielleicht hat auch der von Ihnen
auserkorene Händler gerade ein für Sie passendes Sonderangebot
in seinem Sortiment. Für Ihre erste Pfeife lassen Sie bitte,
auch wenn es noch so bequem ist, die Finger vom (Internet-)Versandhandel,
das funktioniert nur mit einer Portion Erfahrung und einem guten
Überblick des Angebotes. Also suchen Sie sich einen Pfeifenladen
mit einem möglichst großen Sortiment und freundlicher
Atmosphäre (bei meinem Stammhändler gibt's immer erst
mal eine Tasse Kaffee). Achten Sie mal darauf, wie der/die Verkäufer/in
mit den Pfeifen umgeht. Werden Ihnen die guten Stücke einfach
lieblos auf die Ladentheke geknallt: "Ich überlegs
mir noch mal!" und tschüss!
Geben Sie sich auf jeden Fall als Anfänger zu erkennen
und vertrauen Sie der Beratung, geben Sie Ihr Preislimit an und
man wird Ihnen aus dem anfangs unübersichtlichen Angebot
einige für Sie passende Modelle vorlegen. Pfeifen werden
aus den unterschiedlichsten Materialien wie Ton, Meerschaum oder
Holz gefertigt. Wir reden hier nur über solche aus Bruyereholz,
aus denen wohl gut 90% aller Rauchinstrumente hergestellt werden.
Für den Anfang wäre ein gerades oder leicht gebogenes
Modell mit guter Wandstärke (ca. 5 mm) ideal. Auch die Sandgestrahlten
oder Rustizierten bieten sich an, weil sie unempfindlicher und
meißt preiswerter als vergleichbare Glatte sind Kaufen
Sie die schönste und teuerste, die Ihr Budget zuläßt.
Hier muß noch gesagt werden, das es filterlose Pfeifen
und solche mit 9 mm dicken Kohle- oder Meerschaumfilter gibt.
Ob Filter oder nicht müssen Sie ganz alleine für sich
entscheiden. Mit Filter raucht es sich meißt etwas kühler
und dadurch zungenfreundlicher und ohne kommt der Geschmack des
Tabaks besser zum Tragen.
Jetzt fehlt nur noch das Zubehör:
Pfeifenreiniger, eventuell Filter und ein sogenanntes Pfeifenbesteck
mit Stopfer, Löffel und Dorn in der preiswertesten Ausführung
(die teuren verliert man dauernd!) und natürlich der Tabak.
In einem guten Fachgeschäft wird man Ihnen jetzt einen
milden, nicht zu stark aromatisierten Tabak anbieten, der sich
trocken und kühl rauchen läßt und, ganz wichtig,
der von der Schnittart her zu Ihrer Pfeife paßt. Vom Grundsatz
her gehört eine grob geschnittene Mischung in einen großen
Pfeifenkopf und umgekehrt. Manche Geschäfte führen
eigene Tabakmischungen, an denen man dann auch mal schnuppern
kann. Eine englische Mixture bereitet die wenigsten Probleme
beim Rauchen, das Gemeine ist nur, daß diese Art Tabak
dem Anfänger und seinem Umfeld überhaupt nicht behagt,
es sei denn, Sie haben bisher so ungefähr 40 französische
Zigaretten ohne Filter pro Tag verqualmt. Ansonsten bietet sich
zum Beispiel eine Virginia-Mischung an, die es in einer riesigen
Auswahl zu kaufen gibt. So, jetzt aber schnell zahlen und nix
wie heim ins stille Kämmerlein, denn jetzt geht's endlich
los mit dem Pfeiferauchen.
Ein feierlicher Moment in Ihrem Leben! Jetzt sollte sich aber
erst mal innerliche und äußerliche Ruhe bei Ihnen
einstellen, denn jegliche Hektik in Verbindung mit Pfeiferauchen
führt mit Sicherheit zu einem Frusterlebnis. Also: wenn
die Kinder im Bett sind, das Telefon schweigt und der Hund Gassi
war, stellen Sie sich Ihren Lieblingsdrink bereit (sollte der
aus Mineralwasser bestehen, nehmen Sie lieber Kaffee oder Tee!)
und öffnen Sie die sicherlich ansprechende Verpackung Ihres
ersten, wirklichen Tabaks. Sofort strömt Ihnen ein unbeschreiblich
faszinierender Duft entgegen, zum Reinbeißen! Nehmen Sie
jetzt Ihre Pfeife in die linke Hand, eine kleine Prise Tabak
zwischen Daumen und Zeigefinger der Rechten und lassen ihn in
die Pfeife rieseln. Drücken Sie den Tabak ganz leicht an
und wiederholen Sie den Vorgang, bis die Pfeife gefüllt
ist.
Im Pfeifenkopf soll sich langsam eine Kohleschicht bilden,
die das Holz vor dem ver- und durchbrennen schützen soll.
Am Boden des Kopfes kommt es zu sehr hohen Temperaturen und deshalb
muß gerade dort zuerst ein gewisser Schutz gebildet werden,
deshalb ist es sehr wichtig, gerade beim Einrauchen die Pfeife
möglichst bis zum Boden leer zu rauchen. Außerdem
nimmt diese Schutzschicht eventuell entstandene Kondensatfeuchtigkeit
auf, die gerade bei stark aromatisierten Tabaken auftreten kann.
OK? Jetzt drücken Sie etwas fester und prüfen mit einem
Zug an der kalten Pfeife, ob sie nicht verstopft ist und Sie
einen leichten Widerstand spüren. Sollte das nicht der Fall
sein, raus mit dem Zeug und noch mal von vorn. Ist die Pfeife
vorschriftsmäßig gestopft, nehmen Sie ein Gasfeuerzeug
oder ein Streichholz zur Hand und die Pfeife in den Mund. Entzünden
Sie den Tabak mit kreisenden Bewegungen und leichten, langsamen
Zügen. Versuchen Sie, die gesamte Oberfläche unter
Glut zu setzen um einen gleichmäßigen Brand zu erzielen.
Jetzt drücken Sie mit dem Stopfer den aufquellenden Tabak
ganz leicht nieder, wobei er wahrscheinlich erlischt und wiederholen
das Anzünden und Nachstopfen. Ja, das wars auch schon, Sie
rauchen Pfeife!
Ziehen Sie langsam, leicht und bedächtig, versuchen Sie
"durch die Pfeife zu atmen", und vermeiden Sie Lungenzüge.
Wenn sie ausgeht ist das vollkommen normal, keine Pfeife läßt
sich mit einem Streichholz durchrauchen und wieder anzünden
ist keine Schande. Sollte das gute Stück so heiß werden,
daß sie es nicht länger mit festem Druck festhalten
können weil Sie falsch gestopft oder zu gierig gezogen haben,
lassen Sie sie etwa 10 Minuten abkühlen um sie dann wieder
anzuzünden. Immer wenn Sie zu wenig Zugwiderstand spüren,
drücken Sie die Asche vorsichtig mit dem Stopfer nieder
während Sie weiterpaffen um den Zug zu prüfen.
Wie, Ihre Zunge brennt und fühlt sich an wie ein Stück
Schleifpapier? Kenn ich. Das ist vollkommen normal, geht nach
ein paar Tagen vorbei und im übrigen steht ja zur Salbung
Ihr Drink bereit. Je nach Pfeife taucht diese Erscheinung beim
Einrauchen selbst bei "Profis" noch auf. Auch wenn
sich der erwartete Hochgenuß nun wirklich noch nicht eingestellt
hat: rauchen Sie das Teil so gut es geht zu Ende, sonst verdirbt
das gute Stück auf Dauer durch die im Kopfboden zurückbleibende
Kondensatfeuchtigkeit.
Geschafft? Tja, ein tolles Erlebnis war das warscheinlich
nicht, oder? Aber glauben Sie mir, das geht jedem Anfänger
so, oder haben Sie in der ersten Fahrstunde die Karre etwa nicht
abgewürgt? Geben Sie jetzt bloß nicht auf, in ein
paar Tagen lachen Sie über diese Anfangsschwierigkeiten.
Gut, jetzt rühren Sie mit dem Löffel des Pfeifenbestecks
den Ascherest um, verteilen ihn gleichmäßig an der
Innenwand und lassen ihn etwa 15 Minuten in der abkühlenden
Pfeife, er saugt die restliche Feuchtigkeit auf, danach schütten
Sie den Inhalt einfach aus. Nach einer weiteren halben Stunde
öffnen Sie die Pfeife durch eine rechtsdrehende Zugbewegung,
entfernen den eventuell vorhandenen Filter und säubern sie
gründlich mit mehreren Reinigern (Tip: mit einem zu einem
Pfropf gedrehten Papiertaschentuch lassen sich prima der Holm
und die Filterkammer des Mundstücks säubern!) und lassen
sie bis zum nächsten Tag zweiteilig lüften. Ja, bis
morgen. Ihre Zunge braucht jetzt genau wie Ihr neuer Nasenwärmer
eine lange Ruhepause, um wieder in den Urzustand zurückzufinden.
Das Zusammensetzen der gereinigten Pfeife geschieht übrigens
mit der gleichen rechtsdrehenden Bewegung.
So, willkommen im Club, und glauben Sie mir: das Genußerlebnis
wird von Tag zu Tag stetig bis zur Vollendung anwachsen. Stehen
Sie nur ritterlich die ersten 14 Tage und ebensoviele Rauchopfer
durch. Werfen Sie bloß nicht die Flinte mitsamt Rauchutensilien
ins Korn und rennen zum nächsten Zigarettenautomaten. |