Kriterien beim Pfeifenkauf

Willi Albrecht

 

Gerade der Neuling steht vor einem anscheinend unlösbaren Problem, wenn er ein Pfeifenfachgeschäft betritt und sich eine, vielleicht die erste, neue Pfeife zulegen möchte.

Alle möglichen Formen in den unterschiedlichsten Farbtönen und Größen locken mit ihren polierten Oberflächen und wollen gekauft werden. Welche Kriterien sollten bei einem Kauf in Betracht gezogen werden? Wie kann ich eine „gute“ Pfeife von einer „schlechten“ unterscheiden?

Das erste Argument für einen eventuellen Kauf ist natürlich der persönliche Geschmack. Was nützt mir die perfekteste Pfeife wenn sie mir einfach nicht gefällt und ich sie deshalb kaum rauchen werde?

Hat man also seine momentane Lieblingsform, -größe und -oberfläche gefunden, ist das riesige Angebot schon um einiges eingeschränkt und einfacherer zu überschauen. Legt man jetzt noch sein persönliches Preislimit fest, kann man sich in aller Ruhe bei den verschiedenen Herstellern nach dem Traummodell umsehen. Zum Kaufpreis kann ich nur empfehlen, sich nicht mit billigen „Wühlkorbpfeifen“ zufrieden zu geben. Um in den Genuß von feinem Tabakrauch zu kommen, muß man schon bereit sein, eine gewisse Summe auszugeben. Es muß ja nicht gleich ein Einzelstück sein, eine solide verarbeitete Serienpfeife der bekannten Hersteller reicht durchaus.

Innerhalb der Standardmodelle gibt es die unterschiedlichsten Größen. Sowohl die äußeren Maße wie auch die Bohrung des Tabakraumes können stark differieren und durchaus ein Kaufargument sein. Durch die Größe ergibt sich das Gewicht. Will ich die Pfeife bequem zwischen den Zähnen halten können um zum Beispiel diesen Artikel schreiben zu können oder soll es eine gemütliche Fernsehpfeife sein, die ich während des Rauchens mit einer Hand stützen kann?


Zwei Billards mit unterschiedlichen Maßen


Die Bohrungstiefe und der Durchmesser bestimmen die aufzunehmende Tabakmenge und damit die Rauchdauer. Während der eine Raucher einen möglichst langen Genuß mit der gleichen Pfeife bevorzugt, möchte der andere in der gleichen Zeit lieber eine zweite, frische Pfeife stopfen.

Sehen wir uns jetzt das Objekt der Begierde etwas genauer an und versuchen, etwas zur Verarbeitung und über die Holzqualität zu erfahren.

Bei gleicher Größe ist die leichtere von zwei Pfeifen die mit der besseren Holzqualität. Warum? Das weiche Füllholz zwischen dem sogenannten Strukturholz ist porös und damit leichter. Nur das Füllholz kann das beim Rauchen entstehende Kondensat aufnehmen. Zu erkennen ist es leicht an der Färbung: auch die Beize kann besser in das Füllholz eindringen und somit stellt es die dunkleren Anteile der Maserung dar.



Dunkles Füll- und helles Strukturholz

Zur Farbe der Beize sei gesagt, das eine helle Pfeife immer die „ehrlichere“ ist. Nur durch dunkle, möglichst dunkelrote Beizung kann man Fehler und Einschlüsse im Holz, die sogenannten Spots, überdecken. Sind diese Spots zu groß, werden sie gerne aus dem Holz entfernt und das entstandene Loch mit Holzkitt ausgefüllt. Auch der Kitt kann nur mit möglichst dunkler Beizung vor dem Käufer versteckt werden. Allerdings nur bis zu einem gewissen Zeitpunkt. Denn durch das Rauchen dunkelt das Holz der Pfeife nach, der Kitt nicht. Hat die Pfeife also nach 10 Füllungen eine oder mehrere scharfumrissene helle Stellen handelt es sich um Kitt. Spots und Kitt besagen absolut nichts über die Raucheigenschaften der Pfeife aus und müssen in der unteren Preisklasse toleriert werden.

Eins muß allerdings nicht toleriert werden: Lack. Ich kann nur empfehlen, von hochglänzend lackierten Pfeifen Abstand zu nehmen. Durch die Versiegelung des Holzes mit einer dicken Lackschicht kann das Holz nicht atmen und die Pfeife wird unweigerlich heiß.


Helle und dunkelrote Beizung


ungekittete Spots und ein mit Kitt ausgebesserter Fehler im Holz

Eine weitere kritische Stelle ist der Übergang vom Holm zum Mundstück. Die beiden Teile müssen sauber und nahtlos einander angepasst (verschachtelt) sein. Hält man die Pfeife gegen das Licht und es scheint durch einen kleinen Spalt oder fühlt man eine Kante, hat man es in der Regel mit einer schlecht verarbeiteten Pfeife zu tun.


Hier sind Holm und Mundstück perfekt verschachtelt

Die Verarbeitung des Mundstücks darf ebenfalls nicht unterbewertet werden. Mit diesem Stück Acryl oder Ebonit werden Sie immer während des Rauchens in Berührung kommen. Eine angenehme Ausformung des Bisses und eine ausreichende Bohrungsweite im Innern sind deshalb von höchster Wichtigkeit. Was nützt mir der beste PC, wenn ich in einen unscharfen Monitor stieren muß? Der Biß sollte möglichst flach ausgeformt sein und eine fächerförmige Öffnung bieten damit die Pfeife gut zwischen den Zähnen sitzt und sich der Rauch auf eine möglichst breite Fläche verteilen kann was natürlich für die empfindliche Zunge nur von Vorteil sein kann.


unterschiedliche Breiten und Ausformungen des Bisses

Eine Pfeife kann nur gut funktionieren wenn die inneren Bohrungen, der Zapfen und die Passgenauigkeit, also die technische Seite, auf das penibelste ausgeführt sind. So muß zum Beispiel die Bohrung im Kopf genau mittig auf dem Boden ankommen um die Pfeife bis zum letzten Krümel rauchen zu können. Liegt der Rauchkanal zu hoch, wird unweigerlich immer ein feuchter Rest Tabak übrigbleiben. Liegt er zu tief ist die Gefahr des Zusetzens durch Tabakteilchen während des Rauchens recht hoch. Ist die Bohrung nicht mittig zu Holm und Kopf angelegt, glimmt der Tabak ungleichmässig ab. Den Bohrungsdurchmesser und die fachmännische Ausführung kann man leicht mit einem konischen Pfeifenreiniger testen. Das dickere Ende des Reinigers soll ohne nennenswerten Widerstand durch die gesamte Pfeife geführt werden können. Leuchtet man zusätzlich noch mit einer Taschenlampe durch den Holm in den Kopf, ist eine Beurteilung der Bohrung ein Kinderspiel.


exakter kann eine Bohrung nicht ausgeführt werden

Auch auf den Zapfen sollte man meines Erachtens ein Auge werfen. Bei Filterpfeifen ist es zum Beispiel wichtig, das der Filter einen festen Halt hat und nicht in seinem Behältnis hin und her wandern kann. Trotzdem sollte er etwas Luft haben, da er sich durch die aufgesaugte Feuchtigkeit ausdehnt. Bei den filterlosen Pfeifen erscheint mir eine konische Bohrung am besten geeignet den Rauch sanft in das Mundstück überzuleiten. Jede Kante, jeder Grat führt zu Luftverwirbelungen die wiederum zu nichts anderem als zusätzlichem Kondensat führen. Diese Ecken und Kanten sind leicht zu entdecken: bläst man durch das Mundstück in die leere Pfeife erzeugt diese immer dann einen pfeifenden Ton, wenn die Bohrungen und der Zapfen nicht ordentlich bearbeitet wurden. Bei „sauberen“ Modellen wird man hier nur ein Rauschen des Luftstromes vernehmen können.


einfacher und aufwendig konisch gedrehter Zapfen


Abschließend möchte ich sagen, das man natürlich nicht von einer billigen Pfeife der untersten Kategorie die optimale Erfüllung all der oben genannten Kriterien erwarten darf. Eine Pfeife besteht zudem aus dem Naturprodukt Holz und wird somit immer Fehler aufweisen und nur äußerst selten in allen Punkten perfekt sein. Trotzdem lohnt es sich meiner Meinung nach, die kommende Neuerwerbung auf Herz und Nieren zu prüfen und eventuell mit anderen Modellen zu vergleichen.