Auf dem Grund der See - Tonpfeifenfunde in Schiffswracks
Teil 3

Joachim Acker

 

Das Salcombe Wrack .

In den Gewässern um Salcombe, Süd Devon/Großbritannien fand schon manches Schiff seine ewige Ruhe in der Tiefe der See.

Als frühestes Zeugnis eines Schiffsuntergangs kennen wir das Wrack eines Bootes aus der Bronzezeit, dann das mit 90 Kanonen bewaffnete englische Kriegsschiff HMS Ramillies, gesunken 1760 nachdem sie auf Klippen aufgelaufen war. 1860 fuhr nahe von Prawle Point der Tee Clipper Gossamer auf eine Untiefe und ging unter.

1890 versank der Dampfer >Oregon<, der Frachter >Jebba<, ging 1907 unter, 1917 wurde der Frachter >Maine< vom deutschen U Boot UC-17 topediert und versank in den Fluten, das gleiche Schicksal ereilte 1945 den Frachter >Persier<, er wurde vom ebenfalls deutschen U Boot UB-1017 auf den Grund der See geschickt.

Tauchern der Southwest Maritime Archaeological Group war schon öfters ein bestimmter Platz vor der Küste aufgefallen, dort fanden sich einige Kanonen daher gaben sie dieser Stelle den Namen >Canon Site<. Bei einem Tauchgang wurden sehr viele Goldmünzen aus Marokko, deren jüngste ins Jahr 1630 datiert werden kann, gefunden. Außerdem holländische Töpferware, Goldschmuck und andere Dinge mehr. Das Schiff konnte nicht identifiziert werden aber aus den näheren Umständen sowie der Ladung liegt die Vermutung nahe dass es sich um ein Piratenschiff gehandelt hat dass in diesen Gewässern sein Unwesen trieb.

Für unseren Artikel ist eine Tonpfeife im Baroque Stil besonders interessant. Sie hat eine Länge von 15 cm und ist mit Ornamenten geschmückt, ihr Herstellungsort könnte Holland gewesen sein.

Bild 84 und Bild 84a: Tonpfeife vom Salcombe Wrack

 

Bild 84b: Einige Barock Pfeifen, Bild 85: Süd Devon

Bild 84a zeigt eine Zeichnung der Tonpfeife vom Wrack. Eine bewundernswert schöne Pfeife, ein wahres Prachtstück die in die erste Hälfte des 17. Jahrhunderts datiert werden kann. In Bild 84b sind noch einige sehr schöne Barock Pfeifen zu sehen, sie stammen aber nicht vom oben beschriebenen Wrack.

Quelle:
http://www.cinemaquatics.co.uk/divingintohistory.html
http://www.divernet.com/wrecks/gold1297.htm
http://historyfromthesea.net/sites/scs/index.php

Die Wasa (Vasa)

Mit dem Bau des schwedischen Kriegschiffes Wasa wurde 1626 auf Anordnung König Gustav II. Adolf von Schweden begonnen, die Pläne für das Schiff stammten von den holländischen Schiffsbaumeistern Hen[d]rick Hybertszoon [Hendrijch Hubrijs] und Henrik Jakobson. Das Schiff hatte eine Länge von 62, eine Breite von 11 m und einen Tiefgang von 5,25 Metern, die Wasserverdrängung wird mit 1210t angegeben. In der Literatur weisen die Maßangaben unterschiedliche Daten auf daher finden wir je nach Quelle verschiedene Angaben.

Die Wasa war mit 64 Kanonen bestückt und hatte eine Besatzung von 437 Mann. Um die Feuerkraft des Schiffes zu erhöhen wurden nachträglich auf dem oberen Batteriedeck zusätzlich Kanonen aufgestellt, dadurch geriet die Statik des Schiffes außer Kontrolle. Es war ein verhängnisvoller Fehler denn bei ihrer Jungfernfahrt am 10. August 1628 traf eine Windböe das Schiff, sie kränkte stark und durch die unteren Geschützpforten die offen standen drang Wasser ein. Das Schiff kenterte und versank vor den Augen der entsetzten Zuschauer in der See. Mehr als 40 Menschen kamen dabei ums Leben. Tauchern in primitiven Tauchglocken gelang es bald die Kanonen zu bergen. Dann blieb das Wrack des Schiffes Jahrhunderte ungestört bis es 1956 wieder entdeckt und in den folgenden Jahren durch den Einsatz modernster Mittel gehoben wurde. Heute kann das Schiff in einem eigens für die Wasa gebauten Museum besichtigt werden. Mit dem Schiff wurden auch unzählige Gebrauchsgegenstände geborgen, darunter auch Tonpfeifen.

Bild 86: Tonpfeifen von der Wasa

 

Bild 87: Die restaurierte Wasa, photo made by Georg Dembowski

 

Nr. 9390 wurde auf dem Oberdeck gefunden. Der Rest der Pfeife ist 4,5 cm lang, der Stiel etwa 0,8 cm stark und der Kopf hat eine Höhe von 2,7 cm. Nr. 19288 stammt aus dem Laderaum der Wasa, die Länge beträgt noch 6 cm, Kopfhöhe und Stieldurchmesser haben die gleichen Maße wie die obere Pfeife. Die Pfeife und auch die Pfeife 19288 zeigen den typischen Yorkshire Bulbus, eine bauchige bzw. fassförmige Ausformung des Pfeifenkopfes und einen relativ breiten Fuß. Beide stammen also mit Sicherheit aus dieser englischen Grafschaft.

Zu den Yorkshire Pfeifen siehe auch den Aufsatz:
York Pipes and their Makers. S. Lawrence BAR 63/1979
Nr.13766 wurde im Frachtraum gefunden, die Länge der Pfeife beträgt 3,3 cm. Der Durchmesser des Stieles an der Bruchstelle 1 cm.

Die Tonpfeifen der Wasa gehören mit zu den ältesten Zeugnissen für den Tabakgebrauch in Schweden. Bekannt war der Tabak in Schweden allerdings schon längere Zeit. Das früheste Zeugnis stammt aus Hudiksvall und wird ins Jahr 1595 datiert. Damals wurde für eine Tabaklieferung Einfuhrzoll erhoben.

Erst nach 1650 etablierten sich Pfeifenbauer in Schweden, alle Tonpfeifen früheren Datums sind Importe.

Quellen:
Carl Olof Cederlund: The Oldest Clay Pipes in the Warship Wasa. BAR 92/1980
http://www. abc.se/~pa/publ/vasa.htm
http://www.bruzelius.info/Nautica/Ships/War/SE/Wasa(1627).html
http://en.wikipedia.org/wiki/Vasa_Ship

 

Das schwedische Kriegsschiff Kronan (Krone)
war zu seiner Zeit das größte und kampfstärkste Schiff und mit Sicherheit der Stolz der schwedischen Marine.
Die Man of War Kronan, entworfen von dem Engländer Francis Sheldon, wurde am 27. Oktober 1667 in einer Stockholmer Werft auf Kiel gelegt, fertiggestellt wurde sie 1668. Das Schiff hatte gewaltige Ausmaße: Länge 53, größte Breite 12,92 und einem Tiefgang von 6,23 Meter, ihre Wasserverdrängung lag im Bereich von 2140 t und ihre 126 Geschütze stellten eine gewaltige Feuerkraft dar.

Am 1. Juni 1676 sollte die Kronan vor der Insel Öland in einen Kampf der schwedischen gegen eine dänisch-holländische Flotte eingreifen. Bei einem missglücktem Wendemanöver explodierte die Kronan und riss mehr als 800 Seeleute, darunter den Admiral der schwedischen Flotte Lorentz Creutz mit seinem Sohn, in ein nasses Grab. Die Explosion hatte mit großer Wahrscheinlichkeit in einem der Pulvermagazine ihren Ursprung, vermutlich wurde unsachgemäß mit offenem Feuer hantiert.

Anders ist diese Explosion meiner Meinung nach nicht zu erklären.

Bild 88: Plan der Kronan

 

Bild 89: The wreck site at the time of discovery in 1980. Drawing: L. Carlsson.

 

Seit 1983 wird die Untergangsstelle der Kronan einige Seemeilen östlich der Insel Öland archäologisch untersucht, dokumentiert und die Funde restauriert. Unter den Funden befinden sich auch zahlreiche Tonpfeifen die in den Bildern 90 bis 97 gezeigt werden.

Bild 90 und 91: Gouda Pfeife, Bild 92: Pfeifenstiele mit Beschädigungen

 

Bild 93: Yorkshire Pfeife, Bild 94: London Pfeife, Bild 95 und 95a: London Pfeife mit Lochdeckel.

 

Bild 96: Bissspuren

Bild 97: Auswahl von holländischen Pfeifen mit Fersenmarken der Hersteller

 

Insgesamt wurden aus dem Wrack 136 Tonpfeifenfragmente geborgen, davon sind ein Drittel holländische Ware und der Rest stammt aus England und zwar in der Mehrheit aus Yorkshire. Eine der typischen Yorkshirepfeifen sehen wir im Bild 93. Diese Pfeife ist mit einer Herstellermarke in Form eines Rhombus markiert, in der Mitte ist eine Kanone die von den Buchstaben A–G flankiert wird. Eine nahezu identische Markierung fand sich auf einer Tonpfeife aus Durham, dort wird ebenfalls eine Kanone von den Initialen C-C eingerahmt.

Eine holländische Pfeife sehen wir im Bild 90, sie stammt aus Gouda, und wurde in der Werkstatt von Jan Proefhammer hergestellt. Bild 91 zeigt die Marke von J. P. Bei einigen Pfeifen wurden Ausbrüche an der Oberfläche festgestellt, dies hat mit großer Wahrscheinlichkeit seine Ursache in Verunreinigungen des Tons oder durch eingeschlossene Luftblasen im Pfeifenton. Beispiele sehen wir in Bild 92. Als Vertreter der englischen Pfeifen soll die Pfeife in Bild 94 dienen. Sie stammt vermutlich aus London und wird von D. Atkinson und A. Oswald als Pipe Bowl Typ 15 katalogisiert.

Eine besondere Pfeife ist die aus dem Bild 95, eine Londoner Pfeife mit einem überhängenden nahezu geraden Kopf. Das interessante an dieser Pfeife war der Deckel mit einem Loch in der Mitte der im Kopf der Pfeife gefunden wurde. Bild 95a. Zu welchem Zweck dieser Deckel diente kann nur vermutet werden, es ist aber sehr wahrscheinlich dass er als Abdeckung des Tabaks verwendet wurde, sicherlich sollte damit Funkenflug verhindert werden.
Die Brandgefahr war auf den Segelschiffen früherer Jahrhunderte besonders groß, dazu kam noch bei Kriegschiffen die gewaltigen Mengen an Schießpulver die noch eine zusätzliche Gefahr darstellten.

Für die schwedische Marine wurde aus diesem Grund kurz nach dem Untergang der Wasa eine Verordnung erlassen die das rauchen an Bord eines Kriegschiffes verbietet, der einzige Platz an dem geraucht werden durfte war die Kombüse, d.h. die Bordküche und damit vermutlich auch der Speiseraum, die Messe.

Im Bild 97 sehen wir eine Auswahl holländischer Pfeifen mit Fersenmarken des gleichen Typs wie sie auch im Wrack der Kronan gefunden wurden.

Von besonderem Interesse sind einige Pfeifenstiele die deutliche Bissspuren zeigen. Sie werden in Bild 96 gezeigt. Auffallen sind nicht nur die markanten Bissspuren sondern auch die Kürze der Pfeifen. Wenn der Stiel abbrach wurden die Pfeifen nicht weggeworfen sondern mit dem nun verkürztem Stiel weitergeraucht. Das mussten die Seeleute ja auch notgedrungen denn auf einem Schiff standen die Aussichten Ersatz zu bekommen ziemlich schlecht.

Quelle:
Arne Akerhagen: Clay Pipes from the Man of War Kronan, 1998
David Atkinson und Adrian Oswald: London Clay Tobacco Pipes
http://www.kalmarlansmuseum.se/site/kronan/proj_kronan/english/
http://www.abc.se/~pa/uwa/kronan-e.htm
http://www.abc.se/~pa/uwa/kronancl.pdf
http://www.bruzelius.info/Nautica/Ships/War/SE/Kronan(1668).html
Ein besonderer Dank an das Kalmar Museum für die Genehmigung einige Bilder zu kopieren.

 

Die Kennemerland

war ein holländisches East India Company Schiff und ging auf der Fahrt nach Batavia im Dezember1664 am Stoura Stack, Out Skerries/Shetland verloren.

Die Koordinaten der Untergangsstelle sind: 60 ° 25 ' 12 '' North - 0 ° 45' 0'' West

Bild 98: Out Skerries

 

Es ist eigenartig dass die Kennemerland die nördliche Route durch die Nordsee zur Fahrt nach den niederländischen Niederlassungen in Batavia wählte. Der Grund lag wohl darin dass zu diesen Zeiten die Fahrt durch den Kanal mit gewissen Risiken verbunden war denn England und die Niederlande waren nicht gerade die besten Freunde und zudem noch Konkurrenten im Kampf um Macht, Einfluß und Profit auf den Weltmeeren.

>> December 1664 and the Kennemerland was en route to Batavia loaded with wine, cloth, oil and coin. A gale was blowing from the south and the Kennemerland was running before the wind. The shipmaster was uncertain of his position. He posted four men to keep a lookout for land. The night was dark. Nothing could be seen. Breakers appeared under the bows of the ship. Before the lookout could warn the crew, the ship struck a cliff on the south end of Stoura Stack, a small rock which guards the entrance to Out Skerries Harbour. The Kennemerland broke in half. The forepart foundered in deep water and the stern was swept into the harbour. The wreckage was cast up on Bruray. The area was the estate of William Douglas, 10th Earl of Morton. It is suspected King Charles wished to recover the islands and saw the wreck as an opportunity to do so. Chamberlain Robert Hunter salvaged the wreck and a long legal battle began between the Crown, Skerries and Amsterdam. A number of salvage attempts have been made over the passage of time. Interest waned and the site lay undisturbed into the twentieth century.<<

http://www.aston.ac.uk/alumni/apex/apex08/

1971 wurde das Wrack gefunden, es konnten einige Gegenstände (Schiffsglocke, Flaschen und Kanonen und Tonpfeifen) geborgen werden. Für uns sind dabei hauptsächlich die Tonpfeifen von Interesse, wir sehen sie auf den Bildern 99 und 100.

Bild 99 und 100: Pfeifen der Kennemerland

 

Die Pfeifen stammen alle aus dem Untergangsjahr des Schiffes oder sind nur um geringes älter. Nur vier Pfeifen (in Bild 99 die Pfeifen 2-5) sind mit der gleichen Marke gestempelt: ein Horn, alle anderen Pfeifen tragen unterschiedliche Herstellermarken an der Ferse.

C. J. M. Martin vermutet dass die Pfeifen von verschiedenen Bezugsquellen stammen und entweder der Besitz eines Pfeifenrauchers waren, möglicherweise sollten sie auch als Handelsgut am Zielort des Schiffes dienen. Dass die Pfeifen zur eingetragenen Ladung der Kennemerland gehörten ist auf Grund der Vielfältigkeit der Herstellermarken eher unwahrscheinlich.

Quellen:
C. J. M. Martin: A Group of Pipes from the Dutch East Indiaman Kennemerland BAT 178/1987 http://www.ukdiving.co.uk/wrecks/wreck.php?id=216
http://www.aston.ac.uk/alumni/apex/apex08/

 

Soweit nun Teil 3.

Weitere Teile werden mit Sicherheit folgen. Dem treuen Leser sei gedankt.

 

Bildernachweis:

Bild 84
http://www.english-heritage.org.uk/upload/pdf/cfa_news_05.pdf

Bild 84a und 84b
http://www.ttmuseum.nu/uploads/files/1.pdf

Bild 86
Carl Olof Cederlund: The Oldest Clay Pipes in the Warship Wasa. BAR 92/1980

Bild 87
Wikipedia

Bild 88 und Bild 89
http://www.abc.se/~pa/uwa/kronan-e.htm

Bild 90 bis Bild 97
Arne Akerhagen: Clay Pipes from the Man of War Kronan, 1998

Bild 99 und Bild 100
C. J. M. Martin: A Group of Pipes from the Dutch East Indiamen Kennemerland

BAT 178/1987