Auf dem Grund der See - Tonpfeifenfunde in Schiffswracks
Teil 5

 

Joachim Acker

 

HMS Boscawen

In den Jahren zwischen 1754 und 1763 befanden sich Britannien und Frankreich in einem erbitterten Krieg (French and Indian War) um die Vorherrschaft auf dem nordamerikanischen Kontinent.
1759, nach der erfolgreichen Eroberung mehrerer französischen Forts (Fort Ticonderoga, Fort Crown Point und Fort Niagara) gab General Jeffrey Amherst die Order mehrere Schiffe für eine geplante Invasion Canadas zu bauen. Im King´s Shipyard in Fort Ticonderoga wurden die 155 ton Brigg >Duke of Cumberland< und die 115 ton Sloop >Boscawen< auf Kiel gelegt. In Crown Point das Floß >Ligonier<.
1763, nach dem Frieden von Paris und dem Ende der französischen Bedrohung in Canada, wurde die Flotte außer Dienst gestellt und legte in Ticonderoga an. Irgendwann nach 1767 wurden auf den Schiffen die Kanonen und die Takelage entfernt. Langsam aber stetig verrotteten nun die Kriegsschiffe an ihrer Anlegestelle und versanken im Morast.

Die >HMS Boscawen< war, wie schon erwähnt, eine Sloop mit 115 ton und trug 16 Kanonen, ihre Länge betrug etwa 21,3 m.

 

Bild 1: HMS Boscawen

Bild 2: Skizze der Boscawen

1983 wurde durch Spendengelder der Vermont Division for Historic Preservation eine Suche nach der sogenannten >Great Bridge< die bei Fort Ticonderoga den Lake Champlain überquerte finanziert.
Dabei konnten die Reste von drei Schiffen gefunden werde. Zwei Wracks wurden als französisch (eine Sloop und ein Kanonenboot), das dritte Wrack als die >HMS Boscawen< identifiziert.
Während der folgenden archäologischen Untersuchungen der Boscawen konnte über 5.000 Artefakte, Waffen, Teile der Takelage, Werkzeuge und persönliche Gegenstände der Besatzung geborgen werden.

Die Tonpfeifen der >HMS Boscawen<

Insgesamt wurden die Reste von 27 Tonpfeifen gefunden, die meisten waren Stielfragmente mit einer Länge von etwas unter 1 Inch bis knapp über 3 Inch, der Außendurchmesser der Stiele lag bei ¼ Inch.
Neben den Stielen fanden sich auch noch 8 kleine Fragmente von Pfeifenköpfen. 5 wurden im Bereich des Vorschiffes und 3 am Heck gefunden. Einige der Pfeifenköpfe sind auf der Innenseite schwarz, ein Indiz dafür dass aus ihnen einst geraucht wurde.
Das Material aus dem die Pfeifen gefertigt wurden ist ein fein strukturierter Kaolin Ton. Einige Stücke sind an der Oberfläche verfärbt, vermutlich durch die lange Liegezeit im Morast mit dem sie bedeckt waren.

Bild 3: Tonpfeife der Boscwen

Bild 4: Tonpfeife der Boscawen

Die Tonpfeife von Bild 3 stammt aus dem Grabungsabschnitt 413 Level G. Das Fragment hat eine Länge von 6,1 cm, der Bohrungsdurchmesser beträgt 4/64 Inch. Der Kopf ist ohne Dekoration und Herstellermarke.

Die im Bild 4 vorgestellte Pfeife stammt aus dem Grabungsabschnitt 413 Level I und hat eine Länge von 6,1 cm. Der Innendurchmesser des Kopfes wird mit 1,7 cm angegeben. Der Bohrungsdurchmesser beträgt 3/64 Inch.
Auf der rechten Seite des Pfeifenkopfes ist ein Kartusche mit dem Herstellerzeichen >GE<.
Der Hersteller dieser Pfeife war George Ebbery, ein Pfeifenmacher aus Bristol. Ebbery ging bei William Taylor, Bristol 1712 in die Lehre und erreichte 1721 seine Gewerbefreiheit. Im Laufe der Jahre bildete G. Ebbery als Lehrmeister auch andere Pfeifenmacher aus, z.B. John Davis, 1723; Samuel Harris 1731, George Berry 1740.
Nebenbemerkung: Am 25. März 1751 schloss George Ebbery eine Feuerversicherung für 2 Häuser in der Baldwin Street in Bristol ab.
Pfeifen von George Ebbery wurde auch in anderen Fundstellen geborgen, so z.B. in New Brunswick, in Fort Michilimackinac und in Colonial Williamsburg (Wetherburn´s Taverne und Travis House).

Eine Sloop of War hatte zwischen 90 und 120 Mann Besatzung. Da das rauchen in der Navy sehr verbreitet war erscheinen die gefundenen 27 Pfeifenfragmente im Vergleich zur Besatzung recht gering zu sein. Vermutlich hängt es damit zusammen dass an Bord des Schiffes das rauchen wegen der damit verbundenen extremen Feuergefahr verboten war.
Die Besatzungsmitglieder werden daher wohl eher dem Genuss von Kautabak gefrönt haben.

Wie das rauchen an Bord eines Schiffes der Royal Navy geregelt war gibt es für die Zeit vor dem 19. Jahrhundert keine verlässlichen Berichte. Möglicherweise lag es am ermessen des Kapitäns wo und wann an Bord eines Schiffes geraucht werden durfte.
Erst in den Kings Regulations & Admiralty Instructions – 1913 wird auf dieses Thema ausführlich eingegangen.

SECTION VI. SMOKING REGULATIONS.
548. The following regulations with regard to smoking are to be observed in all His Majesty's ships:

1. Appointed Places.- The Captain will appoint the places in the ship where during the prescribed hours the officers and ship's company are to be permitted to smoke, subject to the approval of the Commander-in-Chief at every inspection, but no smoking is to be allowed below the gun-deck, except in the cabins of Flag Officers and Captains, or in smoking rooms authorised by the Admiralty.

2. Regulation Hours.- The hours when smoking is to be permitted, provided it does not interfere with the work in hand at the time, are :-During the meal hours of the ship's company, and, as regards the officers, until 8.55 a.m. In the evening, after quarters in harbour, for officers, till 11 p.m. ; ship's company, till 9.20 p.m. At sea, for officers, till 9.30 p.m., and for ship's company, till :8.20 p.m.

3. Sundays and Thursdays.- On Sundays and also on Thursdays, when it does not interfere with the work going on, or the necessary drills in newly commissioned ships, smoking may be permitted in the afternoon until the pipe " clear up decks."

4. Night Watches.- The Captain may also, at his discretion, permit smoking during the night watches for a period not exceeding one hour in each watch.

5. Divine Service.- Smoking is not to be allowed during Divine Service.

6. In Boats.- Smoking in the boats of His Majesty's ships is prohibited when on duty, unless such boats are detached on service for any length of time, in which case smoking may be allowed within the hours already prescribed.

7. Alongside Yards, &c.- Officers and men of ships alongside dockyards, wharves, or jetties may be permitted to smoke on board at the hours and places sanctioned by the Regulations, but not in ships in docks or basins unless with the written sanction of the Superintendent.

8. Officers on shore in uniform are prohibited from smoking in the public streets.

9. Age.- No officer or boy under 18 years of age is to be allowed to take up tobacco, nor to smoke either on shore or afloat.

10. All officers and men are to be careful to obey any regulations which prohibit smoking on board ships under dockyard control, in dockyards, ordnance stores, magazines, &c., or while embarking explosives.
Quelle des Zitats: Naval History of Great Britain by William James, London

Quellen:
Colonial Williamsburg: http://www.history.org/
Personal possessions from the H.M.S. Boscawen. A Thesis by Gail Erwin. Texas A&M University 1994 Daraus Bild 3 und 4
Kings Regulations & Admiralty Instructions – 1913
Naval History of Great Britain by William James, London
Bristol Archiv: http://archives.bristol-city.gov.uk/
R.G. Jackson and R.H. Price >Bristol Clay Pipes< Bristol City Museum Research Monograph No.1
Bild 1 und 2
http://www.lcmm.org/shipwrecks_history/shipwrecks/sloop_boscawen.htm

 

Die >Annabella<,

wurde 1834 in Port Elizabeth, New Jersey als Sloop erbaut, 1841 wurde das Schiff umgetakelt zu einem Schoner. Die Annabella fuhr über 50 Jahre als Küstenfrachter Stückgut vielfältiger Art an der Küste von Neu England. 1885 kam das Ende dieses kleinen Schiffchens, baufällig geworden und nicht mehr zu reparieren verrottete sie im Cap Neddick River, Cap Neddick, Maine und wurde im Laufe der Jahre von Sedimenten zugedeckt.
1995 wurden die Überreste des Schiffes von Wissenschaftlern des Institute für Maritime History, Maine untersucht und geborgen.

 

Bild 5: Annabella

Bild 6: Reste der Annabella

Bild 7: Henderson Marke 2

Unter der Fülle der gefundenen Artefakte befanden sich auch zwei Stielfragmente von Tonpfeifen. Zugegeben, das ist nicht besonders spektakulär. Aber da auf einem Fragment der Herstellername “Henderson und Montreal“ eingestempelt war können doch einige Informationen über die Pfeife gewonnen werden.
Das uns interessierende Artefakt trägt die Inventarnummer 250, besteht naturgemäß aus Ton und ist undekoriert. Der Bohrungsdurchmesser des Stiels beträgt 4/64 Zoll.
William Henderson, der übrigens aus Glasgow/Schottland stammte, war der erste Pfeifenmacher in Montreal, er gründete seine Fabrik 1846 in der 19. Colborne Avenue. Produziert wurde bis in die frühen 1890 Jahre, dann kamen immer mehr die aus Bruyére hergestellten Pfeifen auf dem Markt und der Niedergang der Tonpfeifenindustrie nahm seinen Anfang.
Von Henderson & Son wurden pro Jahr ca. 50.000 Gros ( 1 Gros = 144 Stk.) Tonpfeifen hergestellt. Verkauft wurden die Pfeifen in Boxen zu je 325 Pfeifen. Eine Box kostete 1.09 Dollar.
Bannermann, ein anderer großer Pfeifenmacher in Montreal produzierte 1871 15.600 Boxes Tonpfeifen. Bannermann beschäftigte 38 Personen in seiner Fabrik, pro Tag wurden also pro Person 385 Pfeifen hergestellt. Vorausgesetzt alle 38 Mitarbeiter waren mit der Pfeifenproduktion beschäftigt.

Quellen:
Annabella: A North American Coasting Vessel.
A Thesis by Stefan Hans Claesson. May 1998 Texas A&M University
Die Bilder stammen ebenfalls aus diesem Dokument.

Henderson und Bannermann:
http://www.virtlogic.ca/pipe/mtlpipe.html

 

Die >Speaker<

war ursprünglich ein 450 ton Sklavenschiff, bestückt mit 40 Kanonen, andere Quellen geben 50 Kanonen an.
Captain George Booth, ein berüchtigter Pirat der im Indischen Ozean sein Unwesen trieb, eroberte 1696 die Speaker. Im Jahr 1700 übernahm der Pirat John Bowen das Kommando über das Schiff. 1702 sank das Piratenschiff während einer starken Windbö an der Ostküste von Mauritius. Das Wrack konnte 1980 etwa 1 km südlich einer kleinen Felsklippe (Swarte Klip) gefunden und untersucht werden
Neben 31 Kanonen, Munition, 3 Ankern, Goldmünzen, Perlen und vieles andere mehr wurden auch einige unverzierte Tonpfeifenfragmente geborgen.


Bild 8: Tonpfeifen der Speaker

Quellen:
Piraten: http://pagesperso-orange.fr/henri.maurel/seafaring%201.htm
http://www.vleonica.com/pirates.htm
Wikipedia
Patrick Lizé >The wreck of the pirate ship Speaker on Mauritius in 1702< PDF Dokument
Bild 8: http://historyhuntersinternational.org/

Das >Reader´s Point Wreck<

wurde 1994 von Experten der A & M Universität Texas, dem Heritage Trust Jamaika und dem Maritime History Programm der East Carolina Universität eingehend untersucht.
Es lag in der St. Ann`s Bay, Jamaika in einer Wassertiefe von nur knapp 1 m, war aber mit annähernd 2 m Sedimenten bedeckt. Ihnen ist es zu verdanken dass der Erhaltungszustand des Wrack relativ gut war.
Bei dem Schiff, dessen Namen nicht ermittelt werden konnte, handelt es sich um einen Handelsfrachter aus dem 18. Jahrhundert, von der Bauart her eine Sloop. Die Länge des erhaltenen Rumpfes lag bei 17,22 m, die Breite bei 4,34 m. Das Holz aus dem das Schiff gebaut wurde stammte von der Eiche, der Kiel war aus Ahorn gefertigt. Es wird vermutet dass die Sloop in den nordöstlichen amerikanischen Kolonien gebaut wurde.
Analysen der geborgenen Gegenstände und des Schiffes lassen die Vermutung aufkommen dass der Frachter zwischen den karibischen Inseln und den nordamerikanischen Kolonien Waren transportierte. Gesunken (aus nicht bekannter Ursache) ist die Sloop vermutlich nach 1775.
Die Wissenschaftler der oben genannten Institute konnten an die 700 Artefakte bergen. Gefundene Porzellanscherben ließen sich in die Jahre zwischen 1745 und 1795 datieren.

Bild 9: Rest des Schiffes

Bild 10: Reader´s Point Artefakte

Unter den Artefakten befanden sich auch 49 Pfeifenstiele und 5 Pfeifenköpfe.
Im Bild 10 sind 2 Pfeifenköpfe zu sehen, vom Typ her repräsentieren sie die Rundbodenpfeifen. Sie sind an der Innenseite nicht verfärbt, waren also neuwertig. Dass es sich hier um Handelsware handelte wird wohl nicht der Fall sein, dann wären sicherlich mehr Pfeifenreste gefunden worden.
Nach der Harrington Tabelle können 90% der Pfeifenstiele um das Jahr 1750 datiert werden.
>With a terminus post quem of 1710 and a terminus ante quem of 1800<
Quelle des Zitats: Gregory D. Cook (siehe unten)

Nach der Binford Methode liegt das Datum der Pfeifenstiele ebenfalls um das Jahr 1750.
Die Pfeifenköpfe können nach ihrer Form und den Herstellermarken (die ich leider nicht ausfindig machen konnte) in die Jahre zwischen 1690 und 1820 datiert werden.

Noch ein paar Sätze zu Harringtun und Binford.
J.C. Harrington entwickelte durch vergleichendes messen der Pfeifenstielbohrungen aus gesichert datierten Fundkomplexen eine Tabelle mit deren Hilfe das Alter einer Tonpfeife anhand der Stielbohrung festgestellt werden konnte.
Beispiel:
9/64 Inch ergibt eine Jahreszahl von 1590 bis 1620
6/64 Inch - - 1680 bis 1720
4/64 Inch - - 1750 bis 1800

L. Binford entwickelte eine etwas komplizierte Formel mit deren Hilfe ebenfalls das Datum einer Tonpfeife errechnet werden konnte.

Allerdings zeigte sich bei vergleichenden Analysen von datierten Tonpfeifenkomplexen dass es regionale Unterschiede im Durchmesser der Bohrungen gibt, obwohl die verschiedenen Pfeifen gleichaltrig sind.
D.B. Whitehouse Schreibt dazu:
 However, the relatively close dating provided by the standard typology for bowls makes this possibility one of academic interest only.<
Quelle des Zitats: Whitehouse – siehe unten.

Quellen:
>The Reader´s Point Vessel< a Thesis von Gregory D. Cook Texas A & M University
St. Ann´s Bay, Jamaica: http://ina.tamu.edu/readerspoint/readerspoint.htm
Harrington: http://www.chass.utoronto.ca/~banning/ANT%20412/412ceramics.htm
D.B. Whitehouse >The Bore Diameter of Clay Tobacco Pipes made at Bristol between 1620 and 1850<
Transactions of the Bristol and Gloucestershire Archaeological Society V 85-1966

 

Die >Severn< The Roosevelt Inlet Shipwreck

Im September 2004 pumpte das Army Corps of Engineers Sand aus dem Meer vor der Küste von Lewis, Delaware dabei wurden Artefakte an den Strand gespült auf die Spaziergänger aufmerksam wurden. Herbeigerufene Archäologen vermuteten zuerst eine Siedlung der ersten europäischen Siedler in Delaware, später kam dann die Gewissheit dass es sich um ein bis dato unbekanntes Schiffwrack handelte. Es konnte dann anhand der geborgenen Artefakte sowie den Akten von Lloyds, London und alten Zeitungsberichten das Wrack als das britische 200 ton Handelsschiff >Severn< identifiziert werden.
Siehe dazu: http://www.janmaat.de/seenot07_03.htm

Bild 11: Karte der Fundstelle

Das Baujahr der Severn ist unbekannt. In den Akten von Lloyds wird sie 1769 erwähnt. Ihr Eigner war Thomas Pennington, ein Großkaufmann aus Bristol, England. Die Severn kreuzte unter dem Kommando ihres Kapitän James Hathorn zwischen 1769 und 1774 zehnmal den Atlantik. 1774 sank sie während eines sehr heftigen Schneesturms vor der Küste von Lewis.
Die archäologische Untersuchung des Wracks erbrachte über 45. 000 Artefakte, darunter Hunderte Tonpfeifen die eigenartigerweise ausschließlich aus Holland stammten. Eigenartigerweise deshalb weil es doch anzunehmen wäre dass ein britisches Schiff, dessen Heimathafen Bristol ist, einheimische Ware transportiert.
1774 wurde mit der >Fair Lady< unter dem Kommando von Charles Sprainger die letzte Fracht an einheimischen Tonpfeifen nach New York verschifft. Zwischen 1775 und 1779 gab es keinen einheimischen Pfeifenhandel mit den nordamerikanischen Kolonien. Andere Waren dagegen wurden transportiert. Erst 1780 werden wieder 78 Boxen Tonpfeifen nach Amerika gesendet. Der Inhalt eine Box ist nicht genau bekannt, möglicherweise waren es 144 Pfeifen.

B.C. McVae schreibt dazu:

>Given the prolific production of tobacco pipes in Bristol it is surprising
that none of them were exported to the colonies in Severn. This likely represents
a conscious decision by the merchants loading the vessel to provide an
alternative to British goods which were increasingly falling out of favor in the colonies. Holland at this time was a major producer of white clay tobacco pipes, yet they were not commonly used in England but instead exported to the colonies. This makes it even more probable that these were consciously imported in order to provide colonial Americans with an alternative to British made pipes.<
Quelle des Zitats: siehe unten

Am 27.2.1772 wurden z. B. die Zollgebühren für 200 Gros (1 Gros = 144 Stk.) Tonpfeifen entrichtet. Eine stattliche Menge die da in die Kolonien verschifft wurde.

 

Bild 12: Tonpfeifen der Severn

Bild 13: Tonpfeifen der Severn

Bild 14: Maarling Marke

 

Eine Anzahl Pfeifen sind an der Ferse mit dem Stempel >GML< versehen, der Marke vom holländischen Pfeifenmacher Gerrit Maarling aus Gouda. G. Maarling und sein Markenzeichen GML wird erstmals 1769 in der Gilde der Pfeifenmacher erwähnt. Allerdings gab’s um das Jahr 1720 ebenfalls schon einen Gerrit Maarling 1727-1741, sein Zeichen war aber ein Bockskopf?.
Andere Pfeifen waren mit dem Stempel >Gouda< versehen, vermutlich handelt es sich hierbei um Massenware die nur mit der Herkunftsbezeichnung markiert wurde.

Quellen:
Marine Cultural and Historic Newsletter 3.10.2006
http://www.janmaat.de
De Nederlandse kleipijp: http://www.xs4all.nl/~kleipijp/kleipijp/index.html
>The Roosevelt Inlet Shipwreck< a Thesis by B.C. McVae A & M University Texas 2008
D.H. Duco: Merken van Goudse pijpenmakers 1660-1940
Bristol Clay Pipes von R.G. Jackson und R.H. Price Bristol City Museum Monograph Nr.1
Bild 12: http://www.delmarvaodyssey.com/barrier-islands.html
Bild 13: B.C. McVae
Bild 14: Dutch clay pipes from Gouda: http://www.goudapipes.nl/

Die >HMS SWAN< von Port Royal, Jamaika.

Wenn es im 17. Jahrhundert eine Stadt gab die als besonders verrucht verrufen war, so war es mit Sicherheit Port Royal, das Piratennest in der Karibik.
Am 7. Juni 1692 um 11.43 a.m. (dazu Anmerkung 1) zerstörte ein Erdbeben und ein nachfolgender Tsunami die Stadt fast vollständig. 2000 Menschen kamen dabei ums Leben, Aberhunderte wurden verletzt von denen noch viele an ihren Verwundungen starben.

Die >HMS Swan< wurde von dem gewaltigen Tsunami erfasst und mitten in das Gebäude 4 geworfen.

Bild 15 Lage der Swan im Haus 4

1693 wurde aus dem Wrack der HMS Swan von der Mannschaft der HMS Mordaunt die Kanonen und andere Gegenstände geborgen.
Die HMS Swan war ein Kriegschiff der 5. Rate. (Anmerkung 2) Die Analyse der noch erhaltenen Überreste des Schiffes ergaben dass die Swan ursprünglich ein holländisches Schiff war, es wurde 1672 von der Royal Navy erobert.
Von 1981 bis 1990 wurden die Überreste von Port Royal archäologisch untersucht, dabei wurden 21.575 Tonpfeifenfragmente geborgen.

Die Tonpfeifen der HMS Swan

Bild 16: Pfeife von James Abbot

Bild 16a: Marke von James Abbot

Bild 16b: Fersenkopfpfeife I A

Bild 16c: Stempel I A

Tonpfeifenkopf mit der Artefakt Nr. PR90 2074-3, gefunden wurde das Fragment einer Fersenpfeife am Achtersteven des Schiffes. Auf der rechten Seite ist eine Kartusche mit dem Namen des Herstellers: I-abbo-tt. Dies ist das Zeichen des Pfeifenmachers James Abbot aus Bristol. Der Durchmesser der Stielbohrung beträgt 6/64 Inch.
James Abbot war der Sohn von John Abbot, ebenfalls Pfeifenmacher in Bristol und Gründungsmitglied der Pfeifenmachergilde 1652. J. Abbot ging bei seinem Vater in die Lehre, seine Gewerbefreiheit erhielt er am 28. Februar 1676, er starb am 1. August 1718. Mit seiner Frau Katherine bildete J. Abbot auch andere Pfeifenmacher aus, so z.B. Richard Carter I, Philip Knell, James Stephens II und andere.
Pfeifen von James Abbot wurden z.B. auch in der Nominy Plantation, Virginia gefunden.
Zwei weitere Pfeifenköpfe waren mit dem Stempel IA markiert, möglicherweise das Zeichen von John Abbot.

Bild 17: unbekannter Hersteller

Bild 17a: unbekannter Hersteller Marke IS

Tonpfeifenkopf mit der Artefakt Nr. PR90 2074-11, gefunden wurde das Fragment einer
Fersenpfeife an der Backbordkante am Heck des Schiffes. Die rechtsseitig am Pfeifenkopf angebrachte Kartusche trägt das Zeichen IS. Der Bohrungsdurchmesser beträgt 6/64 Inch.
Die Markierung IS kann leider keinem bestimmten Pfeifenmacher aus Bristol zugewiesen werden. Dafür in Frage kämen Joseph Standford, aktiv von 1683-1722 und John Sinderling, letztmalig 1690 in den Listen der Pfeifenmachergilde Bristol verzeichnet. Allerdings fertigte er noch bis 1699 seine Pfeifen.
Warum ein Pfeifenmacher aus Bristol? Ein sicheres Merkmal zur Identifizierung einer Bristol Pfeife ist die Kartusche mit den Initialen des Herstellers an der rechten Seite des Pfeifenkopfes.
Pfeifen aus London z.B. tragen dagegen das Herstellersymbol an der Unterseite der Ferse bzw. am Boden des Pfeifenkopfes.

 

Bild 18: Robert William Pfeife

Bild 18a: Robert Williams Kartusche

 

Das Fragment einer Fersenpfeife mit den Initialen R-WILLI-AMS wurde am Heck, etwas seitlich an Steuerbord, gefunden. Die Artefaktnummer lautet PR90 2096-7. Der Durchmesser der Bohrung beträgt 5/64 Inch.
Die Pfeife wurde von Robert Williams I., Bristol hergestellt. R. Williams fertigte von 1685 bis 1714 seine Pfeifen. Der Lehrmeister von R. Williams war William Evans (I oder II)
Letztmalig wird er 1714 in den Listen der Pfeifenmachergilde Bristol erwähnt.
Das Datum 1714 das von Fox (Seite 293, siehe Quellenangabe) genannt wird ist allerdings etwas merkwürdig denn laut R.G. Jackson and R.H. Price Seite 79 wird Susanne die Gattin von R. Williams I. 1708 als Witwe verzeichnet. Diese Unklarheit kann ich mir nur so erklären dass Susanne Williams die Geschäfte ihres Mannes unter seinem Namen fortführte.

Bild 19: Pfeife von Dev Jones

Bild 19a: Kartusche Dev. Jones

 

Das Fragment einer Fersenpfeife wurde im sogenannten Steventotholz gefunden. Anmerkung 3
Die Kartusche auf der rechten Kopfseite trägt das Symbol für Devereaux Jones, einem Pfeifenmacher aus Bristol. Der Bohrungsdurchmesser beträgt 5/64 Inch.
Devereaux Jones I. fertigte seine Pfeifen von 1684-1713. Seine Lehrzeit verbrachte D. Jones bei Lluellin und Elizabeth Evans. Selber bildete er John Nicholas, John Burkeridge, Charles Stuckley und seinen Sohn Devereaux Jones II. zu Pfeifenmachern aus. D. Jones I. gehörte mit zu den Unterzeichnern des Mould Size Agreements der Pfeifenmachergilde Bristol. In diesem Dokument werden die Abmessungen der Tonpfeifen geregelt. 1712 wird er letztmalig in der Pfeifenmacherliste erwähnt.

Bild 20: Pfeife von Isaac Evans

Bild 20a: Kartusche von Jsaac Evans

Bild 20b: Pfeife von Isaac Evans

Bild 20c: Kartusche von Isaac Evans

Die Fersenpfeife mit der Artefaktnummer PR90 1054-1, gefunden auf dem Kiel am Steuerbordende vom Spanten 8. Von dort stammt auch das Pfeifenfragment mit der Nummer PR90 Lot 2074-16 (Bild 20b).
Die rechtseitig am Pfeifenkopf angebrachte Kartusche zeigt die Zeichen von Isaak Evans, Anker und Schild. I. Evans war ebenfalls ein Pfeifenmacher aus Bristol, und erlernte das Pfeifenmacherhandwerk bei seinem Vater William Evans, bei dem er auch in King Street in der Gemeinde St. Nicholas wohnte, ab 1696. Er bekam seine Freiheit am 10. Juli 1698. Am 18. April 1700 heiratete er Sarah Griffiths. Zusammen mit seiner Frau war er der Lehrmeister von Richard Brewer. 1710 wurde er Master of the Pipe Makers Company.
Es wird vermutet dass Evans mit dem Pfeifenmacher Robert Tippett II. zwischen den Jahre 1698 und 1713 eine Partnerschaft hatte.

Dem aufmerksamen Leser wird aufgefallen sein dass mit den Daten über Isaac Evans Unstimmigkeiten aufgetaucht sind. Wie wir wissen zerschellte die HMS Swan 1692, I. Evans ging aber erst ab 1696 in die Lehre. Seine Pfeifen können also nicht zeitgleich mit der Swan untergegangen sein. Möglicherweise wurde zu einem späteren Zeitpunkt eine Pfeife von ihm zufälligerweise genau in die Überreste der Swan geworfen.

 

 

 

Anmerkung 1
Eine Taschenuhr, gefertigt 1686 von Paul Blondel, wurde 1960 bei einer Unterwasser Ausgrabung in der Nähe von Fort James gefunden. Sie blieb exakt um diese Zeit stehen.

Anmerkung 2
Kriegsschiff 5. Rang: Eine Fregatte mit 32 bis 40 Kanonen unterschiedlichen Kalibers, 700-1450 ton und 250-300 Mann Besatzung.

Anmerkung 3
Schiffsteil zwischen Kiel und Achtersteven, engl. Deadwood

Quellen:
The Port Royal, Jamaica Earthquake and Tsunami of June 7, 1692. PDF Dokument
Port Royal http://en.wikipedia.org/wiki/Port_Royal
Royal Navy History Rating http://www.royal-navy.org/
Wikipedia englisch
>The Study and Analysis of the Kaolin Clay Tobacco Pipes Collection from the 17.th Century archaeological Site of Port Royal, Jamaica.<
A Thesis from Georgia Lynne Fox. A & M University Texas 1998 und BAR International Series 809, 1999.
R.G. Jackson and R.H. Price >Bristol Clay Pipes< Bristol City Museum Research Monograph No.1
Adrian Oswald: Sources of Port Royal Pipes. The Archaelogy of the Clay Tobacco Pipes.
VIII. Amerika, BAR International Series 175, 1983. Seite 255
D. Atkinson und A. Oswald: London Clay Pipes. Museum of London

 

Damit bin ich am Ende angelangt. Dem geduldigen Leser sei gedankt.