Dänemark - das Land der Pfeifenmacher
und Mekka jedes Pfeifenrauchers

Hans-Jürgen Rieger

 

Lars Cristensen
Poul Hansen
W.Ø. Larsen
Paul Olsen´s Tobaksblanderi
Tom Eltang
Former Nielsen
Lars Ivarsson

 

Die Urlaubsplanungen für das Jahr 2002 wurde von meiner Lebensgefährtin Sabine und mir im Vorfeld soweit eingegrenzt, daß der Urlaubsort problemlos innerhalb eines Tages mit dem Auto erreicht werden konnte und zudem die Möglichkeit geboten wird, die Gegend ohne größere Anstrengungen mit dem Fahrrad zu erkunden. Nachdem Zielorte in Deutschland sowie in den Nachbarländern Belgien, Niederlande, Luxemburg, Österreich, Schweiz und der komplette osteuropäische Teil von vornherein ausgeschlossen wurden, blieben zum Schluß noch Dänemark, Frankreich und Italien in der engeren Auswahl.

Durch Erfahrungen, Berichte und Hinweise von Freunden und Verwandten, fiel die endgültige Entscheidung schließlich auf Dänemark. Katalogstudien und Preisvergleiche gaben schließlich den Ausschlag für ein Ferienhaus im Norden der Insel Sjælland. Für einen Pfeifenverrückten wie mich begann nun die eigentliche Urlaubsplanung: das Auskundschaften von Anschriften und Adressen über Tabakgeschäfte und Pfeifenmacher. Mehrere Bekannte, die sich ebenfalls mit dem Thema Pfeife beschäftigen und bereits Dänemark-Erfahrung hatten, wurden per Mail angeschrieben, diverse Reiseberichte auf der Homepage von Daft wurden studiert und Literatur über dänische Pfeifenmacher wurde ebenfalls auf mögliche Hinweise untersucht. Das Ergebnis war eine Liste mit Namen und Adressen auf Sjælland, die, hätte ich jede Adresse aufsuchen wollen, einen Aufenthalt von mehr als den geplanten zwei Wochen nach sich gezogen hätte - schließlich war Urlaub die Überschrift des Ganzen und nicht Pipehunting und somit ein vorprogrammierter Streit mit Sabine:
Jørn Larsen in Toreby, Former in Toksværd, Peder Jeppesen in Lejre, Lars Ivarsson in Nykøbing, Lars Christensen in Vig, Karl Erik in Roskilde, Jess Chonowitsch in Haslev, Stanwell in Borup, Georg Jensen in Lille Skensved, Tom Eltang in Taarbæk, Bjørn Thurmann in Brønshøj, Søren Refbjerg Rasmussen in Søborg sowie Manduela und Bang in København lauteten die Namen der Pfeifenmacher bzw. -in. Die Liste der Tabakgeschäfte enthielt in etwa eine gleiche Anzahl an Anschriften. Ich hatte also die Qual der Wahl und entschied mich für zufällige Besuche, falls einer der Orte beim geplanten Sightseeing auf dem Weg lag.

Da Nykøbing die nächstgrößere Stadt im Umkreis des Urlaubsortes Overby auf Sjællands Odde war und somit auch für die Einkäufe des täglichen Bedarfes angefahren werden musste, stand zunächst ein Besuch bei Lars Ivarsson auf dem Programm. Leider war sofort der erste Versuch einen Peifenmacher zu besuchen ein Reinfall, da das Haus mit der Nummer 18 in Nykøbing´s Skovvej nicht existierte.

Der nächste Versuch sollte bei Lars Christensen in Vig sein, da in dem kleinen Ort jeden Mittwoch und Samstag ein größerer Flohmarkt stattfindet. Lars ist der Macher der recht bekannten Norup Pipes, die Ende der 90er Jahre im Katalog von DanPipe zu sehen waren.

Dieses Mal hatte ich Glück und traf Lars in seiner Werkstatt im Mejerivvej 6 an. Begonnen hat er als nebenberuflicher Pfeifenmacher für Anne Julie. Interessant war zu erfahren, daß die Pfeifenmacher von Anne Julie Rasmussen die Ebauchons geliefert bekamen und umgerechnet 20,- Euro pro fertige Pfeife erhielten, die abschließend von Anne Julie nur noch gestempelt wurde.

 

Selbst der rot-weiße Punkt wurde von den jeweiligen Pfeifenmachern in das Mundstück eingelassen. Ein Kontrakt mit Otto Kopp wurde nach kurzer Zeit wieder aufgelöst, da Lars mehr Pfeifen produzierte, als Kopp verkaufen konnte. Lars ist mittlerweile Rentner und macht nur noch sehr wenige Pfeifen in seiner recht großen und gut ausgestatteten Werkstatt.

 

 

 

 

 

 

Da sein großes Hobby die Jagd ist, hat er sich mehr auf die Fertigstellung von Jagdmessern verlegt, die er auf jeweiligen Kundenwunsch innerhalb einer Woche mit Griffschalen aus unterschiedlichen Holzarten oder Walroßzahn versieht. Zum standesgemäßen Schneiden von Plugs, Twists und Ropes gab ich bei Lars ein Jagdmesser mit einer Griffschale aus Bruyère in Auftrag. Hierfür wurde von ihm extra ein Kantel aus Plateauholz aufgeschnitten. Ich war schon mächtig auf das Ergebnis gespannt und wir verabredeten uns erneut für einen Termin eine Woche später.

Von Lars Christensen erfuhr ich außerdem, daß meine Adressangabe von Lars Ivarsson insoweit falsch war, da nicht Nykøbing der Wohnort ist, sondern Gelstrup. Die Straße und Hausnummer waren korrekt. Da Gelstrup nur 10 km von Vig entfernt ist und ich ja erneut dorthin mußte, um das fertige Messer abzuholen, wurde der Name Lars Ivarsson wieder auf die Liste gesetzt. Lars bot sich an, den Kontakt herzustellen. Ebenfalls legte er mir einen Besuch bei Former ans Herz, da Lars von dessen Arbeit sehr viel hält und die beiden sich auch privat sehr gut kennen. Noch während ich bei ihm in der Werkstatt war, rief er bei beiden Pfeifenmachern an und fragte nach der Möglichkeit eines Besuches. Bei beiden war die Antwort positiv. Ich sollte mich vorher jedoch kurz telefonisch anmelden. Lars Christensen überließ mir die Telefonnummern der zwei Pfeifenmacher und wir verabredeten uns für einen Tag in der darauffolgenden Woche, um das fertige Jagdmesser abzuholen.

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Die nächste Möglichkeit in Sachen Pfeife und Tabak tätig zu werden, ergab sich bei einer Tagestour in Dänemarks Hauptstadt København. Zwischen Sabine und mir wurde eine Vereinbarung getroffen, daß die erste Hälfte des Tages zur freien Verfügung jedes einzelnen steht, während die zweite Hälfte zum gemeinsamen Bummel genutzt werden sollte. Dank der Fotos im gerade noch rechtzeitig vor der Abfahrt aus Deutschland erschienenen neuen Ausgabe des Smokers Club, konnte ich meine Lebensgefährtin ohne Probleme davon überzeugen, daß der Rückweg nach Overby am späten Nachmittag mit einem kurzen Abstecher nach Taarbæk und einem damit verbundenen Besuch bei Tom Eltang stattfinden könnte. Da die Entfernung von Overby nach København nur knapp 100 km beträgt und wir recht früh losgefahren sind, hatten wir keinerlei Probleme ein zentral gelegenes Parkhaus im Westen der City zu finden. Nachdem wir einen gemeinsamen Treffpunkt für die Mittagszeit vereinbart hatten, trennten wir uns bereits am Parkhaus.

Die erste Adresse für mich war die Fiolstræde 42. Dort sollte sich der Pfeifenladen Thurmann Piber befinden. Diesmal fand ich auch die angegeben Adresse, aber leider gab es den Pfeifenladen nicht mehr. Also weiter in die Skt. Peders Stræde 47 zu Merskum Gallerient. Auch hier hat nicht nur der Besitzer, sondern auch das Angebot gewechselt. Erneut Fehlanzeige. Die nächst Adresse auf meinen Spickzettel: Studiestræde 40. Hier sollte sich die Pfeifenmacherin Manduela Riger-Kursk einen kleinen Verkaufsraum eingerichtet haben. Durch das Schaufenster des Ladengeschäftes konnte ich allerdings bereits erkennen, daß ich auch hier zu spät kam. So langsam machte sich Frust bei mir breit. Gespannt machte ich mich auf den Weg Richtung Strøget. Sollten auch die alt eingesessenen Tabak- und Pfeifengeschäfte auf Københavns Flaniermeile mittlerweile ihre Pforten geschlossen haben? Über die Norregade stieß ich auf die bekannte Haupteinkaufsstraße. Links von mir sollte sich in der Nygade 4 das Ladengeschäft "Center of Danish Pipes" befinden, rechter Hand, in der Frederiksberggade 36, das Geschäft von Poul Hansen liegen.

Um es kurz zu machen: Das Pfeifengeschäft in der Nygade existiert ebenfalls nicht mehr, aber im Laden von Poul Hansen fand ich endlich, wonach ich mittlerweile über eine halbe Stunde gesucht hatte. Empfangen wurde ich dort von einem älteren Herrn, der sehr gut deutsch sprach und mir, nachdem ich ihm erklärte, daß ich mich sowohl für Pfeifen als auch für Tabak interessieren würde, zunächst mal die gesamte Palette an Paul Olsen´s My own blend Tabaken vorstellte. Hinter der Verkaufstheke waren aber auch etliche Dosen anderer Hersteller zu finden. Manche Tabak waren mir unbekannt - weil sie in Deutschland nicht erhältlich sind. Viele Dosen wurden geöffnet, beschnuppert und wieder geschlossen.

Nicht ins Regal zurücklegt wurden die Sorten, die auf meinem Einkaufszettel für Freunde und zum persönlichen Verbrauch standen: Eine Triebtäterpackung Orlik Golden Sliced, zwei Dosen Kong Frederik IX´s Full Mixture und alle verfügbaren Dosen Capstan Navy Cut Full.

Nachdem der Tabak abgehandelt war, wendete ich mich den Pfeifen zu. Das Sortiment würde ich als Standard beschreiben. Von Stanwell über Karl Erik, Crown und Georg Jensen bis zu Savinelli war alles vertreten, was in die Kategorie unteres bis mittleres Preissegment gehört. Auf dänische Handmades angesprochen, zog der nette ältere Herr nach und nach mehrere Schubläden unter der Ladentheke hervor. In jeder Schublade befanden sich jeweils etwa 5 bis 12 Pfeifen nach Hersteller geordnet.

Es gab eine Schublade mit Handmades von Erik Nørding, eine mit Pfeifen von Tom Eltang, ein Schublade mit Stücken von Tao Nielsen und eine weitere mit älteren Poul Ilsted Pipen. Mit Interesse sah ich mir die Stücke von Tao und Ilsted genauer an. Da ich zu diesem Zeitpunkt nicht wußte, was der weitere Verlauf des Tages noch an schönen Pfeifen bringen würde, beließ ich es bei einer oberflächlichen Preisverhandlung, bedankte mich für das nette Fachgespräch und verließ den Laden mit den erstandenen Tabakdosen in Richtung Amagertorv 9 zu W.Ø. Larsen. Das Angebot von Poul Hansen (Inh. Steffen Nielsen) kann man sich auch unter http://www.danishpipeshop.com ansehen.

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W.Ø. Larsen

Das Geschäft mit der bekannten schönen Fassade ist in zwei Etagen unterteilt. Durch die Eingangstür gelangt man in einen relativ steril gehaltenen Verkaufsraum. Linker Hand befindet sich die Ladentheke mit Kasse und dahinterliegendem Tabakregal. In diesem Tabakregal befinden sich sowohl die unterschiedlichen W.Ø. Larsen Tabake als auch (fast) alle sonstigen in Dänemark erhältlichen Tabaksorten. Daran schließt sich eine Art Mischabteilung an. Mein erster Eindruck dieser Mischbatterie war, daß hier nichtrauchenden Touristen die Möglichkeit geboten wird, ihren Bekannten und Verwandten eine eigene Tabakmischung als Urlaubsandenken mitzubringen.

Rechter Hand befinden sich zwei Vitrinen mit den hochwertigen W.Ø. Larsen Straight Grain Pfeifen sowie mehrere Wände voller Pfeifen diverser Serienhersteller. Nachdem ich mir einen flüchtigen Überblick über das Tabaksortiment und die Pfeifen an den Wänden verschaffen hatte, blieb ich vor den Vitrinen stehen. Auf einer Preisliste waren die Preise für jedes Grading aus der Straight Grain Reihe ersichtlich. Wie nicht anders zu erwarten, waren die Vitrinen verschlossen. Also bat ich eine junge Angestellte, den Schlüssel zu holen und mir ein paar der Pfeifen zu zeigen.

Ich muß gestehen, daß ich im ersten Moment schon etwas Ehrfurcht hatte, als ich erstmals eine Pearl und eine SG 10 in den Händen hielt. Bei näherer Betrachtung legte sich dies allerdings, da ich feststellen mußte, daß diese beiden Pfeifen nicht das hielten, was in der Literatur aus ihnen gemacht wird. Die Preise für die beiden Pfeifen lagen in etwa in einem Bereich, in dem ich sie zwar erwartet hatte, aber den ich nun nicht mehr bereit gewesen wäre, dafür auszugeben: während die Pearl etwa 900,- Euro kosten sollte, lag die SG 10 bei knapp 530,- Euro. Auch die übrigen Pfeifen aus der SG-Reihe schienen mir, gemessen an den Tao´s und Ilsted´s bei Poul Hansen, doch ein wenig überteuert, die Sandgestrahlten beginnen bei 135,- Euro und pro Grade (F-10) kommen dann jeweils ca. 40,- Euro dazu. Also ließ ich die Pfeifen wieder zurücklegen und begab mich eine Treppe tiefer.

Dort befindet sich das bekannte W.Ø. Larsen Museum. Wer jedoch wie ich, eine Steigerung des Pfeifen- und Tabakmuseums in Niederaußem erwartet, wird auch hier enttäuscht. Außer ein paar Glasschränken und Vitrinen mit unterschiedlichen Modellen von Bruyèreholz-, Ton- und Meerschaumpfeifen, diversen Tabakschnittarten und älteren Gerätschaften zum Schneiden von Tabak, enthält das Museum nichts, was besonders erwähnenswert erscheint. Da wird sogar dem Besucher des sich noch im Aufbau befindlichen Museums von Quaedvlieg in Euskirchen bedeutend mehr geboten.

Meine Enttäuschung bei W.Ø. Larsen wurde dann jedoch durch eine nette Unterhaltung an der Ladentheke etwas gelindert. Ein junger Verkäufer öffnete mir mehrere Dosen der W.Ø. Larsen Master´s Blend Reihe und empfahl mir, nachdem ich ihm meine sonstigen Vorlieben nannte, zwei dieser sowie noch drei andere Sorten, die ich dankend in Empfang nahm. Erfreulich war auch zu erfahren, daß W.Ø. Larsen einzelne Dosen nach Deutschland verschickt. Während des Gespräches mit dem Mitarbeiter von W.Ø. Larsen kam Sabine überraschend in das Geschäft, da ihre Shopping-Tour ebenfalls über den Amagertorv führte und sich mich dort vermutete - weibliche Intuition. Da meine nächste Anlaufstation etwas abseits des Strøget lag, beschlossen wir, den für den Nachmittag geplanten gemeinsamen Bummel durch die City von København bereits jetzt zu beginnen.

An den Sehenswürdigkeiten der Innenstadt sowie einigen Kaufhäusern und netten Cafes vorbei führte unser Weg in die Christian IX´s Gade 5 zu Paul Olsen´s Tobaksblanderi. Dort herrschte eine ganz andere Atmosphäre als in dem Touristenladen am Amagertorv. Die Wände und Schaufensterauslagen waren voll mit Pfeifen von Nørding, Stanwell, Georg Jensen, Karl Erik, Crown, Bjarne und Savinelli. Die Aufmachung der Preisschilder ließ fast auf Schlußverkauf schließen. Von einem pfeiferauchenden Mitarbeiter wurde ich freundlich empfangen. Da mir die My own Blend Tabake bereits bei Poul Hansen vorgestellt wurden, interessierte ich mich fast ausschließlich für die Pfeifen. Auf Anfrage wurden mir dänische und italienische Handmades ohne Filterbohrung vorgelegt. Neben recht schönen Stücken von Bjarne und der Paul Olsen Eigenmarke (die meisten waren eindeutig von Winslow hergestellt) haben mir vor allem einige Winslow-Bamboo Modelle recht gut gefallen. Als ich mich schon fast wieder verabschieden wollte, fiel mein Blick auf sechs separat ausgestellte Stanwell Unique Modelle.

Fünf dieser Top-Pfeifen waren in rötlichem Ton und lagen ursprünglich bei 1598,- dänischen Kronen (ca. 215,- Euro). Eine war in heller Ausführung und sollte 1998,- dänische Kronen (ca. 270,- Euro) kosten. Für jedes Tor, daß die dänische Fußballnationalmannschaft während der WM 2002 in Japan und Südkorea erzielen würde, sollte der Preis um 100,- dänische Kronen (ca. 13,50 Euro) reduziert werden. Da die Dänen zum Zeitpunkt meines Besuches fünf Tore erzielt hatten und bereits ausgeschieden waren, brauchte ich kein Risiko einzugehen und konnte den Mitarbeiter von Paul Olsen überzeugen, mir statt dessen pro Tor einen 10%igen Rabatt zu gewähren. Da er nach Rücksprache mit seinem Chef auf meinen Vorschlag einging, konnte ich nicht widerstehen und mußte die helle Stanwell Unique (Shape 32) für 999,- dänische Kronen (ca. 135,- Euro) befreien. Die Nachfrage nach einer möglichen Tabaklieferung nach Deutschland ergab, daß man bei einer Mindestabnahmemenge von 10 Dosen je Sorte bereit wäre nach Deutschland zu liefern.

Da der Nachmittag bereits fortgeschritten war und uns die Füße weh taten, begaben wir uns langsam auf den Rückweg zum Auto. Bei einer kurzen Snack- und Kaffeepause beratschlagten wir, was mit dem Rest des Tages bis zur Rückfahrt noch anzustellen sei. Sabine schlug vor, nach dem Besuch bei Tom Eltang noch einmal nach København zurückzukehren, um das Nachtleben kennenzulernen. Statt dessen sollte der Besuch bei Tom ein wenig früher stattfinden. Ein kurzer Anruf bei ihm ergab jedoch, daß er noch nicht in seiner Werkstatt in Taarbæk war, sondern sich ebenfalls in København aufhielt. Wir verabredeten uns für etwa zwei Stunden später. Ein Versuch, diese Zeit durch einen Besuch bei Bang zu überbrücken mißlang leider, da die Herren Noltensmeier und Hansen nicht bereit waren Überminuten zu machen sondern pünktlich wie die Beamten ihre Werkstatt um 16.00 Uhr abschließen wollten. Also wurden noch ein paar Geschäfte aufgesucht, einige Tassen Kaffee getrunken sowie Touristen aus allen Teilen der Welt beobachtet, bevor wir uns zum Auto begaben und die kurze Entfernung nach Taarbæk zurücklegten.

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Tom Eltangs Werkstatt befindet sich in dem kleinen Fischerort Taarbæk. Dieser liegt knapp 20 Kilometer nördlich von Københavns Innenstadt. Die Werkstatt ist nicht zu verfehlen, da sie sich in einer alten, gelb gestrichenen Fischerhütte befindet, die direkt an der Hauptstraße des Ortes liegt. Nach der Begrüßung erzählte Tom uns in perfektem Deutsch, daß die Fischer des Dorfes früher in dieser Hütte ihre Netze geflickt hätten. Leider soll die Hütte, die sowohl als Holzlager wie auch als Werkstatt dient, in absehbarer Zeit abgerissen werden und er muß sich für seine Utensilien eine neue Unterkunft bauen. Einen Platz dafür hat er in Taarbæk jedoch schon gefunden.

Tom Eltang hat vor mehr als 25 Jahren angefangen Pfeifen zu machen. Seine ersten Sporen verdiente er sich - wie so viele andere auch - bei Anne Julie. Nach etwas mehr als drei Jahren wechselte er als Reparateur und Designer zu Stanwell. Trotz seiner seit 1980 bestehenden Selbständigkeit, wurde der Kontakt zu Stanwell nie abgebrochen. Neben der Fertigung von knapp 250 eigenen Pfeifen pro Jahr, entwirft er auch heute noch Shapes für das Unternehmen im Süden von København.


Recht schnell kamen wir auf den gerade erschienen Artikel im Smokers Club 2/2002 und die darin abgebildeten Pfeifen des 7-Tage-Sets zu sprechen. Ein leichtes Kopfschütteln war ihm schon anzumerken, als er berichtete, daß dieses Set den Mann aus den Staaten etwas mehr als 25.000,- Euro gekostet hat. Allerdings waren bei diesem Set auch mehrere mit einer Schnecke gravierte Pfeifen dabei. Diese Schnecke bekommen bei Tom Eltang nur die absoluten Topstücke. Auf die Frage, ob man als Pfeifenmacher eine vierköpfige Familie ernähren könnte, erwiderte Tom lachend, daß die Verdienstmöglichkeiten für Pfeifenmacher noch nie so gut wie in den letzten Jahren waren. Er selber z.B. sei für die nächsten zwei Jahre bereits ausgebucht. Der Hauptabsatz findet in Amerika, Japan, Dänemark und Deutschland statt. In Deutschland hat er zwar keinen Importeur und verkauft seine Pfeifen direkt, allerdings gibt es nur eine Adresse in unserer Heimat, wo man Pfeifen von Tom Eltang erwerben kann: Peter Heinrichs in Köln bzw. Niederaußem.
Neugierig fragte ich nach seinen aktuellen Pfeifen. Tom öffnete zwei Schatullen und zeigte uns seine momentan in Arbeit befindlichen Stücke. Es waren Pfeifen mit unterschiedlichsten Formen in verschiedenen Stadien der Fertigstellung. Neben fertigen glatten und sandgestrahlten Pfeifen lagen ein paar glatte Stücke mit schwarzer Oberflächenbehandlung. Daraus entstehen in mehreren Arbeitsgängen Pfeifen mit dem bekannten "Golden Contrast" Finish, wie er bereits bei den fertigen glatten Pfeifen zu bewundern ist. Vor allem bei den bei ihm ungewöhnlich häufig vorkommenden Pfeifen mit Birds eyes-Maserung, wirkt dieses Finish, für das Tom Eltang bekannt ist, ausgesprochen edel. Selbst die unfertigen Pfeifen ließen erahnen, welche Schönheiten, nach einigen weiteren Arbeitsgängen, aus ihnen entstehen würden. Dieser Pfeifenmacher kann sich zu Recht zu den Top-Ten der Branche zählen. Die Kundschaft von PH kann sich freuen.

Tom erwähnte, daß er meistens erst abends ab 20.00 Uhr mit der Pfeifenherstellung beginnen und frühestens gegen 3.00 Uhr nachts aufhören würde. Um diese Zeit hätte er die nötige Ruhe zum Arbeiten. Der Rest des Tages wird fürs Familienleben und die Fischerei genutzt. Zum Abschluß lud uns Tom noch zu einer Hafenrundfahrt in seinem Boot ein. So lernten wir Taarbæk auch von der Øresund-Seite her kennen.

Alles in allem kann ich sagen, daß Tom Eltang ein Pfundskerl ist und mit gerade mal Anfang 40 meiner Meinung nach der kommende Mann in Sachen "Handmade in Denmark" sein wird. Die Zeit, in der er als Geheimtip für hochwertige Pfeifen galt, ist auf jeden Fall längst vorbei. Zum Glück sind seine Preisvorstellungen, von dem erwähnten 7-Tage-Set einmal abgesehen, noch relativ normal geblieben. Die Preise für seine Pfeifen enden ungefähr dort, wo vergleichbare Freehander mit ihren Preisen erst beginnen.

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Former Nielsen

Da zu Beginn der 2. Urlaubswoche das bis dahin recht schöne Wetter etwas wechselhaft wurde, suchten Sabine und ich nach Alternativen zum Radfahren und Spazierengehen. Eine kleine Broschüre über Sjælland enthielt einen kurzen und knappen Hinweis auf den Ferienpark "BonBon-Land" in Holme Olstrup. Da mir bei Holme Olstrup sofort die Möglichkeit eines Besuches bei Hans "Former" Nielsen in Toksværd und bei Jess Chonowitsch in Haslev einfiel, stimmte ich völlig uneigennützig einem Besuch dieser angeblich dänischen Antwort auf das Disneyland zu. Nachdem ich mein Vorhaben jedoch bekanntgegeben hatte, wurde mir vom Vorstand leider nur ein Besuchstermin gestattet - that´s life. Da ich von beiden Pfeifenmachern bereits jeweils fünf Pfeifen besitze und daher weder von Former noch von Chonowitsch jun. unbedingt eine weitere haben mußte, ließ ich mich von der besonderen Empfehlung von Lars Christensen leiten und vereinbarte einen Termin in der Pibemageri von Hans J. Nielsen in Toksværd. Bereits beim Telefonat wurde ich darauf hingewiesen, daß er mit Former und nicht mit Herr Nielsen angesprochen werden möchte. Bei unserem Besuch erzählte uns Former dann, daß er diesen Spitznamen bereits als Kind erhielt und eine Abwandlung des Namens des Schauspielers Georg Formby darstellt, mit dem Hans J. Nielsen früher eine gewisse Ähnlichkeit gehabt muß.
Die Pipemageri ist sehr leicht zu finden, da sie direkt an der Hauptstraße von Toksværd liegt. Vor der Eingangstür lagern mehrere luftdurchlässige Säcke mit Bruyèrekanteln. Der Empfang von Former und seiner Frau Daniela war sehr herzlich. Da beide perfekt Deutsch sprechen, war die Verständigung kein Problem. Die Werkstatt ist zwar recht groß, aber jeder m² mit Regalen, Maschinen, Handarbeitsplätzen und Lagerkisten für Bruyèreholz ausgenutzt. Die Arbeit teilen Former und Daniela sich auf. Während Former für den mechanischen und formgebenden Teil verantwortlich ist, werden die evtl. notwendigen Ausbesserungsarbeiten (Kitt bei günstigen Serienpfeifen, die in manchen Pfeifenläden als Hausmarke angeboten werden und eine Mischung aus Bruyèrestaub und 2-Komponenten-Klebstoff bei den mit Bentley oder Former gestempelten Pfeifen), die Oberflächenbehandlung und das Anbringen von Holmapplikationen von seiner Frau vorgenommen.

Obwohl die beiden insgesamt etwa 1500 Serienpfeifen (Hausmarken und Bentley) und ca. 250 Former-Pfeifen pro Jahr herstellen, konnten mir nur drei komplett fertige Pfeifen gezeigt werden. Als Begründung nannte Former eine gerade in die Staaten versendete größere Kollektion. Die drei erwähnten Pfeifen waren alle mit Filterbohrung und für die Tabakmesse in Dortmund vorgesehen.


Auf zwei Vorrichtungen präsentierte uns Former eine Auswahl an halbfertigen sandgestrahlten und glatten Handmades bzw. Freehands, die allerdings ebenfalls für eine Pipe-Show in Amerika vorgesehen waren. Einen Kauf direkt an deutsche Interessenten kann aufgrund seines Vertrages mit dem deutschen Importeur Charles Fairmorn nicht stattfinden. Man kann sich zwar vor Ort eine Pfeife aussuchen, die Abwicklung findet jedoch über den deutschen Fachhandel statt.

Auf das Thema Amerika und Pipe-Shows angesprochen, gab Former unumwunden zu, daß der amerikanische Markt für die Pfeifenmacher lukrativer sei. Allerdings zeigte er sich auch ein wenig frustriert, weil auf der Pipe-Show in Chicago mehrere neue Pfeifenmacher versucht haben, durch Dumpingpreise auf den Markt zu kommen. Ein wenig Ironie war ihm schon anzumerken, als er von dem alljährlichen Treffen in Chicago erzählte. Der ebenfalls anwesende Jess Chonowitsch und Former hätten sich ungläubig angesehen, als einige Anwesende sich mit "seit zwei Jahren Pfeifenmacher" vorgestellt hätten. Former vertritt die Ansicht, daß man sich mit so kurzer Erfahrung noch längst nicht Pfeifenmacher nennen könnte. Die Begabung wollte er dem einen oder anderen Neuling in der Szene gar nicht absprechen, aber nach seiner Meinung fehlt es bei fast allen an handwerklicher Präzision, dem richtigen Gefühl für den Werkstoff und für das entstehende Objekt und vor allem an Beständigkeit. Diese Eigenschaften kann man dem mittlerweile seit 47 Jahren in dem Geschäft tätigen Hans Jonny Nielsen mit Sicherheit nicht absprechen.
Mit dem Pfeifenmachen begonnen hat er 1955 als 15-jähriger. Zunächst war er zwei Jahre als Reparateur für Poul Rasmussen in København tätig. Anschließend begann er eine Ausbildung als Werkzeugmacher und arbeitete nebenbei mit Sven Knudsen zusammen, der seine Stelle als Pfeifenmacher bei W.Ø. Larsen aufgegeben hatte und unter eigenem Namen Pfeifen fertigte. Nach seiner Ausbildung absolvierte Former seinen Militärdienst und ging anschließend erneut auf Jobsuche. Dank der Unterstützung von Poul Rasmussen wurde er 1962 von Svend Bang, dem damaligen Betriebsleiter von W.Ø. Larsen, als professioneller Pfeifenmacher eingestellt. Insgesamt war Former 10 Jahre bei Larsen beschäftigt. Während dieser Zeit stieg er recht schnell die Kariereleiter auf und wurde recht schnell Werkstattleiter. Während seiner Zeit bei Larsen war er für die Qualität und die Grades der Pfeifen sowie für die Ausbildung von jungen Pfeifenmachern verantwortlich. Er arbeitete mit Leuten wie Teddy Knudsen, Poul Ilsted, Tonni Nielsen, Ph. Vigen und Jess Chonowitsch zusammen. Ebenso begann er während dieser Zeit eine eigene Werkstatt aufzubauen. Der Durchbruch als selbständiger Pfeifenmacher gelang ihm, als er Vater und Sohn Chonowitsch bei der Erfüllung von Nachfragen aus Japan nach dänischen Handmades unterstützte. Das Interesse der Japaner an Former-Pfeifen wurde so groß, daß er den Job bei W.Ø. Larsen aufgab und nur noch unter eigenem Namen Pfeifen herstellte. Auch in Deutschland und Amerika wurde man recht schnell auf den neuen Mann aus Dänemark aufmerksam. Innerhalb von drei Jahren war Former völlig ausgebucht und konnte die Aufträge nur noch mit längeren Lieferzeiten erfüllen.
1986 bekam er von Horst Wiethüchter das Angebot, als Betriebsleiter die alte Pfeifenfabrik Bru-Bru in der Schweiz zu modernisieren um dort zukünftig in Serie High-grade Pfeifen herzustellen. Daraus entwickelte sich die Marke Bentley. Das Gastspiel in der Schweiz dauerte bis 1991. Während dieser Zeit lernte Former seine Frau Daniela kennen. Auch Daniela ist in Sachen Pfeifen vorbelastet, da ihr Vater in der Schweiz als Importeur für Tabak und Pfeifen tätig war. U.a. wurde von ihm die Marke Charatan in der Schweiz eingeführt. Aus dieser Zeit stammen noch einige hochwertige Charatan-Pfeifen, die etwas lieblos, zusammen mit ein paar älteren Preben Holm Estates, in einem Karton in der Werkstatt in Toksværd aufbewahrt werden. Einiger dieser alten Schätzchen waren nur für Vorführungen bestimmt, da sie neben den normalen Charatan Grades noch den Zusatz "not for sale" haben. Former sagte uns mit einem Lächeln, daß er diese Pfeifen in den nächsten Jahren nach und nach aufarbeiten wolle und falls er Geld nötig hätte, über eBay versteigern würde.
Das Engagement in der Schweiz dauerte bis 1991. Anschließend wechselte die Familie Nielsen nach Lauenburg, Deutschland. Dort wurden in den Räumlichkeiten, die mittlerweile von Dan Pipe als Lager- und Verkaufsräume genutzt werden, sowohl Bentley-Pfeifen als auch Former-Pfeifen hergestellt. Nach weiteren 5 Jahren außerhalb Dänemarks entschlossen sich Former und Daniela 1997 mitsamt der Werkstatteinrichtung endgültig nach Dänemark zurückzukehren. Die Kontakte nach Lauenburg sind jedoch nie abgebrochen. So ist Former einer der ersten, bei dem der Tabakmeister von DTM, Herr Westphal, Kritik über einen neuen Tabak einholt.
Nachdem Former uns seinen Lebenslauf ausführlich geschildert hatte, zeigte er uns noch den Werdegang einer Pfeife vom Aussuchen des Holzes bis zur Übergabe an seine Frau Daniela zur weiteren Bearbeitung. In einem an die Werkstatt angrenzenden Raum sind mehrere Gitterboxen mit Bruyère-Kanteln untergebracht. Diese Gitterboxen sind getrennt nach Plateau- und Maschinenware. Mit einer Lehre sucht Former aus der Gitterbox mit der Maschinenware die passenden Kanteln für das geplante Bentley-Modell aus. Falls ihm hierbei eine Kantel auffällt, aus der aufgrund der Maserung evtl. auch eine Former-Pfeife werden könnte, wird dieser zur Seite gelegt. Zwei seiner Vorstellung entsprechenden Kanteln werden anschließend in eine Kopierfräse gespannt und nach einer Ursprungsform bearbeitet.

Dabei tastet die auf dem Foto in der Mitte der Kopierfräse zu sehende Scheibe das "Ursprungsmodell" ab und fräst so die beiden Kanteln rechts und links davon genau entsprechend. Das andere Foto zeigt die verschiedenen Aufnahmen für die unterschiedlichen Ursprungsformen.
Die Plateau-Ware ist für die Former-Pfeifen vorgesehen. Hierbei unterscheidet Hans J. Nielsen zwischen den Former Handmade und den Former Freehand. Entsprechend sind die Pfeifen auch gestempelt. Während die Handmades eher klassisch ausgelegt sind und an der Drehbank gefertigt werden, bekommen die Freehands ihre Form an der Schleifscheibe.

Die weitere Bearbeitung der Pfeifen ist jedoch identisch. Sowohl die Hausmarken und die Bentley-Pfeifen als auch die Handmades und Freehands werden mit einer Genauigkeit im Bezug auf Passung, Bohrung etc. weiterverarbeitet, die ihres Gleichen sucht. Während andere Pfeifenmacher größeren Wert auf Form und Maserung legen, steht bei Former die Verarbeitungsqualität an erster Stelle. Diesbezüglich ist Former völlig kompromißlos. Falls hierbei eine Pfeife entsteht, die auch eine perfekte Maserung aufweist, kann sie bis zu 1500,- Euro kosten. Hans J. Nielsen berichtet uns, daß die bisher teuerste Former zu eben diesem Preis während einer Vorführung in einem Pfeifengeschäft in Ulm verkauft wurde.
Insgesamt vergingen die drei Stunden bei Former wie im Flug. Während des Besuches konnten wir feststellen, daß Hans J. Nielsen nicht nur als Pfeifenmacher einer der Besten (meiner Meinung nach, kann man ihn zu den Top-Five der Pfeifenmacherwelt zählen) seiner Branche ist, sondern auch im Bezug auf Fußball eine Menge versteht. Einheitlicher Meinung waren wir, daß die deutsche Nationalmannschaft nur durch Glück das Spiel gegen die USA gewonnen hatte und es eine Schande wäre, wenn man mit dieser Spielweise Weltmeister würde. Sein damaliger Tipp war Brasilien. Dies hat sich ja auch einige Tage später bewahrheitet.

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Da sich unser Urlaub leider immer mehr dem Ende näherte, mußte ich natürlich auch noch einmal den Weg nach Vig zu Lars Christensen antreten, um das in Auftrag gegebene Jagdmesser abzuholen. Vom Ergebnis war ich mehr als begeistert. Der Schaft aus Bruyère-Holz hatte eine Maserung, wie sie bei Pfeifen nicht sehr häufig und wenn, dann nur zu recht hohen Preisen, vorkommt. Lars zeigte mir noch Fotos einer Afrika-Safari, an der er teilgenommen hatte und bei der er mit einem ähnlichen Messer das geschossene Wild aufgebrochen hatte. Während ich von den Pfeifenköpfen, die in Lars Christensens Werkstatt zu sehen waren, nicht sonderlich begeistert war, kann ich die von ihm gefertigten Jagdmesser allen wärmstens ans Herz legen, die sich für so etwas interessieren.

Wie bereits erwähnt, wollte ich die Abholung des Messers mit einem Abstecher nach Gelstrup zu Lars Ivarsson verbinden. Ein kurzer Anruf ergab, daß ich ohne Probleme bei ihm vorbei schauen könnte. Obwohl der Skovvej in Gelstrup sehr leicht zu finden war, mußte ich mehrmals anhalten und nachfragen, bis ich die Sackgasse gefunden hatte, in der das Anwesen von Lars Ivarsson liegt. Ähnlich wie bei Tom Eltang liegt das Haus und die Werkstatt von Lars unweit vom Wasser. Allerdings ist bei Lars Ivarsson die Zahl der Nachbarn bedeutend geringer. Ich wurde von Lars Jagdhund begrüßt, der aufmerksam das Grundstück bewachte.

Lars selber traf ich in seiner kleinen Werkstatt an. Durch ein kleines Mißgeschick hatte er sich vor ein paar Wochen den Fuß gebrochen und konnte sich nur mit einem Gehgips fortbewegen. Seine Beweglichkeit war hierdurch jedoch kaum eingeschränkt, denn er beschäftigte sich während der gesamten Besuchszeit mit der Bearbeitung eines Pfeifenholmes per Schleifpapier. Im Gegensatz zu den doch recht mitteilsamen Tom Eltang, Former und Lars Christensen, wirkt Lars Ivarsson sehr introvertiert. Trotz recht passabler Deutschkenntnisse, mußte man ihm fast jedes Wort aus der Nase ziehen. Mit dem Pfeifenmachen hat er vor etwa 45 Jahren als 11-jähriger begonnen. Damals mußte er sich das Taschengeld durch Mithilfe in der Københavener Werkstatt seines Vaters Sixten verdienen. Obwohl er von vielen jüngeren Pfeifenmachern bewundert wird, widerstrebt es ihm, als großer Zampano vor den anderen seiner Zunft aufzutreten.

Engeren Kontakt hat er nur zu Bo Nordh, Jess Chonowitsch und Former. Die Creme de la Creme bleibt halt unter sich. Interessant war zu erfahren, daß der deutsche Pfeifenmacher Wolfgang Becker ihn ebenfalls einige Tage später noch aufsuchen wollte, um von ihm einige Tips zu bekommen. Neu war für mich ebenfalls, daß auch Jess Chonowitsch einige Zeit in der Werkstatt von Sixten Ivarsson tätig war und daß es nur den beiden Ivarssons und Jess C. erlaubt war, die Pfeifen mit dem berühmten kreisförmigen "An Ivarsson Product"-Stempel zu versehen. Auch Bo Nordh hat sich zu Beginn seiner Laufbahn einiges bei Sixten abgeschaut. Seit dieser Zeit besteht zwischen den beiden Großmeister eine enge Freundschaft.
Lars fertigt etwa 80 Pfeifen pro Jahr. Obwohl man seine Formen natürlich als außergewöhnlich bezeichnen kann, wurde ich in der gesamten Zeit des Besuches das Gefühl nicht los, daß man durch ein höheres Arbeitstempo oder durch entsprechende Hilfsmittel auch entsprechend mehr Quantität schaffen könnte. Ob die Qualität seiner Pfeifen darunter zwangsläufig leiden würde, kann ich allerdings nicht beurteilen. Da er mehr Ökonom als Techniker ist und seinen Lebensunterhalt von den wenigen Pfeifen die er fertigt bestreiten muß, ist hierdurch auch der hohe Preis für seine Schmuckstücke nachvollziehbar. Während Former z.B. durch technische Unterstützung viele Arbeitsgänge vereinfacht und entsprechend schneller eine Pfeife fertigstellt, tritt bei Lars die Drehbank nur zum Bohren der Brennkammer sowie der Rauchkanäle von Holm und Mundstück in Aktion. Alle anderen Arbeitsgänge werden von Lars an verschiedenen Tellerschleifmaschine bzw. durch Schleifen von Hand vorgenommen. Der Arbeitsbereich für diese Schleifmaschinen ist äußerst ergonomisch gestaltet und der Stückzahl der Pfeifen entsprechend ordentlich. Auf meine Frage, ob seine Tochter Nana ebenfalls in dieser Werkstatt ihre Pfeifen machen würde, erhielt ich die Aussage, daß sie momentan diesbezüglich eine schöpferische Pause machen würde und sich voll und ganz auf ihren Beruf als Möbeldesignerin bei Ikea konzentriere. Allerdings wolle sie bei entsprechender Gelegenheit wieder mit der Herstellung von Pfeifen beginnen.

Zum Abschluß konnte ich noch die fünf neuesten Kreationen aus dem Hause Ivarsson bewundern. Alle sind bereits für den Verkauf in Japan bestimmt. Nach den Preisen habe ich lieber nicht gefragt. Leider war keine von diesen Pfeifen mit dem Symbol des Fisches versehen. Der Fisch ist bei Lars Ivarsson, ähnlich wie die Schnecke bei Tom Eltang, der Adler bei Teddy Knudsen oder die Taube bei Jess Chonowitsch nur den absoluten Top-Stücken vorbehalten. Laut Lars entspricht durchschnittlich eine Pfeife pro Jahr seinen Ansprüchen, um mit einem Fisch gestempelt zu werden. So wird es auch weiterhin ein Traum von mir bleiben, eine dieser genannten Stücke irgendwann einmal in den Händen zu halten. Ob es eine Entschädigung war, daß ich während meines Urlaubs zumindest bei W.Ø. Larsen eine Pearl begutachten konnte, wage ich nach meinen Eindrücken zu bezweifeln. Irgendeinen Mythos sollte man sich schließlich bewahren ;-).

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