Der Arbeitsplatz des Pfeifenmachers Carsten Tarp

Joachim Acker, Fotos von Andrea Müller

 

Es ist schon eine geraume Zeit her, da machten sich zwei wackere Mannen und eine noch wackere Männin, Michael Müller und seine Schwester Andrea und der Schreiberling dieser Zeilen, auf einen langen, gefahrvollen und höchst beschwerlichen Weg in eine fremde Stadt in einem fernen Land. Die Reise ging nach Frankenthal, eine kleine Stadt im Pfälzischen, dort war bei dem renommierten Tabakgeschäft Keistler am Wormser Tor der dänische Pfeifenmacher Carsten Tarp zu Gast und zeigte an seinem Miniaturarbeitsplatz seine Kunstfertigkeit.

Ein beeindruckender Arbeitsplatz dachte ich mir, als ich das kleine Tischchen von kaum einem qm mit der dicken Holzplatte sah, auf dem zahlreiche Maschinchen montiert waren. Davor saß ein hagerer Mann mit einem schmalen bartstoppeligen Gesicht, die Brille nach vorne auf die Nasenspitze geschoben. Vorgebeugt und in seine Arbeit versunken saß er da und hielt mit geübter Hand einen Pfeifenrohling gegen eine leise surrende Tellerschleifscheibe, drehte und wendete ihn, schmirgelte hier und da etwas weg, hielt einen Augenblick inne und betrachtete prüfend sein Werk. Er rutschte mit seinem kleinen Stuhl ein Stückchen zur Seite und setzte nun seine Arbeit an einem Bandschleifgerät fort, auch hier ruhig und mit sicherer Hand den Pfeifenkopf gegen das schnurrende Schleifband führend. Immer wieder ein prüfender Blick, ein Abtasten des Pfeifenkopfes mit den Fingern, hier noch eine Unebenheit wegschmirgelnd, da etwas korrigierend.

Der Zuschauer sieht ihm die Liebe und die Freude mit der er seine Arbeit verrichtet an. Ich denke das beides, die Liebe zum Holz und einer Pfeife und die Freude etwas Großartiges zu schaffen wesendliche Voraussetzungen sind, um ein Werk, und im weitergehenden Sinn ein jedes Werk, zum guten Gelingen zu bringen. Ein Drittes mag noch mit hinzukommen: das Hineinfühlenkönnen in das zu bearbeitende Holz, die Maserung am vorteilhaftesten mit der Form der Pfeife zur Geltung und zum Einklang zu bringen, das ist eine Kunst die den besonderen Pfeifenmacher auszeichnet.


Ist dies alles nicht vorhanden, dann wird es wohl auch nichts mit einer guten, herausragenden und hervorragenden Pfeife.
Neben seinem Werktischchen sehe ich eine Platte, auf der vorgebeizte Pfeifen und Rohlinge stecken, einige Mundstücke liegen herum. Carsten stellt die Pfeife, an der er gerade gearbeitet hat, dazu und nimmt eine andere vom Brett, sie ist bereits gebeizt, abgeschliffen und wieder gebeizt, in vielen Arbeitsgängen der Vollendung entgegen gegangen und erwartet nun die letzte, die allerletzte Politur an der Polierscheibe. Und dann, nach einem letzten prüfenden kritischen Blick wird die neugeborene Pfeife dem zukünftigen Besitzer überreicht, der sie stolz und mit zufriedenem Lächeln entgegen nimmt.

Herumstreifend im Geschäft begrüße ich hier und da einige alte Bekannte, unterhalte mich mit ihnen, schaue mir die vielen Pfeifen von Carsten Tarp an die auf einem Tisch ausgestellt sind. Sehr schöne Pfeifen sind darunter die das Herz eines jeden Pfeifenfreundes garantiert höher schlagen lassen, aber auch einige die mir persönlich nicht so zusagen. Aber der Geschmack eines Pfeifenrauchers ist zum Glück nicht genormt und das was mir nicht zusagen mag, erfüllt einen anderen mit höchster Freude. Eine Tasse Kaffee trinkend betrachte ich wieder den Pfeifenkünstler bei seiner Arbeit. Es ist schon beeindruckend wie aus einem rohen Stück Holz durch die kundige und um die Geheimnisse des Holzes wissende Hand eine Pfeife entsteht, jede für sich ein kleines Kunstwerk und einmalig auf dieser Welt.

Die Luft im Tabakgeschäft ist nun doch ziemlich rauchgeschwängert geworden und ich gehe für einige Minuten hinaus auf die Straße, atme tief durch. Mein Blick fällt hinüber auf das prächtige barocke, aus hellen Sandsteinquadern errichtete Wormser Tor, erbaut in den Jahren 1770 bis 1772, es bildete einst den nördlichen Abschluss der Frankenthaler Innenstadt. Beeindruckend sieht das triumphbogenähnlicheTor aus, kündet von vergangener Größe und vom Reichtum dieser kleinen Stadt.

Nachmittags, nach dem Mittagessen und einem kurzen Bummel durch die menschenerfüllten Straßen der Innenstadt gehen wir, mein alter Freund Lothar ist nun auch mit von der Partie, zurück in das Tabakgeschäft.

Noch einmal schaue ich Carsten Tarp bei seiner Arbeit zu. Am Holz der Pfeife die er gerade bearbeitet, hat sich eine Fehlerstelle geöffnet, ein kleiner Riss offensichtlich. Mit einem spitzen Messer pickst er in dem Riss herum, prüft vermutlich wie tief er hineingeht in das Holz, offensichtlich zu tief, denn er legt den begonnenen Pfeifenkopf zur Seite. Ausschuss, wie so oft und einiges an Arbeit umsonst, vergebene Mühe. Er greift nach einer anderen Pfeife, auch diese schon vorgefertigt und nun beginnt alles wieder von vorne und dann am Ende wird wieder eine neue wunderschöne Pfeife erstanden sein und einen Pfeifenraucher erfreuen.

Irgendwann verabschieden wir uns dann, setzen uns noch eine Weile in ein kleines Cafe um dann am frühen Abend wieder die Heimreise anzutreten.

Dank an die Familie Keistler für den guten Kaffee mit dem ich so reichhaltig versorgt wurde.

Wer sich von den geneigten Lesern über Frankenthal und Carsten Tarb informieren will, wird auf den hier genannten URL´s fündig.
http://www.frankenthal.de/index.htm
http://www.keistler-tabak.de/html/aktuell2.html