Der Pfeifeneinkauf

Lothar Winands

 

Dann und wann wird es nötig für einen Handelsbetrieb das Sortiment wieder aufzustocken sowie bestehende Handelsbeziehungen auch zu pflegen.
Seit längerem bestehen gute, ja fast schon nachbarschaftliche Beziehungen zwischen der Fa. Brebbia und der Synjeco Gruppe. Der bisherige Schweizer Importeur von Brebbia-Artikeln beendete im vergangenen Jahr seine Geschäftsaktivitäten und so verständigte sich Luciano Bruzzi und Daniel Schneider auf die Vertiefung ihrer bisherigen Aktivitäten.

Ein Besuch scheiterte im Frühjahr, da durch Unwetter die Strassen im Tessin unpassierbar wurden und so sandte Brebbia eine grössere Kollektion an Designer-Pfeifen per Postversand ohne dass wir sie zuvor gesichtet hatten. Bereits beim ersten Besuch eines Fachhändlers in der Schweiz waren diese dann vermarktet. Nun fassten wir einen neuen Termin zum Besuch ins Auge und wie der Zufall es will, bot auch Claudio Cavicchi den Generalvertrieb seiner Rauchgeräte der Fa. Synjeco an.

So planten wir ganz kurzfristig eine Reise zu den beiden Betrieben in Italien. Mit dem Zug reiste ich bereits um 6 Uhr am Morgen über den Gotthard um in Belinzona von Daniel aufgenommen zu werden. Der Betrieb der Fa. Brebbia liegt zwar direkt über dem Lago Maggiore auf der italienischen Seite, per Luftlinie sind das etwa nur 8 Kilometer, die Fahrt mit dem Auto dorthin gestaltet sich aber alles andere als einfach. Über Lugano nach Varese quälen wir uns durch kleine Dörfer mit einem horrenden Verkehr. Kreuz und quer geht es durch zerklüftetes Land bis wir endlich wieder am See sind und darauf dann bald auf das grosse Gelände der Fa. Brebbia im gleichnahmigen Ort einbiegen.

Luciano spricht glücklicherweise auch Deutsch und so ist die Verständigung recht einfach. In einem grossen Ausstellungsraum stehen nun tausende von Pfeifen in allen erdenklichen Formen auf Regalen und in Vitrinen. In riesigen Schubladenschränken sind alle Serien der Modellreihen Brebbia und Cellini zu besichtigen. Interessant ist die Qualitätsbezeichnung der einzelnen Modelle. Uns interessierten eigentlich nur die Qualitätsstufe Pura und aufwärts. Bei der Qualitätsstufe Pura garantiert Brebbia die absolute Reinheit des verwendeten Holzes. Dann erhält jede Pfeife je nach Schönheit der Maserung noch einen, zwei oder drei Sterne. Bei der Linie A sind es drei "A".

Die Modellvielfalt ist so enorm und das Aussuchen gestaltet sich als gar nicht so einfach, auf dass wir uns alsbald zu einer Stärkung aufmachen mussten. Luciano hatte bereits einen Tisch auf einer Seeterrasse reserviert und die Kellner tischten am laufenden Band italienische Spezialitäten aus der Region auf.

Dann hatten wir die Qual der Wahl um ein Sortiment zusammenzustellen das den Pfeifenraucher anspricht und unseren Fachhändlern neue Absatzmöglichkeiten ermöglichen soll. Stundenlang wägten wir ab und diskutierten über jedes Stück das fein verpackt in Präsentationskoffern verstaut wurde.

Es verstand sich von selber, dass wir uns auch für den standesgemässen Besuch der Fachhändler eine Pfeife aussuchten. Natürlich musste sie neben der Bezeichnung "Pura" auch noch drei Sterne haben.

Brebbia ist nun nicht nur ein Hersteller von Pfeifen, Humidoren, Pfeifenständern, Tabakgefässen usw. sondern auch ein Vertriebsunternehmen mit allem Zubehör für den Tabakkonsumenten. Das breite Programm rund um die Zigarre war für uns Pfeifenverrückte dann doch noch ein wenig verwirrend. Hier werden wir uns langsam herantasten unter Mithilfe unserer Fachhändler. Wir orderten noch eine ordentliche Menge an pfiffigen Pfeifenstopfern und Pfeifenfeuerzeugen die wir nach genauer Prüfung als sehr gut befunden haben.

Die Zeit verging wie im Fluge und Luciano führte uns dann in die Museumsräume der Firma wo hinter Vitrinengläsern unzählige Pfeifen und Zubehör aus allen Ländern der Welt aus dem letzten Jahrhundert ausgestellt sind. Jede Epoche der Fa. Brebbia ist ebenfalls ausgestellt und der jeweilige Zeitgeist bei der Pfeife kann der Betrachter eindrucksvoll nachvollziehen. Hier lagern handgeschnitzte Pfeifenskulpturen in einer Vielzahl wie man sie wohl kaum an einem anderen Ort finden kann. Hat der Verfasser dieses Berichtes weltweit schon viel gesehen, so stellt die Brebbia-Sammlung einen Superlativ dar. Bedeutende Künstler haben dem Haus auch Werke Ihres Schaffens geschenkt. Auch diese sind der Sammlung zugeordnet sowie Gerätschaften aus der Gründerzeit der Firma.

Man spürt automatisch, dass hier Pfeifengeschichte geschrieben wurde. Auch heute kreieren grosse Designer wie Pierre Müller, Reiner Barbi, Tsuge, Pollner, Former, usw. Pfeifen für Brebbia.

Das Holzlager hat unendliche Dimensionen, die Quellen liegen hauptsächlich in Italien, aber auch aus Spanien, Nordafrika und Griechenland werden Kanteln dazu gekauft. Stolz zeigte uns Luciano einen Art Masstab, der von Brebbia erfunden wurde und nach dessen besonderen Masseinheiten die Kanteln gekauft und gelagert werden. Diese Masseinheiten sind bei den Coupeuren bindend.

Leider blieb uns keine Zeit mehr das Hochregallager und die Produktionsstätten zu besichtigen, aber aufgeschoben ist nicht aufgehoben.
Es war sicher nicht unser letzter Besuch in diesem Hause.

Zurück dann mit der Fähre über den Lago Maggiore und an den Strandpromenade von Brissago wo uns die attraktive Wirtin Roberta ein herrliches Nachtessen servierte. Wir diskutierten noch lange nach Mitternacht über das Erlebnis in Brebbia und leerten etliche "Erdinger" dabei.

Abfahrt am nächsten Morgen sollte um 5.30 Uhr sein. Daniel hat schon seine diversen Erfahrungen mit dem Verkehrschaos am Morgen rund um Mailand gemacht. So wurde es eine sehr kurze Nacht, denn wir hatten ja einiges vor an dem Tag und wollten nicht nur die Zeit im Auto verbringen. Der Stau um Mailand hielt sich dann auch aufgrund unseres frühen Aufbruches in Grenzen. Die Verkehrsdichte nach Bologna verlangte aufgrund der Ferienzeit höchste Aufmerksamkeit. Wir liessen uns aber nicht aus der Ruhe bringen und rauchten unsere neuen Brebbia Pfeifen mit fremden Tabaksorten die Daniel ins Programm aufnehmen will. Der "Out of Afrika" hat es uns dabei besonders angetan. Ein wundervoller Virginia - Flake der sich in der Pfeife ausgesprochen angenehm verhält.

Hinter der Grosstadt Bologna erstrecken sich weite Obstplantagen mit wenigen Gebäuden. Inmitten einer solchen Pfirsich - Farm steht das Anwesen von Claudio Cavicchi. Als wir in den Hof einbiegen, steht er auch schon breit lächelnd in der Haustüre. Hier gestaltet sich nun das Gespräch etwas schwieriger, da Daniel nahezu alles übersetzen muss. Mit meinen spanischen Sprachkenntnissen konnten mich Claudio und seine Frau verstehen, da hier eine Sprachverwandtschaft besteht, doch für mich ist das Italienisch dann doch zu fremd um es vollumfänglich aufzunehmen.

Claudios Frau lud dann zu Tisch und da wurde gleich klar, warum Daniel so gerne nach Bologna zu den Cavicchis fährt. Hier wird saisonale Kochkunst vom Feinsten gelebt. Als Entrè assen wir einen Salat, gefolgt von einer raffinierten Pasta der ein grosser Schweinebraten folgte. Als Beilagen servierte die Frau von Claudio dazu selbst gebackenes Brot mit einem Tomaten- und einem Bohnensalat. Dazu selbst gekelterten Weiss- und Rotwein. Zum Abschluss wurden dann noch die Früchte aus der eigenen Obstplantage serviert. Pfirsiche, so gross wie Kinderköpfe, Pflaumen in Orangenformat und Aprikosen deren Aroma schon fast künstlich erschien. Bei der Tiramisù musste ich passen. Ich war ja auch erst das erste Mal bei Claudio während Daniel diese Küche schon öfter genoss.

Claudio führte uns dann in seine bestens eingerichtete Werkstatt. Auf einem Tisch zeichnet er seine Modelle im Masstab 1:1 zuerst auf Papier, schneidet die Umrisse dann aus um sie dem Kantel zuzuordnen, der für diese Form und Maserung vorgesehen ist.

Wir sichteten dann das Holzlager. Hier lagerten sie nun die Plateaus in allen Grössen und Qualitäten. Claudio verarbeitet bisher nur heimische Hölzer, die er selbst bei einem befreundeten Coupeur aussucht. Die Stücke sind grossenteils so edel, dass man die CCCCC und Fiamatas bereits im Vorfeld ahnen kann.

Auf dem grossen Tisch im Büro begannen wir dann bei den rustizierten über ein "C" bis hin zu 5 "C" die Pfeifen auszusuchen, die bei unseren Fachhändlern dann die Auslagen zieren sollen. Claudio zelebrierte Pfeifenbaukunst in einer Schönheit und Reinheit die keine Wünsche offen lässt. Es war nicht eine dabei, die ich mir nicht zwischen die Kiefer gesteckt hätte. So plünderten wir dann auch einen grossen Anteil seiner fertigen Kollektion und machten uns dann bald wieder auf den Rückweg damit ich den letzten Zug über den Gotthard noch erreichen würde. Immerhin sind es rund 800 KM die wir an diesem Tag zu fahren hatten. Es verstand sich von selber, dass wir auch dort eine Pfeife für uns erwarben um bei den Besuchen unserer Fachhändler standesgemäss auftreten zu können.

Es waren zwei anstrengende aber auch sehr schöne Tage die wir mit unserem Hobby verbrachten.