Der Schnupftabak

Joachim Acker

Der Schnupftabak, oder "Snuff" wie er heutzutage oftmals genannt wird, erfreut sich in unseren Landen einer stetig zunehmender Beliebtheit. Vermutlich hängt es damit zusammen, dass diese Art des Tabakgenusses unauffälliger ist als das Rauchen von Pfeife, Zigarre und Zigarette.

Wir wissen ja, dass diese Arten des Tabakkonsums immer mehr der "Ächtung" anheim fallen, Gegner des "Blauen Dunstes" gibt es zuhauf und rauchfreie Zonen bzw. ein generelles Rauchverbot sind bzw. ist in vielen Bahnhöfen, Flugplätzen und öffentlichen Gebäuden obligatorisch.

Das Schnupfen von Arzneimitteln und Tabak war bei vielen Völkern der Erde schon lange bevor der Tabak in Europa eingeführt wurde, bekannt.

 

 

Aus chinesischen Schriften wissen wir das bereits vor über 1000 Jahren zur Zeit der Tang-Dynastie (618-907) verschiedene Arzneimittel geschnupft wurden, ob da bereits der Tabak darunter war wissen wir nicht mit letzter Sicherheit, es wird aber vermutet. Bereits ab der Ming-Dynastie (1368-1644) wurde dann aber der Tabak als Schnupfmittel verwendet.

Kolumbus bemerkte auf seiner zweiten Reise (1494-1496) nach den neuen Ländern schnupfende Indianer, so berichtet es uns wenigstens der Mönch Romano Pane. Durch die heimkehrenden Seeleute und Entdecker wurde nicht nur der Tabak zum Rauchen sondern auch der zum Schnupfen in Europa sehr populär.

Am spanischen und am französischen Hof war das Schnupfen sehr beliebt und wurde von den Edelleuten mit großer Hingabe und Begeisterung gepflegt.

Der englische König Charles II., der einige Zeit im französischen Asyl verbrachte, führte diese Form des Tabakgenusses bei seiner Rückkehr in England ein, wo das Tabakschnupfen bald am Hofe und bei den Leuten von Stand beliebter als das Rauchen aus Pfeifen wurde. Königin Charlotte die mit Georg III. verheiratet war wurde wegen ihrer exzessiven Vorliebe für den Schnupftabak "Snuffy Charlotte" genannt.

Mitte bis Ende des 17. Jahrhunderts hat in England diese Art des Tabakgenusses seinen Weg in die breiteren Schichten des Volkes gefunden. Für die rasche Verbreitung sorgten auch hier wieder die Seeleute:

Englische Kriegsschiffe kaperten oftmals spanische Schiffe die Tabak geladen hatten und die Matrosen bekamen ihr Prisengeld teilweise als Schnupftabak ausbezahlt.

Lord Admiral Nelson, der berühmteste aller englischen Seehelden, war ebenso ein begeisterter Schnupfer wie sein großer Widersacher Napoleon der, so einigen Berichten zufolge, 7 Pfund dieses Pulvers pro Monat verbraucht haben sollte.

Katharina von Medici, sie errang traurige Berühmtheit durch die "Bartholomäus Nacht", war ebenfalls dem Schnupftabak zugetan. Aus diesem Grunde wurde in Frankreich der Schnupftabak auch: "poudre de la reine", Pulver der Königin genannt.

Ein anderer Name für den Tabak allgemein war übrigens: "herbe de la reine", Kraut der Königin.

In Deutschland verbreitete sich die Sitte des Tabakrauchens, Kauens oder Schnupfens während des dreißigjährigen Krieges. Allerdings gab es damals legalen Tabak ausschließlich in Apotheken zu kaufen und auch das nur wenn er ärztlich als Heilmittel verordnet war.

Wir können aber sicher sein dass es viele Wege gab um illegal an dieses neue "Wunderkraut" zu kommen. Ärzte verschrieben Schnupftabak gegen Kopfschmerzen, Zahnschmerzen, Husten und gegen viele andere Gebrechen. Die Beimengung von getrockneten Maiglöckchenblüten (zur Verstärkung des Niesreizes) in den Schnupftabak war sehr beliebt, wurden doch durch das Niesen unerwünschte Säfte aus dem Körper ausgeschieden. Manchmal mag die Einnahme von Schnupftabak geholfen haben, oftmals sicherlich auch nicht.

Die Herstellung von Schnupftabak ist nicht ganz einfach und erfordert viele Arbeitsgänge.
In den Anfangszeiten, als der Schnupftabak noch nicht so populär war, bereiteten ihn die Händler in Mörsern mit dem Handstößel zu, mischten gewisse Aromaessenzen darunter und fertig war der Tabak. Mit Zunahme der Bekannt- und Beliebtheit, als große Mengen hergestellt werden mussten um der Nachfrage Herr zu werden, verlagerte man dann diese Tätigkeit in Getreidemühlen oder in extra für diesen Zweck gebaute Mahlanlagen. Die erste Schnupftabakfabrik soll übrigens 1677 im spanischen Sevilla gegründet worden sein.

 

Der getrocknete und fermentierte Tabak wird, je nach Sorte, in großen Trommeln in mehreren Arbeitsgängen zermahlen und zu Pulver zerrieben. Dieses Pulver wird dann eine zeitlang in Ruhe gelassen, damit es eine Phase der Nachfermentation durchläuft. Dann erfolgt der letzte Arbeitsgang: das Mischen der verschiedenen Pulversorten miteinander, in einer Schnupftabakmischung können bis zu 20 verschiedene Tabaksorten verwendet sein. Die Aromatisierung mit allerlei Duft und Geschmacksstoffen, die von Pfefferminze bis zum Zimt alles beinhaltet was man in so ein Pulver als Aroma hinein basteln kann, erfolgt entweder zum Schluß oder während eines der letzten Mahldurchgänge.

Zur Herstellung von Schnupftabak werden gerne kräftige Tabaksorten verwendet, wie z.B. Mangotes, ein starker Brasiltabak der kräftig gesoßt zu Strängen gewickelt und in Rinderhäute verpackt verschifft wird. Oder der Kentucky Tabak aus den USA, ebenfalls ein beliebter und gut geeigneter Tabak für die Schnupftabakherstellung.

Zur Aufbewahrung des Schnupftabaks dienten bzw. dienen immer noch kleine Dosen oder Flaschen die oftmals reich verziert waren und Heute einen hohen antiquarischen Wert haben.

Im Laufe der Jahre bildeten sich um den Schnupftabakgenus und seine richtige Verwendung verschiedene Rituale, sogar Schnupfsprüche wurden erdichtet mit denen dann das stilgerechte Schnupfen begleitet wurde. Da sie aber dem Inhalt nach sehr deftig und jugendgefährdent sind werde ich hier keine derartigen Sprüche zitieren.

Unvergessen bleibt aber die Geschichte vom Münchner Dienstmann Alois, Ludwig Thoma hat sie uns überliefert, der im Himmel nach seinem geliebten Schnupftabak, dem Schmalzler, verlangt:

"hallo - ham's koan Schmaizla? An Schnupftabak - ham's nix? A Pris? -- geh weida, fahr oane her!" Auf diese Frage hin schaut ihn ein Engel nur völlig entgeistert an und bleibt dem armen Alois die Antwort schuldig.

Der Schmalzler Schnupftabak hat seinen Namen von der früher üblichen Beimischung von Butterschmalz erhalten.