Filterpfeifen - ein deutsches Phänomen?

Willi Albrecht

 

Der größte Teil der in Deutschland verkauften Pfeifen sind mit der 9 mm-Bohrung zur Benutzung eines Filters ausgestattet und so gut wie jedem Einsteiger in unseren Gefilden wird beim Kauf der ersten Pfeife zu diesem System geraten. Woran liegt das? Einfach weil es die Filter gibt? Oder hat der deutsche Raucher die weltweit empfindlichste Zunge?

Eingangs möchte ich gleich erwähnen, dass dieser Artikel nicht mit dem erhobenen Zeigefinger geschrieben wurde. Pfeiferauchen soll Spaß machen und Genuß bereiten. Jede Art von Stress oder Unbehagen führt nur dazu, die Pfeife in die Ecke zu werfen und sich einen dieser ekelhaften Glimmstengel anzuzünden. Jeder soll also seine Pfeife rauchen wie es ihm persönlich gefällt und damit glücklich werden. Vielleicht aber entwickelt sich auf Grund meiner eventuell provokanten Sätze eine interessante Diskussion pro / kontra Filterbenutzung in unserem Forum. Hinzufügen möchte ich noch, das ich jahrelang mit Filter geraucht habe (siehe meinen Artikel Der Umstieg) und somit die Vor- und Nachteile der beiden Systeme im Selbstversuch erfahren habe.

Seit aus Pfeifen Tabak geraucht wird, machen sich schlaue Menschen Gedanken darüber, wie man den Rauch möglichst kühl, klar und voller Geschmack genießen kann. So entstanden Wasserpfeifen, meterlange Mundstücke, Kühlspiralen aus Metall, Pfeifen mit freiliegendem Aluminiumholm und letztendlich der Kohlefilter. 1921 entwickelte die Firma Vauen in Nürnberg als einer der ersten Hersteller einen Papierfilter. 13 Jahre später brachte die gleiche Firma als damalige Weltneuheit den Aktivkohlefilter mit einem Durchmesser von 9 mm auf den Markt.

 

Beim heute üblichen Kohlefilter befinden sind die Aktivkohleteilchen in einem zweilagigen Papierröhrchen dessen äußere Lage aus einem saugfähigen Filterpapier besteht. Das Röhrchen wird an der der Glut zugewendeten Seite von einer Keramikkappe und an der gegenüberliegenden Seite von einer Plastikkappe verschlossen.

Der Rauch wird durch die mikroskopisch kleinen Kanäle der porösen Filterkohle und zwischen den einzelnen Teilchen hindurchgeleitet wodurch sich dort Konsensat ablagern kann. Des Rauchers Zunge wird nur mit sauberem, kühlem Rauch konfrontiert. So weit die Theorie.

Die Praxis sieht nun doch leider etwas anders aus. Zwischen Glut und Raucher sitzt bei der Verwendung eines Filters ein Widerstand der dort eigentlich nichts zu suchen hat. Sieht man sich alleine die beiden Verschlußkappen des Röhrchens an, wird man feststellen, dass der Querschnitt des Rauchkanals um mindestens die Hälfte reduziert wird. Die Kohleteilchen kommen natürlich auch noch hinzu.

Wie überwindet man aber nun diesen künstlichen Widerstand? Man muss stärker ziehen. Und genau dieses stärkere Ziehen führt natürlicherweise zu einer stärkeren Entfachung der Glut was wiederum eine höhere Kondensatbildung zur Folge hat. Die höheren Temperaturen im Pfeifenkopf werden vom Raucher allerdings nur selten wahrgenommen, denn hinter dem Filter ist sie ja wieder niedriger. Aber was geschieht mit dem Kopf der geliebten Pfeife? Sieht man mal von der Hitze ab, die durchaus zu einem Durchbrennen führen kann, bleibt immer noch das Problem des Kondensats. Dieses sammelt sich unweigerlich am Boden des Kopfes, durchnässt den Tabak (der sich natürlich nicht mehr entzünden lässt) und dringt in das Holz ein. Eine Pfeife kann unmöglich mit diesen Mengen an bitterer Flüssigkeit fertig werden. Irgendwann wird sie versumpfen und zumindest im unteren Drittel nur noch nach Kondensat riechen und schmecken.

Nun kommt noch eine zweite Komponente dazu, die das Gesamtsystem vervollständigt: der Tabak. Durch die Filterwirkung bleiben natürlich nicht nur Schadstoffe sondern auch Geschmacksstoffe auf der Strecke, die feinen Nunancen eines natürlichen Tabaks können kaum noch wahrgenommen werden. Dieser Tatsache begegnen die deutschen Tabakhersteller mit einer wahren Flut von hocharomatisierten Tabaken. Wenn am einen Ende des Filters noch irgendetwas wie Geschmack herauskommen soll, muss man eben am anderen Ende mehr Geschmacksstoffe hinzufügen, eine logische Schlussfolgerung. Aber woraus bestehen diese Geschmacksstoffe, wie werden sie aufgebracht? Ganz einfach: der Tabak wird mit künstlichen Aromaessenzen (Vanille, Frucht, Kaffee, Whisky, Rum etc.) besprüht, besser gesagt, sauciert. Damit wäre doch eigentlich alles in bester Ordnung. Leider nein, denn nun tritt ein weiteres Problem auf. Die Feuchtigkeit der verwendeten Zusätze wird beim Verbrennungsprozess logischerweise wieder freigesetzt, es entsteht mehr Kondensat als bei einem naturreinen Tabak. Aber um dieses aufzufangen bevor es in den Mundraum gelangt haben wir ja zum Glück den Filter.

Nebenher gesagt hat die Saucierung für die Tabakindustrie den entscheidenden Vorteil, dass nicht zwingend die besten Grundtabake genommen werden müssen weil ja nicht der Tabak als solcher sondern hauptsächlich die Aromen wahrgenommen werden. Hier liegt meines Erachtens auch der Hauptgrund, warum so viele hocharomatische Tabake ab der zweiten Hälfte der Füllung nach nichts mehr schmecken.

Zugegeben, der Filter erleichtert oberflächlich gesehen den Einstieg in das Pfeiferauchen weil er dem Tabak die anfangs empfundene Schärfe nimmt und vermeintlich den gefürchteten Zungenbrand zu vermeiden hilft. Doch das ist meines Erachtens ein Trugschluß der zu nichts anderem als zu heißem und damit zu, für Raucher und Pfeife, ungesundem Verhalten führt. Aller Anfang ist schwer und das ist eben auch beim Pfeiferauchen so. Eine filterlose Pfeife, mit einem guten Tabak fachmännisch gestopft wird nach einer kurzen Eingewöhnungszeit genau den Genuß spenden, den man sich vom Pfeiferauchen erhofft.

Über den geringeren Reinigungsaufwand, die filigrane Schönheit eines dünnen Holmes und die Tatsache, das viele freehander die Herstellung von Filterpfeifen strikt ablehnen, will ich hier gar nicht reden.

Bliebe da noch die Frage der gesundheitsschädlichen Wirkung des Rauchens. Kann man das Risiko durch die Verwendung eines Filters minimieren? Auch hier bin ich der Sache gegenüber kritisch eingestellt. Als Filterraucher rauchte ich pro Tag ca. 7 bis 8 Pfeifen die ich mit mächtigen Zügen in Gang hielt. Heute konsumiere ich pro Tag ungefähr die Hälfte, rauche doppelt so lange an einer Füllung und inhaliere nicht mehr wie ich es ab und zu bei der Filterpfeife tat.

Aber wie eingangs gesagt: jeder muß auf seine Art und Weise glücklich werden :-)