Die Kohleschicht - ein umstrittenes Thema
Willi Albrecht
In der Fachliteratur über das Pfeiferauchen wird immer
darauf hingewiesen, das sich im Pfeifenkopf möglichst schnell und
möglichst gleichmässig eine Kohleschicht bilden sollte. Nicht
jeder Raucher teilt diese Meinung.
Die Theorie: die Pfeife soll durch den Einrauchvorgang, für den
es mehrere Variationen gibt, eine Kohleschicht aus den Verbrennungsrückständen
des Tabaks bilden, um das Holz vor der Glut zu schützen. Die Schicht
soll mit einem Reamer auf einer Stärke von ca. einem Millimeter
gehalten werden und darf keine Löcher aufweisen, weil sich dort
„Glutnester“ bilden könnten, die zu einem Durchbrennen
der Pfeife führen würden.
Es gibt wie gesagt allerdings Raucher, die diese Methode für kompletten
Unsinn halten und ihre Pfeifen kohlefrei rauchen. Ein vehementer Vertreter
dieser Fraktion ist Heiko Jahr vom Pfeifenantiquariat,
mit dem wir uns hier über das Thema unterhalten wollen.
WA: „Heiko, wieso sollen deine Pfeifen keine
Kohleschicht ansetzen?“
HJ: „Ganz nüchtern betrachtet ist die
Kohleschicht – in euphemistischer Manie oft „cake“
genannt – ja nichts anderes als das Ergebnis eines Versottungsprozesses.
Also ganz wie bei einem Ofen oder Schornstein. Läßt man diese
Schicht in der Pfeife stehen, so hat die Brennraumwandung keine glatte
Oberfläche, was sich auf das Abbrandverhalten negativ auswirkt
und die Versottungsneigung der Pfeife weiter verstärkt.
Die Kohleschicht ist im Vergleich zum Holz außerdem viel poröser,
so daß sich das beim Rauchen entstehende Kondensat natürlich
auch in der Kohleschicht sammelt. Nun kann man natürlich argumentieren,
dass genau darin der Vorteil liegt, doch sollte man nicht vergessen,
dass es dadurch auch wesentlich länger dauert (abhängig von
der Dicke der Schicht) die Pfeife wieder trocken zu bekommen. Das viel
beschriene Versumpfen der Pfeifen geschieht ja häufig nicht im
Holz, sondern in den dicken Kohleschwarten.
Außerdem bindet diese Schicht aus Tabakrückständen sehr
stark Aromastoffe und legt damit die Pfeife schnell auf einen Tabak
bzw. auf eine Tabakrichtung fest. Die Pfeife ist nicht mehr das was
ich „frisch“ nennen würde, sondern kann schnell zum
„Muffelpott“ werden.
Das Hauptargument für die Schicht als „Isolator“ zum
Schutz des Holzes halte ich für ein typisches pfeifologisches Ammenmärchen,
denn dann müsste die Pfeife auch beim Einrauchen verglühen.
Vielmehr ist es so, dass bei sorgfältigem Einrauchen die Holzoberfläche
eine natürlich Härtung erfährt – genauso, wie die
Jäger und Sammler ihre Pfeil- und Lanzenspitzen gehärtet haben.
Rein physikalisch hält die empfohlene Schicht von 1 mm angesichts
der anstehenden Verbrennungstemperaturen sowieso nicht viel Hitze aus.
Wer natürlich wesentlich dicker Schichten entstehen lässt,
schafft sicher einen Isolationseffekt. Nur raucht er dann noch Pfeife?
Ich habe etliche Pfeifen gesehen und behandeln müssen, die solche
Krusten hatten, dass man nicht einmal mit dem kleinen Finger mehr in
den Kopf gekommen ist. Dann braucht man m.E. kein Holz mehr um die Kohle,
sondern könnte auch aus Blechtöpfen rauchen – geschmacklich
dürfte das dann kaum noch ein Unterschied sein und die Gefahr,
dass der Kopf reißt, reduziert sich.“
WA: „Wie verhinderst du die Entstehung der
Kohleschicht?“
HJ: „Häufig setze ich schon während
des Rauchens mit abnehmendem Füllvolumen die Klinge eines Pfeifenmessers
an und schabe vorsichtig die noch schmierigen Rückstände an
der Innenwand ab, die dann in der Glut verglimmen. Geht das aus irgendwelchen
Gründen nicht, erledige ich das beim täglichen Reinigen.“
WA: „Gab es schon einmal schlechte Erfahrungen
mit der Methode (Durchbrenner)?“
HJ: „Nein. Ich bevorzuge vor allem dünnwandige
Pfeifen. Wenn die Kohleschicht tatsächlich so unerlässlich
wäre, wie immer behauptet wird, wären sicher ein Großteil
meiner Pfeifen längst unbrauchbar. “
WA: „Entfernst du vor dem ersten Rauchen
einer neuen Pfeife die Einrauchpaste?“
HJ: „Die meisten Pfeifen lasse ich so, wie
ich sie erworben habe. Eventuell vorhandene Einrauchpasten überleben
in der Regel die ersten 10 Rauchopfer sowieso nicht. Diese Schichten
weichen unter Hitze- und Kondensateinwirkung während des Rauchens
immer etwas auf und werden dann automatisch mit weggeschabt. Einrauchpasten
haben häufig eine kosmetische Intension und das Wasserglas des
Pastengemisches, welches in die Holzoberfläche eingedrungen ist,
härtet die Wandung schon etwas vor. Insofern halte ich Einrauchpasten
durchaus für sinnvoll.“
WA: „Wie lange behandelst du deine Pfeifen
schon nach der Methode?“
HJ: „Von Beginn an seit ich angefangen habe
mich intensiv mit Pfeifen zu beschäftigen – also seit beinahe
15 Jahren. Zwar habe ich damals auch Hochrain gelesen, aber die Sache
mit den dicken Kohleschichten habe ich ihm rein instinktiv nicht abgenommen,
sondern immer zugesehen, dass die Innenwandungen meiner Pfeifen schön
glatt sind.“
WA: „Würdest du die Methode auch einem
Einsteiger empfehlen?“
HJ: „Ohne jede Einschränkung. Zumal
gerade Anfänge noch keinen großen Pfeifenbestand haben und
noch viel mit verschiedenen Tabaken experimentieren. Ohne Kohleschicht
verringert man unangenehme cross-over und bleibt beweglich.
Und noch einmal: Die sogenannte Schutzschicht aus Tabakrückständen
gehört ins Reich der Mythen und Legenden. Eine Pfeife aus Bruyere
kommt sehr gut ohne Verkrustungen aus, der Tabak kann besser verglimmen
und last not least es schmeckt einfach besser.“
Durchaus vernünftige, überlegens- und diskussionswürdige
Argumente wurden hier meines Erachtens dargelegt. Wie der einzelne Raucher
seine Pfeifen behandelt, ob er sie gleichmässig reamt, sie zuwachsen
lässt oder sie lieber ganz ohne Kohleschicht raucht, bleibt natürlich
ihm selbst überlassen. Wir wollen hier nur Möglichkeiten zeigen.
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