Die Tabagie

Joachim Acker

 

Im zuendegehenden 16. und zu Beginn bis Mitte des 17. Jahrhunderts wurde in England und auf dem Festland das Rauchen immer populärer. In dieser Zeit, wir wollen sie einmal "Gründerzeit des Rauchens" nennen, war der Tabak, den es oftmals nur in Apotheken gab, und auch die Pfeife noch ziemlich teuer. Um auch dem Mann aus dem Volke sein Rauchvergnügen zu ermöglichen boten immer mehr Gasthäuser seinen Besuchern neben dem Bier und Schnaps auch Tabak und Pfeife an. Einfache Tonpfeifen die sich der Gast für wenige Pennys samt einer Füllung Tabak mieten konnte. Waren sie leergeraucht wurden sie gereinigt (oder auch nicht) und standen dann dem nächsten Gast zur Verfügung. In dieser frühen Zeit waren Pfeifen aus Ton allerdings noch ziemlich rar und so kam es vor dass mehrere Personen aus der gleichen Pfeife rauchten.

Diese Gasthäuser nannte man nach einem französisch-spanischen Wort "Tabagie". Manchmal waren es übel beleumundete Spelunken in denen sich die Freunde des Tabaks trafen, so beinhaltete das Wort Tabagie durchaus auch ein gewisses Schmuddelimage.

Der Tabak und die Kartoffel wurden übrigens zur selben Zeit in Europa eingeführt, allerdings musste der Anbau der Kartoffel vielfach unter Zwang durchgesetzt werden. Der berühmte Forscher Alexander von Humbold schrieb: "Wie ein unanständiges Kind, welchen man Brot und glühende Kohlen anbietet, zuerst nach den Kohlen greift, so machen es die Menschen in Europa mit der Kartoffel und dem Tabak". Anmerkung 1

Als dann den Rauchern in späteren Zeiten immer mehr Restriktionen auferlegt wurden die bis zum Verbot auf Straßen und Plätzen zu rauchen gingen, ja sogar in vielen Ländern im totalen Rauchverbot mündeten, waren die Tabagies oftmals der letzte Zufluchtsort für die Pfeifenraucher.

In Berlin zum Beispiel war es bis 1848 verboten, unter anderem auch wegen der Feuersicherheit, auf öffentlichen Straßen und Plätzen zu rauchen. Erst nach der Revolution 1848 wurde mit einem Erlass vom 25. März 1848 das Rauchen gestattet: "Das Verbot des nicht feuergefährlichen Tabakrauchens in den Straßen der hiesigen Residenz und in den Vorstätten ist aufgehoben." Anmerkung 1

Im Berliner Kunsthof in der Oranienburgerstrasse wird im Haus Nummer 19 für das Jahr 1799 eine Tabagie erwähnt, eine von vielen die es im damaligen Berlin gab.

In Halle gab es zu Beginn des 19. Jahrhunderts in der Nähe der Residenz eine Eremitage, auf deren Gelände eine Tabagie stand. 1835 wurde in dieser Tabagie ein neuer Saal eingeweiht, und die damalige Besitzerin versprach: " Lehrburschen, sowie unanständige Frauenzimmer, auch unanständig gekleidete Personen werden aus meiner Tabagie durchaus verwiesen." Anmerkung 2

Auch in den Wiener Kaffeehäusern konnte man gegen eine kleine Gebühr eine Pfeife ausleihen, meistens eine Tonpfeife. In dem berühmten Kaffee Neuner das sehr gerne von Schriftstellern und Dichtern aufgesucht wurde, waren es sogar Meerschaumpfeifen die dem Gast gereicht wurden. In diesem Kaffeehaus waren übrigens Lenau und Grillparzer häufige Gäste, sie saßen dann an ihrem Stammplatz und rauchten in aller Ruhe und Gemütlichkeit ihre Pfeifen oder was auch immer.

Anmerkung 1: "Geschichte des Rauchens" von Egon Caesar Conte Corti Insel Taschenbuch
Anmerkung 2: http://www.halle-aktuell.de/asp/Service