Frank Axmacher - Formen aus Bruyere und Stein

Willi Albrecht
Fotos außer Horn 2005: F. Axmacher und M. Reck

 

6 Jahre Zeichenunterricht bei Jan Boomers in Solingen, 3 Jahre Steinmetz- und Steinbildhauerlehre, seit 18 Jahren ununterbrochene Tätigkeit als Steinmetz, Besuche diverser Seminare zum Thema Holzbildhauerei, Teilnahme an Kunstausstellungen im Skulpturenpark Leichlingen.

Liest man diesen Auszug aus Frank Axmachers Vita, erkennt man schnell seinen Drang zur gestalterischen Arbeit, zur Schaffung von Plastiken. Was also kann bei einem solch kreativen Pfeifenraucher näher liegen, als sich im Bereich des Pfeifenmachens durch die Gestaltung ungewohnter Formen zu verwirklichen.

Im Februar 2004 begann er deshalb Pfeifen aus Hobbyblöcken zu fertigen. Im Oktober 2004 setzte er sich in einem Wochenendworkshop bei Bertram Safferling zum ersten mal mit Stangenebonit und Plateauholz auseinander und begann daraufhin den Aufbau der eigenen Werkstatt.

WA : „Was brachte dich auf den Gedanken, selber Pfeifen zu fertigen?“
FA : „Zunächst hatte ich – als langjähriger Wechselraucher - einfach Lust, mal selber eine Pfeife herzustellen. Ich habe vor einigen Jahren angefangen mit dem Bogenschießen, und ich mußte dann auch gleich meinen eigenen Bogen samt Pfeilen bauen. Das so ein Tick: Dinge, mit denen ich gerne umgehe, auch mal selber bauen zu wollen (ich könnte das bei ausreichender Zeit und genügend Geld ausweiten auf Messer, Musikinstrumente, schöne Schreibutensilien, Äxte und Beile, Bücher / Papier, Möbel und Lampen, ....) Da war das mit den Pfeifen eigentlich nur eine Frage der Zeit. So kam es irgendwann im Winter 2003/2004 zu den ersten Versuchen mit Hobbyblöcken (der klassische deutsche Weg, wie ich vermute). Dann habe ich eher zufällig entdeckt, daß es jenseits der Serienpfeife noch eine ganz eigene, exklusive und anspruchsvolle Pfeifenwelt gibt. Letzten Endes angetrieben, eine Pfeife komplett aus Plateauxholz herzustellen, hat mich eine Vulkano von Hiro Tokutomi, die ich irgendwo im Internet entdeckt hatte – ich glaube bei „smokingpipes“. Die Bilder habe ich damals ausgedruckt und wochenlang mit mir rumgeschleppt. Die Pipe war einfach genial fotografiert, und ich war völlig hin und weg von den Proportionen und der Linienführung. Als Steinmetz und Bildhauer bin ich quasi von Hause aus ein Formenfan, und ich kann mich auch maßlos für einen Seifenspender oder einen Gullideckel begeistern, wenn er gut gemacht ist. Ich habe damals angefangen zu begreifen, daß man in dieses kleine, leichte und überschaubare Ding „Pfeife“ nahezu alles reinstecken kann, was es an gestalterischen Grundsätzen und Möglichkeiten gibt. Und es ist wirklich ein bemerkenswerter Unterschied, ob ich mit einem Stück Bruyere (ca. 80-120g) mal ein bißchen rumprobiere, oder mit einem 60 x 60 x 60 cm Granitblock (ca. 520 kg). Da ist das Arbeiten mit so einem kleinen Stück Holz schon wesentlich entspannter (kann ich z.B. auch mal Abends mit nach Hause nehmen und auf den Wohnzimmertisch legen :-))

Darüber hinaus bin ich nicht so gut im völlig freien Arbeiten. Mir liegt es mehr, um eine technische Vorgabe herum eine Form zu entwickeln. Das Pfeifenbauen kommt mir auch in dieser Hinsicht entgegen. Also im Grunde habe ich im Pfeifenbauen eine Möglichkeit entdeckt, meine gestalterischen und handwerklichen Ambitionen auszuleben, ohne mich tagtäglich auf diese eher menschenfeindliche Baustelle mit zentnerschweren Werkstücken, Preßlufthämmern, großen Maschinen und jeder Menge Lärm begeben zu müssen – da ist quasi für mich ein Traum in Erfüllung gegangen.“

WA : „Gibt es Vorbilder/Lehrmeister, oder hast du dir alles selbst erarbeitet?“
FA : „Nach meinen erwähnten Hobbyblockversuchen bin ich durch das Internet an Bertram Safferling geraten. Ich habe dort innerhalb von 6 Monaten an vier Workshops teilgenommen und mir auf diese Weise meine ersten wichtigen Eindrücke von der Pfeifenmacherei verschafft. In der Zeit zwischen den Kursen (und auch darüber hinaus bis zum heutigen Tag) war und ist Bertram für mich ein Ansprechpartner in allen fachlichen Fragen. Von der häufig kolportierten „Geheimniskrämerei bei Pfeifenmachern“ habe ich bei ihm nie etwas bemerkt. Im Gegenteil: es ist schon einige Male vorgekommen, daß ich von Bertram eine Mail erhielt in der Art von „hallo Frank, ich habe dies und das neulich anders gemacht als bisher: scheint gut zu klappen – probiers mal aus“.

Rainer Barbi hat auch stets ein offenes Ohr und nimmt sich die Zeit, meine Fragen ausführlich zu beantworten. Leider hatten wir bislang kaum persönlichen Kontakt, aber wir sind halt nicht gerade Nachbarn.Die Offenheit, mit der Bertram und Rainer mich mit Tipps und Fachwissen versorgen, finde ich übrigens nicht selbstverständlich. Denn im Gegensatz zu mir haben die beiden sich in ihren Anfangszeiten so ziemlich alles durch Versuch und Irrtum selber erarbeiten müssen.“

Etwas abseits der rein fachlichen Ebene gibt es meinen Freund Martin Reck, den ich in Rahmen des ersten Kurses bei Bertram kennengelernt habe. Martin ist ein eingefleischter Pfeifennarr und hat von der ganzen Szene rund ums Thema tausendmal mehr Ahnung als ich. Ihm hatte ich Ende 2004 ab und zu mal Bilder gemailt von meinen ersten Pipen, die ich zu Hause gebastelt habe. Ich muß hier mal erwähnen, daß ich eigentlich ein ziemlicher Pfeifendoofie bin – keine Ahnung von Marken, Namen, Tabak, absolut kein Insiderwissen. Bis Oktober 2004 kannte ich eigentlich nur „Stanwell“ und „Rum and Maple“. Bo Nordh? Wer ist das denn? Ivarsson? Nie gehört. Rainer Barbi und Ingo Garbe waren als Namen mal irgendwo hängen geblieben, aber das war's dann auch schon.

Und dann bin ich – als meine eigene Bauerei anfing – auf die HP von Cornelius Mänz gestoßen – Plong, hin und weg! Tolle Pfeifen, tolle Farben, tolles Finish, tolle Shapes, tolle Mundstücke, tolle HP, einfach alles toll. Und irgendwie habe ich gedacht „na klasse, das will ich auch“. Nachdem dann aber die dritte und auch die vierte Pfeife nicht so aussehen wollten wie die Mänzschen Pipen war ich ehrlich frustriert und recht nahe daran, das Handtuch zu schmeißen. Nach dem Motto: wenn ich's so nicht hinkriege, dann eben gar nicht. Und zum ganz großen Teil ist es Martin zu verdanken, daß ich mich durch diese vielen ersten Frustpfeifen durchgekämpft habe. Der hat mir immer wieder wacker zugesprochen und unbeirrbar behauptet, meine Pfeifen sähen viel besser aus, als ich mich zu der Zeit fühlte.

 

Über Martin kam dann im Frühjahr u.a. der Kontakt mit Jörg Lehmann zustande (von dem ich bis dahin auch nie was gehört hatte). Jörg hat sich die Mühe gemacht, meine ersten ca. 20 Pfeifen sorgfältigst unter die Lupe zu nehmen und mir eine geradezu wissenschaftlich erstellte Kritik zu schicken – wobei er sich fast ausschließlich auf die handwerklichen Aspekte beschränkt hat. Mit meinen 20 Pipen und den 20 DIN-A-4 Seiten bin ich dann wieder in meine Werkstatt getigert und habe mir jede einzelne Pfeife nochmal vorgenommen und z.T. komplett überarbeitet. Das war eine Aktion, die mir einen guten Vorwärtsschubs gegeben hat. Seither genieße ich das Previlleg, ab und zu mal ein paar Pfeifen zwecks eingehender „Erbsenzählerei“ nach Ulm schicken zu dürfen. Darüber hinaus hat Jörg einen fantastischen Überblick über die Szene und scheint irgendwie einfach ein äußerst freundlicher und hilfreicher Mensch zu sein, der sich immer und sehr großzügig bereit zeigt, mich aus seinem immensen Fachwissen zu bedienen.

Durch Martin und Jörg sowie auch Erwin Van Hove, zu dem ich ebenfalls regelmäßigen Kontakt habe, erfahre ich viel Aufschlußreiches über die Sichtweise, die Wünsche und Kriterien der anspruchsvolleren Kundengruppe. Da ich mich früher nie eingehend mit Pfeifen beschäftigt habe, ist diese Art von Kritik und Austausch für mich genauso wertvoll wie die rein fachlichen Tipps und Hilfestellungen, die ich bekomme.

WA : „Fallen dir spontan Pfeifenmacher ein, deren Pipen dich besonders beeindrucken?“
FA : „Nach wie vor bin ich begeistert von der zurückhaltenden Eleganz und der augenscheinlichen Perfektion von Cornelius´(Mänz) Pfeifen. Einfach tolle Pfeifen, die von einer Art Aura aus Sorgfalt, Disziplin und Detailliebe umgeben sind.

Rainer Barbi finde ich absolut ausdrucksstark. Besonders fällt mir immer wieder auf, daß Rainer seine Shapes an Stellen konsequent zu Ende arbeitet, wo andere vielleicht ein bißchen zum Hudeln neigen würden (speziell beim Kopf/Holmübergang ist das häufig zu beobachten). Beeindruckend finde ich auch seine Fähigkeit, ganz kleine, leichte Pfeifen mit einer unglaublichen räumlichen Präsenz auszustatten. Das ist vielleicht eines der „secrets“, die nicht erkärt werden können. Die man einfach nur knacken kann, wenn man es immer wieder versucht und nicht träge wird. Außerdem habe ich helle, gestrahlte Pfeifen aus seiner Werkstatt gesehen, die nach meinem persönlichen Geschmack einzigartig schöne Öberflächen aufweisen.

An Bertram Safferlings Pfeifen mag und bewundere ich diese gewisse Dickköpfigkeit, mit der er sich vor modischen Mißgriffen bewahrt. Bertram arbeitet m.E. irgendwo abseits vom Mainstream und läßt sich – soweit ich das beurteilen kann – nicht zu irgendwelchen Shapes oder Zierelementen verleiten, nur weil die gerade zu „gehen“ scheinen. Er hat sein eigenes, sehr ausgeprägtes Formempfinden und bleibt sich darin erkennbar treu.

Tokutomi und Gotho sind für mich die Japangurus schlechthin. Was mich bei den Japanern besonders kickt ist deren Fähigkeit, sich scheinbar souverän von Mittel- und Symmetrieachsen zu verabschieden und ganz frei im „organischen Raum“ zu arbeiten. Besonders klasse finde ich die asymmetrischen Pfeifen, die nicht allzu sehr ins Expressive abdriften. Ein schönes Beispiel hierfür ist auch Yukio Okamura (Saci-Pipes). Das Verlassen der Symmetrie ist für mich ein faszinierendes, aber auch angstbesetztes Thema. Man sieht ja doch ziemlich oft asymmertische Pfeifen, bei denen man nicht so recht weiß, warum nun eine Kante ausgerechnet so und nicht anders verläuft. Ich mag es überhaupt nicht, wenn irgendein Stilelement gewollt oder (noch schlimmer) zufällig aussieht. Da habe ich einen Riesenrespekt vor, wenn jemand asymmetrische Formen herstellen kann, die in sich schlüssig erscheinen. In dem Zusammenhang muß wohl auch Jürgen Moritz erwähnt werden, der – soweit ich das überblicke – hier in Deutschland im Hinblick auf asymmetrische Shapes zu den ausdrucksstärksten Nachwuchsmachern gehört. Sehr gut gefallen mir auch die skandinavisch-japanischen Crossovers, die manchmal zu sehen sind.“

WA : „Deine shapes sind sehr ausgeprägt. Wie kommt man auf solche Ideen?“
FA : „Ich mag einfach Formen und achte meistens auch auf Details, wenn ich mir etwas anschaue. Es könnte z.B. vorkommen, daß ich an einem Rechnergehäuse eine schöne, geschwungene Kante entdecke, die ich mir auch als Profillinie einer Pfeife vorstellen kann. Manchmal entstehen auch Pfeifenformen aus der Not heraus, weil Fehler im Holz auftreten. Es kommt vor, daß ich mich von der Maserung und der Form des Blockes inspirieren lasse, und etliche meiner Pfeifen sind auch penibel auf dem Papier konstruiert worden – da muß man dann eben das passende Holz dazu finden. Außerdem blättere ich oft und gerne in Design- und Architekturbüchern. Von da kommen auch jede Menge Anregungen.“

WA : „Siehst du deine Pfeifen eher als Kunst oder Gebrauchsgegenstände?“
FA : „Eindeutig nicht als Kunst. Nach meinem Wortverständnis wird etwas dadurch zu Kunst, daß eine Aussage transportiert wird. Wo keine Message drin ist, da ist auch keine Kunst. Kunsthandwerk oder Gebrauchskunst fände ich hier passender. Wobei da keine Wertung drinsteckt: es gibt hundsmiserable Kunst, und es gibt auch zum ohnmächtig werden edles Kunsthandwerk. Nur sehe ich es eben nicht so, daß Kunsthandwerk dadurch zur Kunst wird, daß es ganz besonders gut gemacht ist. Das sind einfach zwei verschiedene Baustellen, die m.E. auch getrennt bleiben sollten.Eine Pfeife muß aber immer vor allen Dingen als Gebrauchsgegenstand gedacht und auch gemacht werden. Was nützt die schönste Pipe, wenn sie nicht richtig funktioniert oder mitten durchbricht, wenn man sie mal scharf anguckt?“

WA : „Arbeitest du „freehand“ oder passiert viel an der Drehbank?
FA : „In den meisten Fällen habe ich eine klare Vorstellung von der Pfeife, die entstehen soll. Ich stelle dann eine Papierschablone her und durchsuche meinen Holzvorrat nach einem passenden Stück. Die Kontur und die Bohrungsverläufe zeichne ich beidseitig auf und schneide an der Bandsäge die grobe Fom aus. Tabakkammer und Zapfenloch setze ich an der Ständerohrmaschine, der Rauchkanal wird später freihändig gebohrt. Auch das Nachsetzen der Tabakkammer geschieht später freihändig.

Nach dem Bohren arbeite ich zunächst mit Raspeln und Feilen weiter. In Ausnahmefällen verwende ich auch die Schleifscheibe, jedoch eher ungern. Die endgültige Form muß nach dem Schliff mit 180er Papier stehen. Alles, was danach kommt, ist nur noch Feinschliff. Ich schleife mit einigen Zwischenpolituren bis 1000er oder 1200er Papier. Das Holz wird gebeizt, grundiert und abschließend mit Carnauba poliert. Die Mundstücke werden aus Ebonit, Cumberland oder (sehr selten) Acryl handgeschnitten. Die Zapfen drehe ich i.d.R. aus dem vollen Material. Gelegentlich verwende ich auch fertige Teflonzapfen.“

WA : „Verwendest du lieber Acryl oder Ebonit für deine Mundstücke?“
FA : „Eindeutig Ebonit. Das ist mir in jeder Hinsicht angenehmer als Acryl. Ebonit ist angenehmer im Mund und auch besser zu verarbeiten. Die Bisse können dünner ausgeführt werden, und auch die Optik der fertigen Mundstücke gefällt mir besser. Acryl ist mir insgesamt zu steril und zu kalt. Außerdem gibt es da bei mir noch so eine Art „ethischer Hemmung“: man kann ja sicher gute Argumente für die Verwendung von Acrylmundstücken finden, aber letzten Endes ist Acryl doch einfach nur Plastik (im Gegensatz zum Naturmaterial Kautschuk). Und schon allein deswegen würde ich mich bei einer Pfeife, die mit Liebe, Sorgfalt und viel Herzblut aus einem wertvollen Stück Holz gemacht worden ist, fast immer für Ebonit entscheiden. Könnte höchstens mal vorkommen, daß ich aus irgendeinem Grund so ein buntes Fancymundstück verbauen möchte. Aber sonst...nee, lieber kein Acryl“

WA : „Lässt du dich zu einem Statement zur Filterbenutzung überreden? :-)“
FA : „Ich bin selber 9mm- Raucher. Noch Fragen? Also ernsthaft, ich habe damals mit 9mm angefangen und bin einfach dabei geblieben. Mein Lieblingstabak ist Stanwell Vanilla, und der schmeckt mir ganz schlicht mit Filter besser als ohne. Das mit dem größeren Zugwiederstand ist schon ein gutes Argument gegen Filter. Ich habe deshalb alle meine Filterpfeifen gnadenlos aufgebohrt auf mindestens 4mm, wenn möglich auch auf 4,5 oder 5mm. Damit lassen sie sich genauso sanft und bedächtig rauchen wie eine oFi. Die Geschmacksbeeinträchtigung will ich auch nicht in Abrede stellen. Aber wie gesagt, es gibt Tabake, die schmecken mir persönlich miFi ganz einfach besser als oFi. Außerdem habe ich eine empfindliche Zunge, und auch da ist das Filterschmöken ganz angenehm. Grundsätzlich würde ich aber sagen, jeder soll da nach seinem Gusto verfahren.

WA : „Gibt es Unterschiede bei der oFi- / miFi-Herstellung?“
FA : „Allerdings, diese Filterbohrerei ist eine Wissenschaft für sich. Ich baue ja mitunter gerne Pfeifen mit viel Holz am Holm. In eine Orca oder eine Wave z.B. paßt ganz lässig ein Filter, ohne daß das Shape angepaßt werden muß. Und da ich nun mal in Deutschland bin, läge es nahe, die Modelle, die es zulassen, auch mit 9mm zu bauen. Nur ist das eben gar nicht so einfach, Filterkammern so zu bohren, daß der Filter vernünftig sitzt und der Rauch auch wirklich dort hindurchgeht und nicht zu 40% dran vorbei. Aus eigener Erfahrung weiß ich, daß der allergrößte Teil der Kondensatbildung durch Verwirbelung in der Filterkammer entsteht. Man muß also die Filterkammer so bohren, daß die Patrone an den Enden fest umschlossen ist, gleichzeitig aber die Kopfflächen frei bleiben und noch genug Platz ist, damit die Patrone sich ein wenig ausdehnen kann.Von Vauen gibt es glaube ich eine Lösung mit einer konischen Bohrung, wo die Hülse sich reindrückt. Das erscheint mir ziemlich plausibel“

WA : „Du scheinst eine recht neutrale Einrauchpaste zu verwenden. Muß das überhaupt sein?“
FA : „Ja, ich verwende grundsätzlich Einrauchpaste. Die übliche Mischung: Wasserglas, Carbon und med. Holzkohle. Ich persönlich mag den Holzgeschmack bei den ersten Füllungen überhaupt nicht. Dann sehen die Pipen (nach meinem Geschmack) mit Einrauchpaste auch netter aus, wenn ich sie fotografiere. Ansonsten zerbreche ich mir da nicht weiter den Kopf drüber. Bo Nordh macht's auch, also kann es zumindest nicht verkehrt sein.“

WA : „Die Retusche von Fehlern im Holz ist ja oft ein Tabu-Thema. Hilfst du der Natur auf die Sprünge? :-) “
FA : „Fehler im Brennraum sind unzulässig. Auch sehr kleine Spots führen hier zur Entsorgung. Auf den Außenflächen lasse ich Spots dann stehen, wenn ich sie für vertretbar halte. Kitten und Pflocken kann ich nicht, fange ich auch gar nicht an. Bei zu vielen kleineren Spots wird gestrahlt. Ab einer gewissen Größe versuche ich dann lieber, das Shape anzupassen. Wenn das nicht funktioniert, fliegt die Pipe raus. Rustizieren probiere ich erst seit einigen Wochen aus. Nicht zum Fehler verstecken, sondern weil man da recht spannende Sachen mit machen kann. Ich habe eh so meine Schwierigkeiten damit, polierte Flächen toll zu finden und alles andere als minderwertig abzutun. Aus dem Steinmetzhandwerk bin ich daran gewöhnt, mit unterschiedlichen Oberflächen zu arbeiten und diese gezielt miteinander wirken zu lassen. Die ultimative Endbearbeitung gibt es hier nicht. Ich sehe keinen Grund, warum sich das nicht auch auf Pfeifen übertragen lassen sollte. Auf meiner HP (in der Galerie) sind zwei Orcas zu sehen: eine glatte und eine teilrustizierte. Und für mich ist die Teilrustizierte nicht zweite Wahl, sondern eine ganz andere, eigenständige Pfeife mit einer völlig anderen Wirkung. Nebenbei erwähnt war das Holz absolut fehlerfrei, wofür mir ein befreundeter Pfeifenbauer bereits Prügel angedroht hat :-).

Auch wenn das nicht direkt zur Frage gehört, aber es paßt zum Thema: kürzlich habe ich auf Jörgs HP eine traumhaft schöne ältere Ilsted gesehen. Eine unglaublich präzise, schön geschwungene facettierte Pfeife. Die ist recht flach gestrahlt und hell gefinished. Und bei diesem Shape könnte ich mir kein vorteilhafteres Finish vorstellen. Wäre die poliert, käme es sicher zu einer optischen Kollision zwischen Kanten und Maserung. Auch eine tiefere Sandstrahlung wäre störend gewesen. Das einzige, was hier vielleicht funktionieren würde, wäre ein gestochen scharfes, enges und möglichst waagerechtes Crossgrain (so ähnlich wie bei dieser unglaublichen Barbi, die z.Zt. bei „scandpipes.com“ zu sehen ist). Aber auch hierbei würde (im Falle der Ilsted) schon das kleinste Verkippen der Maserung z.B. auf der Holmoberseite (was in der Praxis durch die Form des Rohmaterials kaum zu vermeiden ist) den Kantenverlauf ganz empfindlich stören. Also ich glaube, völlig ungeachtet der Holzqualität ist genau dieses Finish für diese Pfeife das einzig Richtige. Ich bin fest davon überzeugt, daß rein gestalterisch eine glatte Oberfläche nicht immer die beste Lösung sein kann. Aber bei der vorherrschenden Grainfixierung kriegt man für alles nicht polierte halt i.d.R. weniger Geld. Völlig ungeachtet der Tatsache, daß eine aufwendige Rustizierung u.U. mehr Zeit und Konzentration frißt als das Durchpolieren der Flächen“

WA : „Du hast ein interessantes grading-System entwickelt. Kannst du das etwas erläutern?“
FA : In meinem Stempel gibt es ein Buchstabenpaar und ein Ziffernpaar. Die Ziffern bezeichnen das Entstehungsjahr (05 für 2005). Der erste Buchstabe (aufsteigend von F nach A) steht für die halbwegs objektivierbaren Holzeigenschaften: Maserungsverlauf, Maserungsdichte und Regelmäßigkeit, Menge und Größe evtl. vorhandener Spots. Der zweite Buchstabe bewertet meinen ganz subjektiven Eindruck von der gesamten Pfeife: Wie harmonieren Holz und Mundstück miteinander? Sind die Proportionen in Ordnung? Wie liegt die Pfeife in der Hand? Ist der Zierring zu schmal, zu breit oder OK? Auch der Herstellungsaufwand kann hier mit einfließen (allerdings nur dann, wenn er auch zu einer m.E. gelungenen Pfeife geführt hat). Den zweiten Buchstaben vergebe ich also absolut subjektiv, er nimmt aber sehr wohl Einfluß auf den Preis.“

WA : „Wie kam es zu der Idee objektiven/subjektiven gradings?“
FA : „Am liebsten würde ich ganz auf ein Grading verzichten. So nach dem Motto: „Na Schätzelein, du bist so hübsch, du mußt auch teuer sein!“ Da es aber so nicht geht (grading wird ja, soweit ich weiß, allgemein verlangt), mußte ich mir irgendwas einfallen lassen. Rein objektive Bewertung finde ich schwierig. Da müßte ich dann eine Pfeife, die irgendwie ein bißchen matschig in der Form geraten ist und gar nicht so viel Arbeit gemacht hat im Prinzip zum gleichen Preis anbieten wie eine andere von gleicher Holz/- Maserungsqualität, die aber vom Shape her viel besser gelungen ist und in der Gesamterscheinung viel besser rüberkommt. Ich finde, Harmonie, Proportionen und insgesamt mehr oder weniger stimmige Ausführung müssen genauso in die Bewertung und den Preis einfließen wie das Maserungsbild und die Menge der Spots. Und diese beiden unterschiedlichen Kriterien nachvollziehbar voneinander zu trennen fand ich irgendwie naheliegend.“

WA : „Welches Modell von deinen Pfeifen wäre für den Anfänger richtig?“
FA : „Jemandem, der noch nie Pfeife geraucht hat, würde ich fairerweise überhaupt keine von meinen Pipen empfehlen. Schon allein des Preises wegen. Für 59,00 EUR kriegt man eine anständige Stanwell nebst guter Beratung (bei einem ordentlichen Fachhändler). Da muß man nicht gleich 200 oder 300 EUR zücken ohne zu wissen, ob man überhaupt dabei bleibt.

Ganz wichtig finde ich eine anständige Startausrüstung mit zwei guten Pfeifen und einem milden, unkomplizierten Tabak (beides muß nicht Extraklasse sein, aber eben auch nicht die Sonderangebote aus der Lottobude). Zu den ersten Füllungen ein lauwarmer Tee (oder sonstwas ohne Kohlensäure), um den Pelz von der Zunge zu spülen. Und natürlich ist es superwichtig, von Anfang an die Pipen zu pflegen und appetitlich zu halten. Sonst vergeht einem ganz schnell die Lust.“

WA : „Zum Schluß: wo soll deine Reise hingehen, oder… bist du bereits angekommen?“
FA : „Ich möchte schon gerne irgendwann mal ausschließlich Pfeifen bauen. Das ist für mich der ultimative Kick mit zunehmendem Suchtcharakter. Aber ein Teil dessen, was diese Tätigkeit augenblicklich für mich so attraktiv macht, ist eben auch die völlige Abwesenheit von Produktionszwängen. Ich bin noch recht langsam, und außerdem ist es für mich nicht vorstellbar, eine Pfeife jetzt mal geschwind fertig zu machen, nur weil ich schon 7 Stunden daran sitze. Zur Zeit ist es mir noch egal, ob es am Ende 13, 14 oder auch 15 Stunden werden – hauptsache das Resultat sieht so aus, wie ich es mir vorgestellt habe. Mit solchen Freiheiten ist mit Sicherheit schlagartig Essig, wenn man das Pfeifenbauen zum Broterwerb macht, solange man sich noch irgendwo im 250-Euro-Segment bewegt. Da bin ich ziemlich illusionsfrei. Ich will erstmal die handwerklichen Grundlagen lernen, Formsicherheit entwickeln und schneller werden. Und dann möchte ich gerne „richtig gut“ werden. Also deutlich besser als Durchschnitt. Denn mein Eindruck ist der, daß die Pfeifenbauerei ein Geschäft ist, in dem man überdurchschnittlich gut sein muß, um ein halbwegs akzeptables Einkommen zu erzielen. Und ich habe keine Lust auf 5 Jahre Müsli, Ravioli und Aldikaffee.

Ich muß also lernen Pfeifen zu machen, die einen Preis erzielen, der die Arbeitszeit, das Material, den Ausschuß, die Betriebskosten usw. einfährt und mich zudem auch noch ernährt. Und das mit den Preisen ist schon so eine Sache. Bereits 250 oder 300 Euro sind Beträge, vor denen ich echten Respekt habe. Wenn ich jemandem so viel Geld für so eine kleine Pfeife abknöpfe, dann will ich auf jeden Fall wissen, daß derjenige was richtig gutes für sein Geld kriegt. Sonst hätte ich da kein gutes Gefühl bei. Und dieses Preissegment kann nicht das Ende der Wünsche sein für jemanden, der von vielleicht 160 verkauften Pfeifen pro Jahr sich und seine Familie ernähren will. Mein wichtigstes Ziel ist also derzeit, handwerklich weiter zu kommen, die Verarbeitung zu perfektionieren usw. Da stehe ich ziemlich am Anfang, und das ist sicher noch ein langer Weg. Und dann möchte ich natürlich schöne Pfeifen machen. Das heißt zunächst mal, daß sie mir persönlich gefallen müssen. Ob sie anderen auch gefallen, muß sich dann zeigen. Also jedenfalls möchte ich mich auch gestalterisch entwickeln, und dafür sind die Pfeifen eigentlich ein beliebiges Übungsfeld. Das könnten genauso gut Lampen, Möbel oder Monitorgehäuse sein.“

WA : „Lass das mit den Lampen und widme dich lieber dem Bruyere :-) . Danke für deine sehr informativen Antworten und viel Erfolg weiterhin.“

Frank Axmachers Pfeifen können auf der der HP www.pbase.com/martinrr/frankax angesehen und bestellt werden.