Gerhard Wilhelm "Anfänger sollten minimalistische
Geizhälse sein!"
von Willi Albrecht
Der
Gernsheimer Gerhard Wilhelm meldete 1998 sein Gewerbe an und stellt seit
dieser Zeit ca. 80 bis 150 Pfeifen im Jahr her. Erste Tipps holte er
sich bei Heinrich Kallenberg im thüringischen Tabarz.
GW : „Kallenberg war der einzige der geredet hat. Bei vielen
anderen „Kollegen“ bin ich gegen eine Wand gelaufen. “
WA: „Übst du die Pfeifenmacherei hauptberuflich
aus?“
GW: „Nein. Dieser Zeitpunkt muss mit Bedacht bestimmt
werden. Jeder soll gewarnt sein, nur weil er bei ein paar Kumpels
angesagt ist, zu glauben er sei der größte. So ein Strohfeuer
brennt sehr schnell ab. Nur wer auch auf fremdem „Terrain“ Beachtung
erfährt und dazu noch „gute“ Preise (z.B. durch Selbstvermarktung)
erzielen kann, der möge sich auf einem guten Weg befinden.
Ich will nicht zu denen gehören, die sich nur über Quantität
ihr Auskommen sichern können. Erst wenn ich im Monat mit 2-3
Wochen Arbeit meine Umsätze erreichen kann, werde ich diesen
Schritt wagen. Nur so bleibt genug Zeit für Kreativität
um auch in Zukunft immer wieder neues und besseres (?) präsentieren
zu können.“
WA: „Wie fertigst du deine Pfeifen?“
GW: „Unter zu Hilfenahme eines Spindelstockes, an dem
bei freihändiger Werkzeugführung, im Zweibackenfutter der Kopf
angedreht und der Tabakraum ausgebohrt wird. Danach wird der Holm gedreht
und die Zapfenbohrung eingebracht. Das zuvor im Dreibackenfutter gefertigte
Mundstück wird jetzt eingesetzt und verschachtelt, bei Steckerpfeifen
wird das Mundstück passend eingesetzt. Danach wird an der Schleifscheibe
das noch stehende eckige Holz grob weggeschliffen. An der Bohrmaschine
wird der Rauchkanal gebohrt. Anschließend wird gefeilt und geschmirgelt
und zum Abschluss an der Polierscheibe poliert.“
WA: „Aus welchen Regionen beziehst du dein Holz?“
GW: „Aus
verschiedenen Regionen. Es tauchen immer mal wieder Händler auf, die
schwören das Beste Holz zu haben, leider
konnte sich bisher keiner nachhaltig empfehlen. Nicht umsonst „teste“ ich
andere Hölzer, aber auch da ist es schwierig gutes Material zu bekommen.“
WA: „Für die Mundstücke verwendest du hauptsächlich
Ebonit. Warum?“
GW: „Ich verwende nur Ebonit. Vielleicht
ist es Nostalgie, oder auch nur, weil ich mich vor einigen Jahren, mit
einer größeren
Menge eingedeckt habe. (lacht) “
WA: „Welche Oberflächenbehandlung erhalten deine
Pfeifen?“
GW: „Gutes Holz mit schöner Maserung behandele
ich nur mit Leinölfirnis und Carnaubawachs. Bei weniger ausdrucksstark
gemaserten Hölzern wird mit Beize „nachgeholfen“ dann ebenfalls Leinöl
und Carnauba.“
WA: „Wie retuschierst du Fehler im Holz?“
GW: „Wenn man schon beim Zuschneiden grobe Fehler erkennt
die auch durch eine Formänderung nicht wegzubekommen sind, hilft nur
wegwerfen. Treten Fehler gegen Ende der Bearbeitung auf, wird gepflockt
und/oder rustiziert. Aber auch nur dann, wenn mir die Pfeife von der Form
her gut gefällt, wenn nicht: Biomüll.“
WA: „Beim Thema Filter und Einrauchpaste scheiden sich
ja immer die Geister. Wie ist deine Meinung dazu?“
GW: „Viele
Kunden bestehen auf die Einrauchpaste, die ich aus Natronwasserglas, Aktivkohle
und gegebenenfalls Schamottemehl herstelle. Sie fühlen sich dadurch „sicherer“.
Bei dünnwandigen Pfeifen
würde ich dazu raten. Manchmal nehme ich nur Wasserglas, damit habe
ich schon einige „Gegner“ überlistet. Der Filter ist eine persönliche
Angelegenheit, daher sollte nicht von Sinn geredet werden. Seit ich Pfeife
rauche benutze ich Filter, gebe aber auch zu: “Filter können eine
Pfeife auch „verschandeln“(lacht).“
WA: „Du hast eine merkliche eigene Handschrift entwickelt.
Wie enstand dieser Stil?“
GW: „Durch stetiges befüllen der Biotonne (lacht).
Man sieht eine schöne Pfeife (von einem Mitbewerber), greift sich
ein Stück Holz und geht in die Werkstatt. Nach Stunden stellt man
fest, dass man nur einen „billigen Abklatsch“ gemacht hat und das wird
so weitergehen wenn man „nachahmen“ will. Man muss herausfinden, was einem
an „gerade dieser“ Pfeife nicht gefällt. Es sind Kleinigkeiten die
eine Pfeife total verändern, leicht gebogener Holm, Übergang
Holm zum Kopf etwas bauchiger, seitlich etwas scharfkantiger, Kopfrand
etwas schräger oder schmaler, vielleicht etwas gerundet. Es muss viel
probieren werden, irgendwann entsteht etwas, wo man einfach nur sagt „schön“.“
WA: „Welche Pfeife (Größe, Modell, Bohrung
etc.) würdest du einem Einsteiger empfehlen?“
GW: „Das größte Hindernis für einen Anfänger
ist die Wahl des richtigen Geschäftes, besser gesagt ein allzu beflissener
Verkäufer, einer der selbst keine Ahnung hat und versucht dem Einsteiger
all das nutzlose Zeug anzudrehen was möglicherweise schon jahrelang
in dem Geschäft rumgammelt. Da wird der Ahnungslose ausstaffiert wie
klein Oskar wenn's Sonntags zur Erbtante Frieda zum Kaffee geht. Anfänger
sollten minimalistische Geizhälse sein. Gut beraten ist man bei einem
Verkäufer der sagt: „Ach sie wollen anfangen mit Pfeife und haben
keine Ahnung. Ich habe das was, keine Schönheiten aber rundum auch
am Boden viel Holz. Die verzeihen einiges. Schönere und natürlich
sündhaft teure Pfeifen habe ich auch, die zeige ich ihnen aber erst
in einem halben Jahr“.
WA: „Thema Einrauchen. Vollstopfen oder Fünftel-Methode?“
GW: „Regeln
wie die Drittel- oder Fünftel-Methode
haben der Einrauchpastenfraktion Flügel verliehen, besonders Anfänger
zeigen sich verunsichert und sollten daher zu einem einrauchbepastetem
Gerät tendieren. Dünnwandige „Pfeifenspielzeuge“ in Mündern
erfahrener Raucher sind in der Einrauchphase weniger gefährdet als
durch unerfahrene Heißsporne, die das Wachs verdampfen lassen wollen.
Ich habe meine Pfeifen immer voll gestopft und geschadet hat's keiner.“
WA: „Siehst du deine Pfeifen
als Kunstobjekte oder eher als Gebrauchsgegenstände?“
GW: „Für jemanden der eine Sache herstellt, kann
sie nie den Stellenwert haben wie für den, der sie besitzen muss.
Als Handwerker fertige ich Gebrauchsgegenstände, habe aber auch das
Auge um in einigen Kollegen große Künstler zu sehen.“
Die Pfeifen von Gerhard Wilhelm kann
man ausschließlich auf seiner Internetseite oder durch einen Hausbesuch
erwerben. Eine feste Preisliste gibt es nicht, hier gilt: Verhandlungssache.
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