Revor Plug, International Europe Ltd.Joachim Acker Seit ein paar Minuten hat der feine, typisch englische Sprühregen, der still und beharrlich aus einer grauen Wolkendecke den fremden Wanderer langsam durchnässte, nachgelassen. Die Sonne kam für einige Augenblicke durch und ließ die Regentropfen auf den Gräsern und Blättern wie kleine Diamanten funkeln und blitzen. Sauber, rein und klar war die Luft an diesem vormittäglichen Spätapriltag. Allerdings wehte ein sehr frischer West der die verblühenden Blüten der Bäume mit sich trug, zuweilen sah es aus als ob es schneien würde.
Wie dem auch sei, intensiv markant ist das Aroma auf alle Fälle, aber, so meine ich, nicht aufdringlich, die Nase nicht beleidigend. Mit meinem Messer zerteile ich den Tabak auf meiner kleinen Reiseschneideunterlage, sehr stark ist der Plug nicht gepresst, er zerfällt in kleine Flocken die ich sorgsam und gewissenhaft in die Pfeife einbringe. Das Entzünden mit Streichhölzern gestaltete sich dann wegen dem Wind etwas schwierig aber schließlich gelang es mir doch. Und die ersten Rauchwölkchen ausblasend saß ich nun da am Themseufer und war erstaunt über den Wohlgeschmack dieses Tabaks. Mild und weich liegt er auf der Zunge, kein Beißen und kein Brennen ist zu verspüren. Auch später, als ich ihn nochmals entzündete, war keine Schärfe oder Bissigkeit des Tabaks zu spüren. Ein guter Tabak ist der Revor, ohne Frage und Zweifel. Ich überlege mir, was wohl die einzelnen Bestandteile dieses Plugs sind: Virginia ist sicherlich drinn, vielleicht auch etwas Black Cavendish und möglicherweise auch eine Spur Latakia, das leicht Rauchige lässt es mich vermuten. Träge fließt die Themse an dem rauchenden Fremden vorüber, das Wasser gekräuselt vom Wind, kleine Wellen schlagend in denen abgerissene Blätter auf und ab tanzen.
Ich schicke meine Gedanken auf die Wanderschaft ins Reich der Phantasie und stelle mir vor, wie es wohl wäre, wenn ich auf den Rücken der Gänse über das Land fliegen könnte. Was würde ich alles sehen, was erleben und erfühlen?
Die Glocken der Kirche von Caversham Hights beginnen melodisch zu läuten. Zu was rufen sie? Zur Andacht, zur Einkehr in die Kirche, zu einem Begräbnis oder einer Hochzeit? Ich lausche dem Klang und nehme ihn in mir auf. Meine Pfeife ist ausgegangen und ich entzünde sie aufs Neue und sehe dann den Rauchwolken nach wie sie im Wind verwehen. Dem Rauch nachschauen wie er in viele Formen zerweht und sich schließlich in Nichts auflösend vergeht ist für mich mit ein Grunderlebnis, ja sogar ein Grundbedürfnis des Pfeiferauchens. Ich schaue auf meine Taschenuhr, sie geht gegen 11 Uhr. Ein ohrenbetäubender, nahezu schmerzhafter Lärm zerreißt die Stille und die Beschaulichkeit am Flussufer, die vormittägliche Concorde überfliegt die Stadt, für einen kurzen Augenblick sehe ich das silberne Dreieck in einer Wolkenlücke, dann entschwindet die Maschine. Noch lange hallt das Getöse der Triebwerke in meinen Ohren wieder. Es beginnt nun wieder sacht zu nieseln und ich kehre zurück in die Stadt mit ihrer Betriebsamkeit und geschäftigen Unruhe. Revor Plug. |