Gawith & Hoggarth Ltd, Clegir Rope

Lothar Winands

Dieser Tabak, der nach dem klassischen Verfahren des Tabakflechtens hergestellt wird, hat in der Entstehung eine eigene Geschichte.

Daniel Schneider und ich fuhren im Februar 2001 nach Kendal im Norden von England um die beiden Lieferanten Samuel Gawith Ltd. Und die Gawith & Hoggarth Ltd zu besuchen um deren Produktion zu besichtigen und Kenntnisse darüber in die Vertriebsaktivitäten der Fa. Synjeco S.A. in Brissago / CH einfliessen zu lassen. In der Halle wo die Twists und Ropes gefertigt wurden fiel uns auf, dass diese in grossem Umfang stark aromatisiert wurden und gewisse Sorten gar nicht nach einem Pfeifentabak aussahen. Eine Vielzahl von Fruchtaromen passte auch gar nicht zu einem Pfeifentabak. Auf unseren Hinweis, dass diese Tabake auf dem Kontinent keine Pfeifenraucher begeistern könnten wurden wie dahingehend belehrt, dass diese Ropes vorwiegend in den Bergbauregionen Schottlands und Englands als Kautabak-Ersatz genossen werden. Klassischer Kautabak wie in Skandinavien und Deutschland bekannt, wurde wohl vor Urzeiten in Großbritanien durch Gesetz verboten und so entstand der "Ausweg"

Wir schauten den Mitarbeitern zu, wie sie die edlen Virginia Blätter verschiedener Anbauregionen geschickt zu einer Wurst zusammenführten und daraus ein Zopf entstand, der dann mit hoher Kraft gepresst und gezogen zu einem Tabakseil ( Spun Cut ) wurde, das dann noch feucht in einem Ofen unter hohem Druck, eingebunden zu einem Korb geröstet wurde. Vorsichtig reifte die Idee ob man da nicht mit wenig langer Hitzeeinwirkung und ohne Aromastoffe einen guten Pfeifentabak blenden könnte. Ein klein wenig Honigflavour müsste es schon sein, meinte der Tabakmeister und erklärte dies mit dem sonst zu flachen Geschmack wegen der Pflanzenoelbehandlung bevor der Strang/Korb in den Ofen zum "Reifen" gegeben werde. So gaben wir voller Vertrauen in die Künste dieses Gawith Betriebes den Auftrag uns eine kleine Menge zu fertigen.

Auf dem Rückflug über Amsterdam fiel uns dort auch der Name für diesen Tabak ein. Joachim Acker hatte einst einem selbst gefertigten Plug diesen keltischen Namen gegeben. Als dann nahezu 50 Meter von dem Rope eintrafen, bestückten wir sofort eine grosse Pfeife damit und liessen uns die abgeschnittenen herrlich süssen Virginia Curlies schmecken. Ohne dass das sonst so aufwendige Marketing und endlose Testverfahren zum tragen kam wurde hier ein Tabak geboren, der rein auf dem Vertrauen zur Gawith-Tabakqualität beruhte.

 

 

Joachim Acker

Wenn der Wanderer den steilen Anstieg zum Bodafon Mountain auf der Insel Anglesey in Nordwales geschafft hat und am felsigen Schotterparkplatz für die des laufens ungewohnten Autofahrer steht, sieht er einen Weg der sich den Berg entlangschlängelt.

Er führt, eingerahmt von Schlehen und Stechginsterhecken, am Bwlch-Haus vorbei hinter den Berg und endet dort an einer alten Farm, der Clegir Farm.

 

Auf dieser Farm war der Schreiber dieser Zeilen oftmals zu Gast im Urlaub und erlebte dort glückliche Tage. In Erinnerung daran erhielt dieser herrliche Tabak seinen Namen, den gleichen wie ein selbstgebastelter Plugvorgänger.
Clegir ist ein cymrisches Wort und bedeutet Fels. Und in der Tat, dieser Name passt zu dieser Farm, die an den felsigen, mit Geröll bedeckten Abhang des Berges gebaut wurde. Von hier aus hat der Wanderer einen weiten Blick ins Land, er sieht hinüber zum ausgebeinten Parys Mountain den schon die Römer durch den Kupferabbau begonnen haben zu zerstören, in der Ferne liegt der krötenähnliche Holyhead Mountain von dessen Gipfel man an klaren Tagen hinüber sehen kann nach Irland. Und irgendwo in der Ebene glitzert das Wasser des Alaw Sees an dessen Gestaden die unglückliche Branwen die Schöne, begraben wurde. Ein Land voller Geschichte und Geschichten, gefüllt mit Zeugnisse uralter Kulturen, ein schönes Land. Die zweite Heimat des Schreibers.

Zum Tabak passt er allerdings nicht ganz dieser Name Clegir, denn der Begriff Fels beinhaltet etwas hartes, kantiges, ungefügtes, schweres. Dies alles aber lässt dieser Tabak vermissen. Der wie ein dünnes Seil ziemlich locker geflochtene Tabak, hell mit dunklen Einlagen besteht zum größten Teil aus Virginia Tabak und, so meint der Schreiber, etwas Kentucky. Diesen Tabak vermute ich mit im Clegir Rope weil er manchmal eine etwas zigarrig-herbe Note hat. Er lässt sich gut rauchen, Voraussetzung ist allerdings dass er recht dünn geschnitten in die Pfeife gefüllt werden muss. Ob er kräftig ist? werde ich gefragt. Nun, was soll ich da antworten? Für den Einen mag er durchaus kräftig und gehaltvoll sein, ein Anderer mag ihn als leicht und flach empfinden. Es kommt wohl, wie so oft beim Tabak, auf den Raucher darauf an, auf sein Geschmacksempfinden, auf seine Empfindlichkeit.

Das erste Mal rauchte ich diesen Tabak allerdings nicht auf meiner geliebten Insel sondern Zuhause in meinem Garten. Ein lieber Freund brachte mir eine Probe des neu geschaffenen Tabaks von einer Reise nach GB mit. Fein säuberlich, in beinahe kultisch-ritueller Handlung auf meinem Schneidebrett geschnitten, unten in die Pfeife etwas Gebrösel, dann die Scheibchen des Clegir in die Pfeife gestapelt, oben noch ein bisschen Gebrösel damit er besser anbrennt, so rauchte ich damals meine erste Pfeife mit diesem köstlichen Tabak. Und mein erster Gedanke war dabei: ein guter, ehrlicher, reiner und unverfälschter Tabak, ohne künstliches Aroma, Tabak pur in seiner reinen Form.

In der Zwischenzeit habe ich festgestellt dass der Clegir ruhig noch ein wenig nachreifen und auch etwas trockener werden kann, er gewinnt dadurch, so bilde ich es mir ein, an Fülle und Geschmack.

Als ich damals im Garten den Tabak rauchte schloss ich für eine Weile die Augen und überlies mich meiner Erinnerung. Ich wanderte für einen Moment wieder die Hänge des Berges empor, schaute hinein ins Land, spürten den Wind an meinen Kleidern zerren, atmete die salzige Luft der nahen See. Sah mich selber wieder mit meinen Kindern hinübergehen in den Pferdestall um die Pferde zu satteln für einen kleinen Ritt über die felsigen Wiesen. Nur schwer fanden meine Gedanken den Weg zurück in die Wirklichkeit meines Gartens und meines Tales.

Clegir Rope
Erhältlich bei: Synjeco Preis: 11 CHF pro 50 gr.