Potomac Plug

Joachim Acker

Mißmutig sitze ich an meinem Schreibtisch und sehe zum Fenster hinaus, die regennasse Strasse, der graue wolkenverhangene Himmel macht meine Laune nicht besser. Meine Pfeife ist wiedereinmal ausgegangen und ich zünde sie aufs neue an, den Potomac Plug habe ich mir eingefüllt und über diesen Tabak möchte ich etwas schreiben. Das Dumme daran ist nur, daß mir nichts einfällt.
In den Zweigen der Eberesche vor meinem Fenster läßt sich eine Amsel nieder, eine Zweite gesellt sich dazu, schimpfend fliegt die Erste davon, offensichtlich genau so mißmutig wie ich.

Ich nehme den Plugwürfel in die Hand, wende und drehe ihn zwischen meinen Fingern, rieche daran. Und dann, mit einem Male erinnerte ich mich wieder daran wie ich diesen Plug zum ersten Male rauchte. Laßt es mich Euch, geneigte Leser, erzählen wie es damals war, es ist noch nicht lange her daher kann ich mich noch ziemlich genau daran erinnern.

Die Bedienung in dem kleinen Cafe in einer nordwalisischen Kleinstadt schaute mich mit großen Augen an, halb belustigt, halb ungläubig, auf alle Fälle höchst erstaunt als ich mir den dritten Sahnecremekuchen bestellte. Als ich ihr dann etwas später den leeren Teller überreichte fragte sie mich, ob ich noch einen möchte. Dankend lehnte ich ab und bestellte mir stattdessen einen Tee.
Aus meinem Rucksack holte ich meine kleine Schneidunterlage und eine Würfel Potomac Plug, den ich mir Tage zuvor in Chester gekauft hatte, hervor. Ich öffnete die verschweißte Alufolie, entnahm den Würfel und betrachtete ihn: dunkelbraun glänzend, sich hart und auch etwas feucht anfühlend lag er in meiner Hand. Auch ohne daß ich an ihm riechen mußte nahm ich den frischen fruchtigen, vielleicht auch blumigen Duft wahr. Nach altbewährter Manier schnitt ich drei dünne Scheiben ab, würfelte sie und ließ den Tabak in meine Pfeife rieseln. Einige Streichhölzer und eine angesengte Fingerkuppe später glimmt der Tabak und verbreitet seinen köstlichen Duft. Schon nach den ersten paar Zügen merke ich daß dieser Plug zu den Zungenschmeichlern gehört, aber sich ob seines Aromas in der Pfeife recht hartnäckig festsetzen wird.

Namengebend für diesen excellenten Tabak war der Potomac, er klingt irgendwie hart dieser Name, so kommt es mir wenigstens vor, ein Fluß im Osten der USA. In der Sprache der Delaware Indianer, die zur großen Familie der Algonkins gehörten, bedeutet Potomac übrigens soviel wie Fluß.

Meine Pfeife war wieder ausgegangen, ich zündete sie auf Neue an und schaute dem Rauch nach, betrachte die Pfeife in meiner Hand und sehe die herrliche Maserung des Holzes.

Mir kommt eine indianische Friedenspfeife, ein Calumet, in den Sinn, vor langer Zeit sah ich einmal eine im Museum. Aus rotem Stein, dem Catlinit, war sie geschnitzt, verziert mit Federn und Steinperlen.

 

Und dann erinnerte ich mich der uralten Geschichte wie dieser Stein zu den Menschen kam:Einst versammelte Manitou an den roten Felsen alle Indianerstämme. Und als er sah daß alle vollzählig angekommen waren brach er aus den roten Felsen ein Stück heraus, formte daraus eine Pfeife, füllte sie mit Tabak und blies den Rauch in alle vier Himmelsrichtungen. "Dieser Stein ist rot wie euer Fleisch, er gehört allen Stämmen und ihr sollt ihn für eure Friedenspfeifen verwenden. Heilig soll der Boden hier sein, kein Streit und Kampf soll ihn jemals entweihen. Heilig soll er sein". So sprach nach der alten Indianerlegende der Große Manitou und verschwand.

Mein Blick schweift wieder zum Fenster hinaus, verliert sich im Irgend-und Nirgendwo. Ich denke an meine Jugend, sehe mich mit meinen Freunden Indianer spielen, erinnerte mich daran daß solche Spiele für mich meistens am Marterpfahl endeten.
Und so sitze ich da, rauche und träume die Träume einer längst vergangenen Jugend.

Potomac Plug, hergestellt von Ruddell/GB. 50 gr 6.38 Pfund. Erhältlich nur in GB.
http://www.smoke.co.uk/index.htm