Samuel Gawith, Full Virginia Flake

Willi Albrecht

Full Virginia? Muß das nicht ein Tabak sein, der einen nach dem Genuß in die ewigen Jagdgründe schickt? Ist denn "normaler" Virginia nicht schon stark genug? Muß ich mich wirklich mit solch einem Kraut rumquälen? Fragen, die einem alleine schon beim Lesen des Namens in den Sinn kommen.

Öffnet man dann doch todesmutig die Dose und erblickt die dunklen, drohend nebeneinander liegenden Scheiben, kann es bei zartbesaiteten Pfeifenfreunden schon dazu kommen, den Full Virginia Flake doch lieber aus gesundheitlichen Gründen aus der Pipe zu lassen.

Falsch! Alles falsch. Das genaue Gegenteil des Erwarteten schlummert in der Dose und sollte entdeckt werden.

"Full" bezieht sich hier meines Erachtens nicht auf die Stärke, sondern eher auf die "volle" Geschmackstiefe, den body. Ebensowenig wie der Larsen 50 Light Sweet leicht ist, sondern leicht süß, ist der Full Virginia nicht full im Sinne von stark sondern eben voll im Geschmack. Doch beginnen wir am Anfang:

Samuel Gawith & Co. Ltd. schreibt zum Full Virginia: "Full Virginia Flake is for lovers of pure pressed Virginias created in the heart of Lakeland. Full Virginia starts life as a blend of Virginias in the cold press. Hot pressed for 2-3 hours and allowed to cool overnight, the cake takes on it's delicious and distinctive dark colour that creates a pipe smoker's dream; a feeling of calm, serenity and anticipation for the next pipeful."

Der FVF wird von den Samuel Gawith Virginia Flakes am längsten heiß gepresst und bekommt dadurch seine dunkle Farbe. In der Presse verbinden sich die verwendeten Tabake zu einer Einheit, ein "verdichteter" Geschmack ist die Folge.

Der Geruch des ungerauchten Flakes lässt zwar noch die Virginiabasis erkennen, doch der Gesamteindruck ist eher dunkel, schwer und erinnert an Leder oder entfernt an dunkles Brot.

Durch die lange Pressung ist er sehr fest geworden, sodas ich ihn lieber zwischen den Handflächen aufrubbe bevor ich ihn in eine Pfeife mit größerem Fassungsvermögen fülle. Denn Platz zum Entfalten braucht er zweifellos.

Nach dem Anzünden entwickelt der Flake eine feine Süße, die man dem Geruch nie zugetraut hätte. Ein grundehrlicher Tabakgeschmack, bodenständig wie ein Malt. Hier wird nicht mit Nuancen kokettiert, hier wird britische Tabaktradition geraucht. Wenn eine Havanna das cubanische Lebensgefühl transportiert, sind im Full Virginia die Abende im Pub und die Landschaft der Lakelands enthalten.

Fast schäme ich mich, diesen Flake aus einer dänischen Pfeife zu rauchen, denn vom Gefühl her gehört er in eine hochwertige, konservative englische Billard oder Bulldog und sollte von einem Glas Guinness begleitet werden.

Die Stärke liegt im Medium-Bereich, wodurch man den Full Virginia durchaus den ganzen Tag genießen kann. Geschmack und Raumaroma sprechen gleichfalls dafür. Im letzten Drittel verliert sich die Süße etwas, was aber nicht negativ ist, denn um so deutlicher kommen die dunklen Töne zum Vorschein.

Bei der nächsten Füllung werde ich versuchen, ihn in gröberen Stücken zu rauchen und mich langsam an die Knick-Falt-Methode heranzuarbeiten. Ich bin mir sicher, das diese Mühe mit noch "fullerem" Geschmack belohnt wird.

Erhältlich ist der Full Virginia Flake bei Synjeco.