Die Einrauchpaste

Joachim Acker

 

Ein Thema über das in Pfeifenraucherkreisen immer wieder sehr kontrovers diskutiert wird ist der Sinn und Zweck der Einrauchpaste. An anderer Stelle "Gedanken über das Einrauchen einer neuen Pfeife" habe ich diese Problematik schon einmal angedeutet.

Es ist schon seit vielen Jahren üblich dass Pfeifenköpfe in der Brennkammer mit einer grauschwarzen Schutzschicht, der bekannten Einrauchmasse bzw. Paste, versehen werden.

Die Paste soll zum einen das Holz des Pfeifenkopfes vor dem Verbrennen schützen und zum anderen den Einrauchvorgang einer Pfeife beschleunigen bzw. unnötig machen. Über das Einrauchen einer Pfeife wurde schon geschrieben (siehe oben). Es sei nur noch einmal zusammenfassend erwähnt, dass der Vorgang des Einrauchens darin besteht, in der Brennkammer der Pfeife eine dünne, möglichst gleichmäßige Kohleschicht aufzubauen. Diese Kohleschicht (Cake oder auch Kruste genannt) schützt das Holz vor den sehr hohen Verbrennungstemperaturen (bis zu 600 Grad und darüber, im Extremfall bis zu 1200 Grad) sowie absorbiert einen Teil des beim Rauchen entstehenden Tabakkondensates.

Ist nun die Pfeifeninnenwand mit einer Einrauchmasse versehen wirkt diese bereits am Anfang als Schutz, d.h. ein spezieller Einrauchvorgang ist nicht mehr nötig, denn die Pfeife ist ja mittels der Masse bereits sowas wie eingeraucht, so die Grundidee zum Einbringen einer Einrauchpaste.

Der Großteil der Pfeifenhersteller verwenden eine Einrauchpaste die oftmals nach eigenen Rezepten hergestellt wird. Eine Ausnahme bilden z.B. die Nobelpfeifen von Cavicchi oder die Pfeifen von Kurt Balleby, auf Anforderung fertigt auch Peter Klein Pfeifen ohne Einrauchmasse.

 

Aus welchen Komponenten eine Einrauchpaste besteht beschreibt Rainer Barbi in einer privaten Mail an den Autor:
"Die grundsätzliche Zusammensetzung besteht aus Wasserglas ( Silikat) und medizinischer Holzkohle. Wasserglas als Gluthemmer und Holzkohle als Carbonisierungsbeschleuniger, sprich zum schnellen Aufbau einer Kruste. Alles andere ist im Prinzip überflüssig. Man kann noch Graphit addieren, wobei Graphit zusätzlich zum Wasserglas als Gluthemmer fungiert, wie ein doppeltes Präservativ, aber wichtiger für Pfeifenmacher ist die Farbveränderung der Paste in ein dunkel anthrazit, welches optisch harmonischer erscheint. Nun gibt es einige Spezialisten, welche meinen, den Stein der Weisen addieren zu müssen. da werden Schamottmehle addiert, um die Paste härter zu machen oder Quarzmehle, damit eine rauhe Oberflächer entsteht, die angeblich zu einer schnelleren und dickeren Verkrustung führt." Siehe auch Anmerkung 1

Gelegentlich findet auch Gummi arabicum ( Anmerkung 1) anstelle oder zusätzlich zum Wasserglas als Bindemittel Verwendung.

Zum Gummi arabicum schreibt Rainer Barbi:
"Gummi arabicum aber ist noch schlimmer, es ist ein ätherisches Baumharz und wenn das verbrennt, geht nicht die Tür zum Paradies, sondern das Tor zur Hölle auf. Dann lieber Bruyere pur."

Manche Pfeifenhersteller mischen noch irgendwelche Aromastoffe in die Bestandteile der Einrauchpaste um den Eigengeschmack der Paste zu neutralisieren bzw. zu verbessern. Ob dies etwas nützt sei einmal dahingestellt.

Die Einrauchpaste läßt sich auch ganz vorzüglich zum Ausbessern kleinerer Risse und Löcher im Brennraum der Pfeife verwenden. Otto Pollner empfielt:
"Wenn die Pfeife zu hastig eingeraucht wurde und sich in der Innenwand des Tabakraumes eine Einbuchtung gebildet hat, rühren Sie je 1 Teil Graphit, Holzkohlepulver und Schamottemehl in Wasserglas zu einem sämigen Brei und streichen die Mulde damit aus." Anmerkung 2

So weit, so gut. Einrauchpaste hat aber den entscheidenden Nachteil, dass sie einen ziemlich widerlichen Eigengeschmack entwickeln kann. Wohlbemerkt: kann, nicht muss! Das trifft allerdings auch auf Pfeifen zu, deren Brennraum nicht vorbehandelt wurde. Auch bei ihnen kann sich durch das leichte Verkohlen der Innenwand der typische Geschmack von versengtem Holz bemerkbar machen, das ist beim Einrauchen einer unbehandelten Pfeife vollkommen normal und kein Grund zur Panik. Dies gibt sich auch sobald einmal eine Kohleschicht am entstehen ist, meistens innerhalb weniger Rauchvorgänge.
Damit eine Einrauchpaste nicht abscheulich schmeckt, werden ihr oftmals gewisse Aromastoffe beigegeben, die den Geschmack verbessern oder ihn wenigstens neutral halten sollen, es wurde weiter oben schon erwähnt. Das kann dann unter Umständen auch gewisse Nachteile in sich bergen: Nicht immer harmonisiert der beigegebene Aromastoff mit dem Tabak den der Raucher gerade in die Pfeife gefüllt hat. Die Folge davon liegt auf der Hand: der Tabak schmeckt gräßlich.

Rainer Barbi äußert sich dazu wie folgt:
"Kein Aromastoff, und das kennen wir alle aus den Tabaken zur Genüge, hält, was er verspricht. Es mag ja süß im Raum schweben, auf der Zunge schmeckt es jedenfalls mehr bitter. Und das gilt natürlich ebenso für die in der Paste verbrennenden Aromastoffe."

Ein weiterer Nachteil der Einrauchmasse kann das Abblättern von Teilstücken dieser Schicht sein. Wenn der Innenraum der Pfeife nicht hundertprozentig sauber und frei von irgendwelchen Rückständen der Bearbeitung ist, kann es sein, dass sich die aufgepinselte Paste nicht dauerhaft mit dem Holz verbindet. Mit der Zeit löst sich dann eine Stückchen und das darunter liegende rohe Holz kommt zum Vorschein. Diese Möglichkeit besteht auch wenn zu einem späteren Zeitpunkt die Kohleschicht mit einem Räumer reduziert wird, auch da könnten sich durch die schabende Wirkung des Werkzeuges kleinere Teilstückchen der Paste lösen.
Dies ist dann natürlich, wenn es nicht bemerkt wird, eine Gefahrenquelle für einen möglichen Durchbrenner an dieser Stelle.
Ein erheblicher Nachteil der Einrauchpaste ist der, dass damit Holzfehler wie z.B. kleine Risse in der Brennkammer, verborgen werden können. Auch dies wieder eine potentielle Gefahrenquelle für einen späteren Durchbrenner an dieser Stelle.

"Hochwertige Pfeifen müssen auch im Tabaktopf auf allfällige Holzfehler geprüft werden können. Daher erhält keine der Pfeifenunikate FRANZ eine deckende Einrauchpaste." Zitat von der HP des Pfeifenmachers Franz v. Matt, der im übrigen eine transparente Einrauchmasse, hergestellt auf der Basis von Bienenhonig verwendet. http://www.franz-pipes.ch/Pispez/Ober13.html

Um alle diese möglichen Gefahrenquellen mitsamt dem gelegentlich auftretenden üblen Beigeschmack der Paste auszuschließen, entfernen Pfeifenraucher zuweilen diese Einrauchmasse.

Zum Entfernen können verschiedene Methoden verwendet werden:

Isopropylalkohol: Synonym: IPA, Propan-2-ol, 2 - Propanol, sec.-Propylalkohol; Alkohol C3; Alcohol isopropylicus,
ist ein klarer, farbloser flüssiger technischer Alkohol (nicht zum Trinken geeignet) der als Lösungsmittel in der Industrie und im Handwerk Verwendung findet. Der Flammpunkt ist extrem niedrig (ca. 23 Grad) es ist also im Umgang mit der Flüssigkeit Vorsicht geboten.


Im Unfallmerkblatt für den Straßenverkehr steht unter anderem noch folgender Warnhinweis:

>Falls Produkt in Augen gelangt, unverzüglich mit viel Wasser mehrere Minuten ausspülen.
>Durchtränkte Kleidungsstücke unverzüglich entfernen.
>Ärztliche Hilfe erforderlich bei Symptomen, die offensichtlich auf Einatmen oder Einwirkung
>auf Haut oder Augen zurückzuführen sind.

Näheres zu Isopropanol findet sich z.B. unter dieser URL:
http://www.omikron-online.de/cyberchem/preise/prs-html/probesch/0264-prs.htm

Beim Auswischen und Entfernen der Einrauchpaste muss aber der Raucher darauf achten dass er nichts von der Flüssigkeit auf die Außenseite des Pfeifenkopfes gelangt. Hässliche Flecken die sich nur sehr schwer beseitigen lassen könnten die Folge davon sein.

Nach der Behandlung braucht die Pfeife ausreichend Ruhe damit sie trocknen und auslüften kann.

Den gleichen Zweck wie Isopropanol erfüllt auch hochprozentiker trinkbarer Alkohol, der Pfeiferaucher kann damit diese Prozedur auf das Angenehmste gestalten.

Eine andere, weitaus schonendere Methode, ist das Abschmirgeln der Einrauchpaste mit Schleifpapier. Es ist von Vorteil wenn man dazu ein Stück Rundholz verwendet in das ein Schlitz eingesägt wurde. In diesen Schlitz legt man das Schleifpapier ein, wickelt es ein paar Mal um das Holz und beginnt dann die Einrauchmasse abzuschleifen. Entschließt sich der Raucher für diese Anwendung ist es von Vorteil wenn er zuerst mit einer etwas gröberen Körnung (z.B. so um die 200er) beginnt und dann zum polieren und glätten eine feinere Körnung nimmt, z.B. 400er Papier oder darüber.
Die Körnung eines Schleifpapiers bestimmt sich übrigens durch die Anzahl der Schleifkörner auf dem Papier. Je kleiner eine Zahl ist desto gröber ist das Korn. Auch beim Abschleifen ist Vorsicht angesagt damit man nicht den Rand der Pfeife aus Versehen mit abschmirgelt.

Der Einsatz mechanischer Schleifgeräte, Dremel usw. ist nach Meinung des Autors nicht unbedingt empfehlenswert. Die Gefahr, dass dabei Rillen und Absätze oder sogar Löcher in den Brennraum geschliffen werden ist dabei ziemlich groß.
Es sei denn der Raucher ist ausgesprochen handwerklich begabt und verfügt über eine sehr ruhige Hand.

Es bleibt jedem Pfeifenraucher selbst überlassen ob er seiner Pfeife einer Behandlung mit Isopropanol bzw. Schleifpapier unterziehen will oder nicht. Der Schreiber dieses Artikels belässt die Einrauchpaste, wenn denn eine vorhanden ist immer in der Pfeife. Beim Neukauf ziehe ich allerdings eine unbehandelte Pfeife wenn möglich vor.

Zum Abschluß dieser kurzen Betrachtung nun die große Frage: Soll man nun Pfeifen mit Einrauchpaste einrauchen oder nicht? Auch hier gehen die Meinungen weit auseinander. Die Einen legen überzeugend dar dass ein Einrauchen nicht mehr nötig sei, die Schutzschicht sei ja schon vorhanden. Die Anderen plädieren genauso überzeugend für das Einrauchen einer Pfeife, damit sich eine natürliche Kohleschicht über der Paste aufbaut. Es mag daher jeder Raucher selber entscheiden wie er in diesem Fall vorgehen will.

Anmerkung 1
Wasserglas

Bezeichnung für glasartig erstarrte Alkalisilikate; daneben auch Bezeichnung für ihre stark basisch reagierenden, viskosen wässrigen Lösungen. Wichtig sind das Natron- oder Natriumwasserglas und das Kali- oder Kaliumwasserglas, die durch Schmelzen von Quarzsand mit Soda (Natriumcarbonat) oder mit Pottasche (Kaliumcarbonat) hergestellt werden und als Festglas in den Handel kommen. Flüssiges Wasserglas (unter Druck in Wasser gelöstes Festglas) wird als Imprägnierungs-, Binde- und Korrosionsschutzmittel, als Kleb- und Füllstoff, Natronwasserglas auch als Konservierungsmittel und zur Gewinnung säurefester Kitte, Kaliwasserglas auch als Flammschutzmittel verwendet.
© 2002 Bibliographisches Institut & F. A. Brockhaus AG

Schamotte
die, gebrannter, feuerfester, gemahlener und gesiebter Ton, mit Schiefer- und Bindeton vermischt und bei etwa 1400ºC zu Schamottesteinen oder Schamottewaren (Muffeln u.a.) gebrannt.
© 2002 Bibliographisches Institut & F. A. Brockhaus AG

Graphit
[griechisch] der, in hexagonalen Tafeln kristallisierender reiner Kohlenstoff, schwarz bis grau, fast metallisch glänzend, sehr weich und gleitfähig. Härte nach Mohs 1, Dichte 2,26 g/cm3. Das Kristallgitter ist ein Schichtgitter, das aus übereinander liegenden Schichten von Sechserringen besteht, die sich relativ leicht gegeneinander verschieben lassen (daher "fettiges Anfühlen", Verwendung als Schmiermittel). In den Ringen sind die Kohlenstoffatome durch Sigma- und Pibindungen verbunden. Die daran beteiligten Elektronen haben eine gewisse Beweglichkeit und bewirken die gute elektrische und Wärmeleitfähigkeit in Schichtrichtung. Graphit wird an Luft oberhalb von 500-600ºC langsam oxidiert. Graphit entsteht durch Metamorphose bituminöser und/oder kohliger Ablagerungen und aus metamorph abgespaltener Kohlensäure. Vorkommen in Pegmatiten und Lagern sowie in kristallinen Schiefern, Gneisen und Marmoren. Graphit wird technisch im elektrischen Ofen erzeugt. Er dient u.a. zur Herstellung von Bleistifteinlagen und Elektroden, als Schmiermittel sowie als Moderator in Kernreaktoren. Durch sehr hohe Drücke und Temperaturen gelingt es heute, Diamanten aus Graphit herzustellen
© 2002 Bibliographisches Institut & F. A. Brockhaus AG

Gummiarabikum
das (Gummi arabicum), vorwiegend im Sudan aus der Rinde von Akazien gewonnene farblose bis braune Substanz, die sich in warmem Wasser zu einer zähen, klebrigen Flüssigkeit löst. Gummiarabikum besteht v.?a. aus Salzen des Polysaccharids Arabinsäure (u.?a. aus D-Galaktose, L-Arabinose und D-Glucuronsäure). Es hat als Verdickungs- und Bindemittel nur noch geringe Bedeutung.
© 2002 Bibliographisches Institut & F. A. Brockhaus AG

Anmerkung 2
Otto Pollner >Pfeiferauchen leicht gemacht< Seite 91

Rainer Barbi zum Thema Einrauchpaste

von Willi Albrecht

Nachdem ich mich mal wieder beim Einrauchen einer neuen Pfeife über den ekelerregenden Geschmack, der zweifellos von der Einrauchpaste herrührte, geärgert hatte und am restlosen Ausschleifen der selben fast verzweifelte, bat ich Rainer Barbi nochmals um detailierte Auskunft über pro und contra.

WA: "Ist das Einbringen von Einrauchpaste überhaupt sinnvoll?"
RB: "Gute Frage.Die Anwendung von Einrauchpaste hat auf jeden Fall etwas bewirkt, sie hat den doch relativ üblen Geschmack des verbrennenden Holzes gefedert. Briar im break in schmeckt nun mal nicht brillant. Bei so manchem ist es in der Erinnerung verdrängt worden. Nun denn. Das schöne ist es, dass wir beim rauchen einer Pfeife hochgradig individuell postulieren. Eines bleibt immer noch gesichert, Zellulose verbrennt geschmacklich kontraproduktiv und lässt den Gaumen wahrhaft nicht kitzeln. Wir brauchen schon mehr als zehn bis zwölf Einheiten eines Tabaks, um dieses brennende Raster zu kompensieren. Insofern war natürlich die Entdeckung einer Vorkarbonisierung ein Schritt, der half, ab Anfang einen relativen Genuss zu manifestieren. Ich erzähle da gerne einen Bonmot: in den Zeiten der Großgrundbesitzer und Barone war es usus, den Knechten die Neuerworbene mit einem Pfund Tabak zu übergeben. Zur Sicherung übernahm man die Tochter. War die eine, die Pfeife eingebrochen, gab man die geschwängerte Tochter im Austausch zurück. Nicht jeder war ob dieses Spieles glücklich, aber zumindest brauchte der Großgrundbesitzer nicht mehr die ultra miserablen Konditionen der „Neuen“ in kauf zunehmen. Fazit, reines Holz anzurauchen bedingt keine Befriedigung. Auch wenn manche es andere anders postulieren. Aber die paar „Anderen“ wird es immer geben. Hard-core, soft- core, was soll man darüber diskutieren. Es ist rein persönlich und komplett emotional."


WA: "Ist sie nur ein Schutz für den ungeübten Raucher und damit für den Hersteller der Pipe?"
RB: "Schutz? Natürlich auch Schutz. Natur pur in ihrer Störanfälligkeit würde jedem Macher Probleme bereiten können. Rein haftungstechnisch und bezüglich der Durchbrennerquote. Weiß er denn, wie gesichert und funktional ein user das Produkt behandelt? Geht der in den Garten und lässt bei Windstärke sechs den Einrauchprozess vollziehen? Sitzt er im Auto und hält die angezündete Pfeife aus dem Fenster? Macht keiner? Errare humanum est. Man glaubt gar nicht, was alles stattfindet und wie dann, wenn es schief läuft, in der Nachfolge argumentiert wird. Ein User hat nie einen Fehler gemacht. Nein, es war immer das Produkt. Schlechte Bohrung, schlechtes Material, Fehler und Kavernen. Ich, oh ich, zu heiß geraucht, falsch gestopft, draußen herumgelaufen? Ich doch nie. Ich bin der Engel. Man sitzt an der Küste und angelt selig und kokelt an seiner Pfeife rum und wundert sich, dass alle pipes nur noch Durchbrenner haben. Immer am gleichen Point, kurz über dem Rauchkanal. Nachdenken? Warum? Ist doch Briar. Und briar ist hart. Und briar brennt nicht. Also könnte ich theoretisch auch ein Auto an die Wand fahren und den Hersteller fragen: warum war dein Blech so dünn, dass es sich verformt hat? Wie, wo, was. Wir haben gekauft und wir haben lebenslange Garantie. Je teurer, desto länger. Halleluja. Oder doch nicht? Ergo haben Macher Selbstschutz zu fahren.

Und, nur zur Ergänzung, Paste hat auch noch eine andere Bewandtniss, sie überdeckt die Fehler im Material des Brennraumes. Außen, lupenrein, ist o.k.. So ist der Anspruch und dafür wird Geld bezahlt. Aber wo ist das Problem, Fehler im Brennraum zu haben. Richtig, ein Problem, wenn sie so groß sind, dass sie zu einem Durchbrenner führen. Aber jeder seriöse Macher wird ein derartiges Produkt nicht in den Markt schieben. Spots und vernachlässigbare Fehlerquoten allerdings haben keinen Einfluss auf die Lebensdauer einer Pfeife. Fehlerquoten im Brennraum sind im Regelfall ein rein emotionales Kriterium.

Also wurden pauschal zwei Wege gefahren: Italienische Produkte lassen den Brennraum Pseudo-Naturbelassen, wenn es keine Störfelder gibt. Alle anderen werden karbonisiert. Wer das System kennt, wird anders und neu differenzieren. Gilt auch für eine handvoll Dänen der neueren Ebene. Die alten und traditionellen Dänen haben pauschalisiert. Also heißt es, wie bei Bang, ich karbonisiere alles, um gar nicht erst eine Frage aufkommen zu lassen. Kann man bewerten wie man will, ihr System hat ihnen bis dato recht gegeben."

WA: "Kann komplett unbehandeltes Bruyere von Anfang an schmecken?"
RB: "Siehe oben, natürlich heißt die Antwort: nein. Unbehandeltes Bruyere kokelt und alle Fasern kokeln. Jedenfalls so lange, bis eine neue Karbonisierungsschicht entwickelt wurde. Und genau das ist die Erfahrung seit und vor 1968. Da wurde zum ersten Male karbonisiert. Natürlich mit allen negativen Erfahrungsmustern und mit allen Versuchen, eine Paste zu entdecken, die den miserablen Geschmack des Briars dämpfen konnte.

Beispiel Italien, wo Bitumen-Anstriche genutzt wurden, um schwarz zu implantieren. Mit dem Material kamen natürlich neue Probleme auf. Oder mit dem galanten Binder Gummi Arabicum , ein Baumharz. Wenn das verglüht und verdampft hat man noch die nächsten Wochen die röchelnde Seele im Hals. Haben viele schon damals begriffen. Besonders die Dänen. Also bauten sie eine neue Paste, die sich neutral gestaltete und keine negativen Einflüsse dokumentierte. Schlicht: Wasserglas und Holzkohle. Wasserglas um der Glut zu trotzen und Holzkohle um die doch relativ dichte Schichtung zu knacken und die Kondensate durch die Wand durchzuleiten.

Graphit war auch noch eine Option: erstens um die Glutresistenz zu erhöhen und zweitens um die Farbe der Beschichtung auf einen anthrazit- Farbton zu reduzieren. Dann gab es in der Nachfolge noch neue Ideen und Patente. Z.B. Schamotte beizufügen. Oder Bimsmehl. Oder Alabaster, sprich Gesteinsmehle. Oder Aromen zu addieren, um gleich eine geschmackliche Note mit süßer Performance zu basieren.

Kann man alles machen. Ich persönlich halte mehr von der Basis der Unbedenklichkeit und einem funktionierenden Schutz der Wandung. Einfach Wasserglas und Holzkohle. Und um doppelt zu sichern und die Färbung abzustimmen: Graphit. Dann haben wir reine und natürliche Ingredienzien. Die sind auch noch komplett geschmacksneutral. Fahre ich seit 35 Jahren. Keine Klagen, keine Bedenken, ganz im Gegenteil.

Eine andere Version ist die italienische Natur-Belassenheit. Aber da liegt der große Irrtum. Italiener behandeln, aber man nimmt es nicht wahr. Der Trick ist ganz einfach, sie benutzen Wasserglas und das sieht man nicht. Und sie addieren um zu aromatisieren. Lecker Öle rein, von Olive bis Raps, das erhöht die Geschmeidigkeit der Paste und lässt sie dünner einbringen. Und um das pflanzliche Öl aromatisch zu kompensieren, gibt es noch eine Portion Honig dazu. Dann haben wir die erwünschte Süße. Die Einrauchmomente werden vom Zucker des Honigs gefedert.

Allerdings fragwürdig, Zucker hat die Eigenschaft im Verbrennungsprozess hohe Temperaturen zu fahren. Und rauche ich nicht achtsam ein, erhöht sich das Risiko der Durchbrennergefährdung."

WA: "Wie kann man die verschiedenen Pasten am besten entfernen wenn man sie nun gar nicht will?"
RB: "Da es sich um eine Beschichtung handelt, die je nach Zusammensetzung sehr hart ist, gibt es nur einen Weg: ausschleifen. Wobei ich Wasserglas auch über lösen und auswischen mit viel Wasser reduzieren kann. Aber das ist ein mühseliger Prozess. Und wenn Öle eine Rolle spielen, kann mir das nicht gelingen. Natürlich auch nicht bei gummi arabikum. Das muss ich ausbrennen wenn ich nicht schleifen will. Und beim Ausschleifen darf man nicht sanft sein. 180 er Körnung. Vielleicht sogar noch gröber. Es ist in der Nachfolge auch nicht wichtig, dass ich den Brennraum feinst nachschleife. Im Gegenteil, wenn ich im Brennraum eine Verriefung hinterlasse, wird sich wesentlich schneller eine Karbon-Schicht anlagern. Und das ist unser Ziel.

Wie am besten machen? Per Hand ist es mühselig. Also muss ich mir einen Halter für Sandpapier bauen. Ich drehe oder drechsle eine Halterung, die der Form des Brennraumes entspricht und lasse einen Schaft dran, den ich spannen kann. Die Brennraum- und Schleifform schlitze ich, so dass es möglich ist Sandpapier in dem Schlitz zu fixieren Dann spanne ich dieses Werkzeug in mein Futter ein und schleife mit niedriger Umdrehung aus. 350 Umph. Auf diesem Wege habe ich die komplette Kontrolle ob meines Unterfangens und zerstöre nicht meinen Brennraum. Auch das ist ein Risko.

Irgendwo hat sich in manchen Köpfen manifestiert, Paste ist Müll. Aber, warum? Ist Paste neutral kann sie nur zu einem höheren und spontanen Genuss führen. Ist Paste Müll und negativ ermittelt, kaufe ich das Produkt dieses Herstellers nicht mehr."