Condor Long Cut

Joachim Acker

 

Im Schatten unter dem Dach der Gartenbank ist die bleierne Hitze die über dem Tal lastet und die die Luft über der Brombeerhecke zum erzittern bringt, gerade noch auszuhalten. Westlich, über dem Kernen, ziehen sich unheilverkündend und drohend die ersten dunklen Wetterwolken zusammen, blauschwarze Ungetüme die nichts Gutes verkündeten.

Ich nehme den braunen Pouch (auf der Vorderseite stehen die Worte: Smoking kills und auf der Rückseite: Smokers die younger) mit dem Condor Long Cut zur Hand, öffne die Packung und atme tief den einmaligen Geruch nach Frische und Weite ein, der typische Condorgeruch, undefinierbar im Aroma, aber, so meine ich, etwas weniger aufdringlich wie der Ready Rubbed gleichen Namens. Dünn geschnittene, schmale Streifen aus Virginia Tabak, vermutlich mit einem Hauch von Perique, dunkelbraun glänzend und sich etwas feucht anfühlend, liegen im Pouch. Ich entnehme zwei Streifen und wurstle sie in meine Pfeife, zünde an und gebe mich dem Geschmack des Tabaks hin. Die ersten Rauchwolken treiben zu dem Netz der Kreuzspinne, der Achtfüßlerin behagt wohl der Rauch nicht denn fluchtartig huscht sie aus des Netzes Mitte in ihr sicheres Versteck.

Und ich, ich sitze auf der Bank rauche meine Pfeife mit diesem köstlichen Tabak der mir, und das ist eigenartig, am Meer in Großbritannien, besser schmeckt als hier in meinem Tal. Vielleicht ist das auch ein Tabak der einfach ans Meer gehört, in das Land in dem er hergestellt wurde, möglicherweise ist aber auch die hitzeflirrende Luft die Ursache, dass mir der Long Cut nicht so mundet wie ich es sonst gewohnt bin. Vielleicht ist es aber auch nur eine Einbildung von mir.

Ich habe Durst und greife zum Teeglas, es ist leer. Und plötzlich erinnere ich mich wieder wie ich einst in den Bergen von Galiläa unterwegs war. Im Wadi el Amud wanderte ich damals und es war glühend heiß, die Hitze noch verstärkt durch die Felswände des Tales, mein Wasservorrat war schon lange aufgebraucht, ich litt Durst. Jeder von euch, geneigte Leser, der schon einmal durstig gewesen ist, wird wissen wie das ist: Quälend, um es mit einem Wort dürftig zu umschreiben. Ein Wanderer, von den Bergen herabkommend kam vorbei, sah wohl meine missliche Verfassung und bot mir aus seiner Flasche zu trinken an, lauwarmes Wasser das aber für mich eine reine Labsal war.
Tage später stand ich dann an der Dan Quelle des Jordan, sprudelnd und schäumend schoss da Wasser aus vielen Quellöffnungen, vereinte sich in einen reißenden Bach, kleine Wasserfälle bildend. Hier gab's Wasser im Überfluss, Durst musste hier an dieser Quelle wohl niemand leiden, wenigstens keinen körperlichen Durst. Den Durst der Seele konnte freilich dieses Wasser, sei es noch so klar und rein, nicht löschen.

Friedrich Hölderlin, dieser große Dichter dessen Gedichte ich gerne lese kam mir plötzlich in den Sinn, dessen Seele ebenfalls durstig war und die langsam hinüberglitt, hinüberdämmerte in eine Welt die für uns ewig verborgen und im dunkeln bleiben wird. In einem Turm in Tübingen ist sie dann erloschen, still und ruhig, so wie eine Kerze einfach verlöscht wenn das Wachs verbraucht ist. Seltsam was da doch plötzlich für Erinnerungen auftauchen können, was für Gedanken einem kommen. Seltsam und eigenartig fürwahr.

Meine Pfeife war ausgegangen und ich entzündete sie von neuem, der Rauch löste sich im aufkommenden Wind schnell auf und wurde ins irgendwohin verweht. In der Ferne zuckten die ersten Blitze vom Himmel der nun mit schwarzen Wolken verhangen war, das Wetter nahte. Der heftige Wind, der das drohende Unwetter ankündigte, rüttelte an den Zweigen der Büsche, fuhr in die verblühenden Blüten der Pfingstrosen, schüttelte ihre Blütenblätter herab. Noch einmal wollte ich mich meinen Gedanken zuwenden, sie nochmals auf die Reise ins Vergangene schicken, aber ein greller Blitz und ein gleich darauffolgender Donnerschlag, der mich erschreckt zusammenzucken ließ, vereitelten das Unterfangen.

Meine Pfeife war nun leergeraucht und ich rührte mit dem Dorn die Asche etwas um, hielt meine Hand über den Pfeifenkopf und schüttelte sie leicht damit sich die Asche an den Wänden der Pfeife verteilt. Dann ließ ich den Ascherest ins Gras rieseln, vorbei war der Rauchgenuss.

Die ersten Regentropfen fielen herab auf die Erde und ich ging eilig ins Haus zurück, gerade rechtzeitig denn nun öffnete der Himmel seine Schleusen und eine wahre Sintflut ergoß sich über den kleinen Ort in dem ich lebe.

Der Condor Long Cut ist ein vorzüglicher Tabak, etwas kräftig ist er schon und vom Aroma her sicherlich nicht der Geschmack von einem jedem. Dass er mir persönlich am Meer besser schmeckt ist vermutlich nur eine Einbildung, ein jeder der ihn einmal versucht kann sich sein Urteil dann selber bilden.

Hersteller: Gallaher Limited Weybridge/UK
Condor Long Cut, erhältlich leider nur in GB zum Preis von 7.15 engl. Pfund

 

Willi Albrecht

Break seal gently.... for that Condor moment

Diesen Satz sieht man als erstes, wenn man den pouch öffnet. Und man sollte den Rat befolgen. Mit Bedacht öffnen, die Nase reinstecken und tief einatmen. So beginnt schon vor dem eigentlichen Rauchen die Vorfreude auf das, was da noch kommen wird.

Ein intensiver fruchtig-herber Duft breitet sich aus, frisch und vielleicht etwas "soapy" im besten Sinne. Um es vorweg zu nehmen: man muß es mögen oder sollte spätestens jetzt die Finger von diesem Flake lassen, denn das Aroma wird sich lange in der verwendeten Pfeife einnisten.

Die kurzen Streifen sind hauchdünn geschnitten und bieten mit ihrem tiefen Dunkelbraun einen herrlichen Anblick. Ich überlege, welche Pfeife ich für die erste Begegnung mit dem Long Cut nehmen soll und erinnere mich an meine alte Peterson´s System Standard, die in ihren besten Zeiten für den damals noch erhältlichen Original Sobrainie Flake reserviert war.

Die dünnen Scheiben bieten sich förmlich für die Knick-Falt-Methode an. Etwas Gebrösel zum Abschluß drauf und los geht's.

 

Wie zu erwarten schmeckt der Flake wie der Geruch es versprach. Doch zum fruchtig-seifigen kommt jetzt der kräftige Tabakgeschmack des Viginias hinzu. Stark ist der, viel Nikotin scheint er zu haben, morgens könnte ich den nicht rauchen denke ich und genieße Zug um Zug durch die Pfeife atmend das Aroma.

Der Abbrand ist schnittartbedingt etwas langsamer als der der ready rubbed - Version (siehe hier), geschmackliche Unterschiede kann ich im ersten Moment keine entdecken. Der Condor geht in die Richtung des englischen St. Bruno Flakes, den es ebenfalls ready rubbed in GB gibt. Das Aroma ist allerdings weitaus intensiver und ausgeprägter. Zum Schluß der Füllung verliert sich das Fruchtige ein wenig um dem herben Tabakgeschmack Platz zu machen.

Für den Liebhaber der britischen Tabaktradition ohne Latakia bietet sich mit dem Condor Long Cut eine weitere Bereicherung der Tabak-Bar, die neben St. Bruno, den Plugs von Erinmore und Mick McQuaid ihren Platz findet.

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